1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Borrell: Zurück auf der europäischen Bühne

3. Juli 2019

Der spanische Politiker soll neuer EU-Außenbeauftragter werden. Er gilt als Überzeugungstäter - mit klaren Vorstellungen, was Separatismus und den Schutz der europäischen Außengrenzen angeht.

Spanien Außenminister Josep Borrell
Bild: AFP/J. Soriano

Eigentlich hatte sich Josep Borrell i Fontelles nach einer langen Karriere schon ins Privatleben zurückgezogen. Doch dann fragte ihn der designierte spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez im Sommer 2018, ob er nicht als Außenminister in seinem Kabinett arbeiten wolle. Und Borrell wollte. Dass der 72-Jährige damals bereits ahnte, dass das nicht das Ende seiner Karriere sein würde, ist nicht belegt.

Auch zuvor war Borrell in Spanien nicht gänzlich von der politischen Bühne verschwunden. Denn im erbitterten Streit um eine Abspaltung der Region Katalonien ergriff er immer wieder das Wort. Borrell, der selbst Katalane ist und den katalanischen Sozialisten angehört, sprach sich vehement gegen eine Loslösung vom spanischen Staat aus. "Grenzen sind Narben, die die Geschichte in der Haut der Erde hinterlassen hat", sagte er einmal.

Es ist nicht das erste Mal, dass der 1947 als Sohn eines Bäckers geborene Politiker dem spanischen Kabinett angehört. 1984 wurde Borrell zum Finanzstaatssekretär ernannt, zwischen 1991 und 1993 war er Minister für Infrastruktur, Transport und Umwelt im Kabinett des Sozialisten Felipe González. Im April 1998 stellten die spanischen Sozialisten ihn als Kandidaten für das Amt des Regierungschefs bei den Wahlen im Jahr 2000 auf.

Seine ersten Regierungserfahrungen reichen aber noch viel weiter zurück, er hat sie als Mitglied der Regionalregierung von Madrid 1979 bis 1982 gesammelt.

Luftfahrtingenieur, Ökonom, Computer-Fachmann

Auch mit der europäischen Bühne ist Borrell vertraut: Von 2004 bis 2007 war er Präsident des Europäischen Parlaments. Dabei ist er gar kein gelernter Politiker: Borrell ist studierter Ingenieur für Luftfahrttechnik und trägt einen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften. Darüber hinaus besitzt er einen Master der US-amerikanischen Stanford University sowie des Institut Français du Pétrole. Beim spanischen Ölkonzern Cepsa leitete er eine Abteilung für Computersysteme.

Handschlag zweier Außenminister: Spaniens Josep Borrell und Serbiens Ivica Dačić im März 2019Bild: picture-alliance/AP Photo/D. Vojinovic

Doch Borrells Weste ist nicht unbefleckt: Vom Amt als Präsident des Europäischen Hochschulinstituts in Florenz, das er 2010 übernommen hatte, musste er 2012 zurücktreten. Grund war seine nicht offengelegte, mit 300.000 Euro pro Jahr dotierte Aufsichtsratsmitgliedschaft beim Energiekonzern Abengoa.

Gegen Brexit, gegen Separatismus

Borrell macht keinen Hehl daraus, dass er regionale Abspaltungen aller Art ablehnt. Den Brexit geißelte er mit ähnlich harten Worten wie die katalanischen Separatisten. Und als Außenminister stellte er im März bei einem Besuch in Belgrad klar, dass Spanien weiterhin gegen die Unabhängigkeit der Republik Kosovo von Serbien sei. Spanien gehört zu den wenigen EU-Staaten, die Kosovo nicht anerkennen.

Seine Philosophie umriss er während eines Kolloquiums Anfang Juni in Madrid. Unter Verweis auf Europa und die Großmächte China, Russland und USA sagte er: "Wir leben in einer Welt der Riesen, und wenn wir kein Mindestmaß an Größe haben, werden wir in die Irrelevanz fallen."

Zu dieser Machtpolitik gehören für ihn auch höhere Ausgaben für die Verteidigung und eine bessere Förderung der Spitzentechnologien. Und auch wenn er Grenzen als Narben ansieht, fordert er doch eine konsequentere Sicherung der EU-Außengrenzen. Vor zwei Wochen äußerte er sich hierzu dezidiert in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung": "Wir müssen in den Ländern der EU rasch zu einem Konzept kommen, wie wir einheitlich das Problem der Massenmigration angehen. Bisher haben viele Politiker in Europa eine Vogel-Strauß-Politik vorgezogen. Doch man muss sich nur die Geburtenraten in Afrika anschauen, um zu sehen, welch riesiges Problem da auf uns zukommt."

Dass er seinen eigenen Kopf hat, bewies Borrell in einem Interview der Deutschen Welle. Als ihn der Interviewer der Sendung "Conflict Zone", Tim Sebastian, mit unbequemen Fragen zu Katalonien auf den Leib rückte, riss er sich sein Mikrophon ab, verließ das Studio und konnte erst durch die Überzeugungsarbeit seiner Berater bewegt werden, das Gespräch wieder aufzunehmen.

 

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen