Joseph Kabila im Ostkongo: Friedensstifter oder Verräter?
4. Juni 2025
Für die Regierung von Präsident Félix Tshisekedi ist es eine gezielte Provokation: Am 25. Mai reiste Ex-Präsident Joseph Kabila, der von 2001 bis 2019 die Demokratische Republik Kongo regierte, in die umkämpfte Ostregion des Landes - eigenen Angaben zufolge, um zur "Befriedung der Region" beizutragen. In Goma, der Hauptstadt der Provinz Nordkivu, traf er Vertreter religiöser, politischer und anderer gesellschaftlicher Gruppen. Die Stadt steht seit Januar dieses Jahres unter Kontrolle der Rebellenbewegung M23.
In Kinshasa sorgt der Besuch für Empörung. Die Regierung beschuldigt Kabila, die von Ruanda unterstützte M23 und ihre politische Dachorganisation AFC (Alliance Fleuve Congo) zu legitimieren - eine Koalition aus bewaffneten Gruppen und politischen Akteuren, der Kabila laut Regierung selbst angehören soll.
"Kabila ist der Drahtzieher der Rebellion"
"Kabila ist Gründer und Geldgeber der AFC", behauptet Christian Lumu Lukusa, führender Vertreter der Regierungspartei UDPS. "Die M23 ist eine terroristische Organisation. Kabila hat 2013 selbst gegen sie gekämpft. Warum sollte sie heute plötzlich das Volk vertreten? Wir kennen ihre Agenda - und bereiten uns darauf vor."
Seit Kabilas Rückkehr aus dem selbstgewählten Exil im April ist die politische Lage angespannt. Der Senat hat seine Immunität als lebenslanger Senator aufgehoben. Nun droht ihm ein Verfahren vor einem Militärgericht. Die Anklage: Hochverrat, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Unterstützung einer aufständischen Bewegung.
Kabila selbst stellt sich als Vermittler dar. Nach einem Treffen mit Religionsführern am 30. Mai sagte Joel Amurani, Präsident der Plattform religiöser Gemeinschaften:
"Der ehemalige Präsident hat seinen Wunsch geäußert, den Frieden zurückzubringen. Wir haben ihn ermutigt, weiterhin als Schlichter zu wirken - schließlich hat er 18 Jahre lang für die Einheit des Landes gearbeitet."
Beobachter zwischen Hoffnung und Misstrauen
Politikwissenschaftler sind uneins: Während einige in Kabilas Initiative eine Bedrohung für die Regierung sehen, setzt Professor Nkere Ntanda von der Universität Kinshasa auf Dialog: "Ich sehe seine Präsenz in Goma nicht zwangsläufig als Provokation. Vielleicht steckt echter Friedenswille hinter seinen Bemühungen."
Doch in der Regierung mehren sich die Stimmen, die Kabilas Aufenthalt in der Rebellenhochburg als untragbar verurteilen. Unterdessen verschärfen sich die humanitäre Lage und das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen im Osten des Landes weiter -ein Ende der Gewalt ist nicht in Sicht.
Menschenrechtsverletzungen an der Tagesordnung
Menschenrechtsorganisationen prangern regelmäßig an, dass die von Ruanda unterstützte Miliz M23 im besetzten Osten der Demokratischen Republik Kongo Massenmorde an kongolesischen Zivilisten begehe.
Mit Ruandas Unterstützung eroberten M23-Kämpfer weite Teile des rohstoffreichen Ostens der Demokratischen Republik Kongo und nahmen Ende Januar nach einer Blitzoffensive Goma, mit seinen über zwei Millionen Einwohnern, ein. Seitdem bereitet sich die M23 darauf vor, die kontrollierten Regionen langfristig zu regieren.
Nachdem Tausende kongolesische Soldaten und verbündete Milizionäre sich zurückgezogen hatten, um einer Gefangennahme zu entgehen, kam es zu Gewaltakten von M23-Milizen gegen die Zivilbevölkerung in Flüchtlingslagern nahe Goma. Die M23 hingegen gibt vor, die Rückkehr in die Heimatregionen angeordnet zu haben, um ihre Autorität in der unruhigen Region zu untermauern.
Mitarbeit: Antonio Cascais