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Politik

"In Wahrheit geht es Trump um den Iran"

10. April 2018

Die USA schließen nach einer mutmaßlichen Giftgasattacke militärische Schritte gegen Syrien und seine Verbündeten nicht aus. Doch USA-Experte Josef Braml glaubt, dass es eigentlich um etwas anderes geht.

President Trump comments on Syria, FBI raid of Michael Cohen's office at White House
Bild: picture alliance / Newscom

DW: US-Präsident Trump hat gesagt, bezüglich einer Reaktion auf die mutmaßliche Giftgasattacke in der Stadt Duma in Ost-Ghuta schlössen die USA nichts aus. Welche Optionen kommen in Frage?

Josef Braml: Ich gehe von Luftschlägen der USA gegen Syrien aus. Aber anders als vor einem Jahr - schon damals griffen die USA nach dem Einsatz von Chemiewaffen Syrien an - werden sie nicht nur symbolisch sein. Damals wollte Trump zeigen, dass er nicht die Marionette der Russen ist. Gleichzeitig wollte er sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und gab deshalb Russland vorher Bescheid. Die wiederum warnten Syrien. Dieses Mal wird es keine solchen Vorabinformationen geben.

Trump hat auch angedroht, dass die Verbündeten der syrischen Regierung "einen hohen Preis zahlen" werden. Was haben Russland und der Iran zu befürchten?

Vor allem der Iran sollte gewappnet sein, denn er ist bereits aus anderen Gründen im Visier der USA. Diejenigen Kräfte, die in Syrien vom Iran unterstützt werden, werden wahrscheinlich bombardiert. Auch die Luftbrücke dieser Truppen - sie geht teilweise über irakisches Luftgebiet - kann von Amerika unterbunden werden.

Wie sieht es mit Aktionen gegen Russland aus?

Die werden minimal sein. Trump hat in puncto Russland weit weniger militärische Optionen und wird etwa mit Wirtschafts-Sanktionen gerade so viel tun, dass er innenpolitisch nicht weiter unter Druck gerät. Denn in den USA ermittelt Sonderermittler Robert Mueller ja weiterhin gegen ihn.

Josef Braml ist USA-Experte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige PolitikBild: Privat

Warum soll der Iran im Gegensatz dazu so hart angegangen werden?

Ich glaube, dass Syrien für die USA tatsächlich nur ein Nebenkriegsschauplatz für die Auseinandersetzung mit dem Iran ist. Das nächste, was ansteht, ist die Aufkündigung des Nuklearabkommens im Mai, und dann wird sich der Konflikt verschärfen. Die Einmischung Irans in Syrien könnte den USA dann als moralische und geostrategische Rechtfertigung für ihr Vorgehen dienen. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass Trump zuletzt den Iran-Kritiker John Bolton zum Nationalen Sicherheitsberater gemacht hat. Ich nehme das sehr ernst.

Der US-Präsident hatte ja vor kurzem noch angedeutet, die amerikanischen Truppen möglichst schnell aus Syrien zurückziehen zu wollen, nachdem der IS nahezu besiegt sei. Wie passen Trumps Drohungen nach dem Giftgasangriff zu diesem Vorhaben?

Da sehe ich keinen Widerspruch. Die Bodentruppen, die sonst auch als Geiseln genommen werden könnten, will Trump nach wie vor aus Syrien abziehen. Bei den Vergeltungsmaßnahmen für die Chemiewaffenattacke geht es nur um Luftschläge.

Erkennen Sie also eine langfristige Strategie der US-Regierung in der Syrienfrage?

Ja, auf jeden Fall. Meine Hypothese ist, wie gesagt, dass es den Vereinigten Staaten in Wirklichkeit um den Iran geht. Und je enger es für Trump an der politischen Heimatfront wird, desto höher schätze ich das Kriegsrisiko gegen den Iran ein. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass im November Kongresswahlen sind. Das schlimmste Szenario für Trump wäre, dass er beide Kammern verliert. In dem Fall würde ihm ein Krieg gegen einen äußeren Feind helfen, mehr überparteilichen Konsens hinzubekommen. Angesichts einer nationalen Sicherheitsbedrohung könnten die US-Wählerinnen und Wähler im Zuge einer "rally around the flag", also einer patriotischen Sammelbewegung um den Oberbefehlshaber der Streitkräfte, auf ihre Möglichkeit der Gewaltenkontrolle durch die Kongresswahlen verzichten. So lief es auch bei George W. Bush nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001.

Dr. Josef Braml ist USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und Autor des Buches "Trumps Amerika - Auf Kosten der Freiheit". Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch in seinem Blog "usaexperte.com".

Das Gespräch führte Ines Eisele.

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