1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Joseph Ratzinger zum neuen Papst gewählt

19. April 2005

Joseph Ratzinger ist das neue Oberhaupt der katholischen Kirche. Der erste deutsche Papst seit 480 Jahren trat am Dienstag in Rom als Benedikt XVI. die Nachfolge von Johannes Paul II. an.

Benedikt XVI. erteilt den Segen "Urbi et Orbi"Bild: AP

Er war Favorit, dennoch gilt seine Wahl als Sensation. Mit den überlieferten Worten "Habemus papam" (wir haben einen Papst) wurde Joseph Ratzinger nach dem nur 26-stündigen Konklave auf dem Balkon des Petersdomes der Weltöffentlichkeit angekündigt. Um 18.48 Uhr MESZ Uhr zeigte sich das neue Kirchenoberhaupt von weltweit 1,1 Milliarden Katholiken den mehr als 100.000 begeisterten Menschen auf dem Petersplatz. Jubel brandete auf, Roms Glocken läuteten, viele schwenkten Fahnen. Sprechchöre skandierten "Benedikt, Benedikt, Benedikt".

"Arbeiter im Weinberg des Herrn"



Der 78-jährige Ratzinger zeigte sich ebenso bewegt wie erfreut. "Nach dem großen Papst Johannes Paul II. haben die Kardinäle mich, einen bescheidenen Arbeiter im Weinberg des Herrn, gewählt", sagte Ratzinger. Er vertraue sich den Gebeten der Gläubigen an in dem Wissen, dass Gott sich auch bescheidener Werkzeuge bediene, so Benedikt XVI. Er bat die Gläubigen um ihr Gebet und äußerte die Zuversicht, dass ihm Maria zur Seite stehen werde. Unmittelbar danach spendete der neue Papst seinen ersten Segen "Urbi et orbi" (Stadt und Erdkreis), der nur an Weihnachten, Ostern und eben bei der Papstwahl gesprochen wird.

Weißer Rauch aus dem Kamin der Sixtinischen KapelleBild: dpa

Die im Konklave versammelten 115 Kardinäle hatten sich für den Deutschen, der im bayerischen Marktl am Inn geboren wurde, vermutlich im vierten Wahlgang entschieden. Notwendig war eine Zweidrittelmehrheit, also mindestens 77 Stimmen. Die Entscheidung fiel nur 26 Stunden nachdem die Papstwähler in die Sixtinische Kapelle eingezogen waren. Als Zeichen der geglückten Abstimmung kam weißer Rauch aus dem Schornstein der Kirche. Allerdings herrschte zunächst über Minuten Unklarheit und Verwirrung, ob es wirklich weißer Rauch war oder schwarzer Rauch als Zeichen einer ergebnislosen Wahl.

Der achte Deutsche

Benedikt XVI. ist der 265. Papst in der Kirchengeschichte und der achte Deutsche auf dem Stuhle Petri. Der Papst ist das Oberhaupt von weltweit über einer Milliarde Katholiken. In einer feierlichen Messe wird Benedikt XVI. an diesem Sonntag (24.4.2005) in Rom offiziell in sein Amt eingeführt.

Ratzinger diente dem am 2. April verstorbenen Johannes Paul II. seit 1981 als Präfekt der Glaubenskongregation. In dieser Funktion hatte er die Aufgabe, die Einheit des Glaubens zu wahren. Ratzinger gilt als dezidiert konservativer Theologe. Er beeindruckte die katholische Welt zuletzt mit seiner Predigt beim Requiem für Johannes Paul II.

"Ein wenig stolz"

Bundespräsident Köhler ist ein "wenig stolz" auf neuen PapstBild: AP

In der politischen Welt überwog in ersten Reaktionen die Hoffnung auf eine Fortführung der Politik von Johannes Paul II. In Deutschland kam noch ein Spur Stolz dazu: "Dass ein Landsmann Papst geworden ist, erfüllt uns in Deutschland mit besonderer Freude und mit ein wenig Stolz", sagte Bundespräsident Horst Köhler. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) gratulierte im Namen der Bundesregierung und aller Bundesbürger. Als "historischen und einmaligen Tag für Bayern und ganz Deutschland" bezeichnete der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber die Wahl in Rom.

Kritik und Skepsis

Skeptisch zur Wahl äußerten sich die kirchlichen Reformbewegungen. Aus Sicht des katholischen Theologen Hans Küng sei die Wahl Ratzingers eine "Riesenenttäuschung" für alle Reformorientierten. Evangelische Kirchenführer äußerten Zweifel an der Reformbereitschaft von Benedikt XVI. Der evangelische Landesbischof Ulrich Fischer sagte in Freiburg: "So glücklich sind wir über die Wahl nicht." Ratzinger habe als Leiter der Glaubenskongregation dem ökumenischen Gedanken keine Chance gegeben.

Enttäuscht über die Wahl Ratzingers war man aber vor allem in Lateinamerika, wo knapp die Hälfte der 1,1 Milliarden Katholiken leben. Mehrere lateinamerikanische Kardinäle hatten ebenfalls als "papabile", also mögliche Päpste gegolten. (stl/sams)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen