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"Ein Krieg gegen das burundische Volk"

Eric Topona / ps14. Juni 2015

Als Bürger in Burundi gegen die dritte Amtszeit von Präsident Nkurunziza demonstrierten, berichtete der Radiosender RPA - bis er zerstört wurde. Die DW interviewte dessen Leiter, Bob Rugurika, im belgischen Exil.

Bob Rugurika vor seinem Radiosender RPA in Burundi (Foto: Carl de Souza/AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images/C. de Souza

Deutsche Welle: Herr Rugurika, sie befinden sich zurzeit in Belgien. Wie kam es dazu?

Bob Rugurika: Durch meine Arbeit als Journalist bin ich viel auf Reisen. Mein Schengen-Visum und mein US-Visum hatte ich immer bei mir. Irgendwann hielt ich die Situation in Burundi für nicht mehr erträglich. Vor allem machte es mir zu schaffen, dass ich seit einiger Zeit versteckt leben musste. Die Todesdrohungen gegen meine Person nahmen zu. So entschied ich, das Land vorübergehend zu verlassen. Über verschiedene Stationen bin ich schließlich nach Brüssel gelangt.

Auf welchem Weg haben Sie das Land verlassen?

Sie müssen verstehen, dass ich aus Sicherheitsgründen nicht über meine Reiseroute sprechen möchte und auch nicht über die Länder, die ich durchquert habe oder vielleicht noch besuchen will.

Planen Sie, nach Burundi zurückzukehren?

Natürlich! Meine Kollegen und ich tun alles, um zurückkehren zu können. Wir werden uns nicht auf ewig im Exil einrichten. Die Menschen, die uns ins Exil getrieben haben - Präsident Pierre Nkurunziza und sein Umfeld - werden irgendwann verstehen, dass wir als Söhne und Töchter unseres Landes ein Recht darauf haben, in Burundi zu arbeiten. Wir haben kein Unrecht begangen. Rund hunderttausend Burundier befinden sich bereits im Exil in den Nachbarländern. Dutzende Aktivisten aus der Zivilgesellschaft und rund 50 Journalisten leben im Exil. Die ganze Welt müsste sich der Krise annehmen und erkennen, dass sich Burundi im Ausnahmezustand befindet.

Schon Ende 2010, nach den letzten Wahlen, sind Sie geflüchtet. Ein weiteres Mal dann 2012, nachdem Sie die Verwicklung hoher Offiziere in die Ermordung von rund 50 Menschen in Gatumba aufgedeckt hatten. Nun mussten sie erneut fliehen. Ihr Leben ist gepflastert von Schwierigkeiten und Aufenthalten im Exil.

So ist es. Aber so sollte es nicht sein. Es gibt Menschen, die von den Mächtigen in Bujumbura verfolgt werden, einfach, weil sie ihre Arbeit tun. Warum sollten wir als investigative Journalisten und Menschenrechtsaktivisten die Opfer unserer Arbeit sein? Wenn hochrangige Personen im Staatsdienst in Gewalttaten oder Wirtschaftsverbrechen verstrickt sind, müssen wir das anzuprangern und die Öffentlichkeit informieren dürfen. Dass ich mehrmals flüchten musste, liegt daran, dass es eine kleine Gruppe von Menschen gibt, die in Burundi fast alle Fäden in der Hand hält. Als hätte sie das Recht, über Leben und Tod der Bürger zu entscheiden! Diese Menschen sind in all diese Verbrechen verstrickt, die uns Sorge bereiten.

Am Montag haben Sie vor dem belgischen Parlament die Warnung ausgesprochen, dass Burundi auf einen neuen Bürgerkrieg zusteuere.

Das tut es. Übrigens haben nach meiner Rede Kollegen angemerkt, das Land befinde sich doch bereits im Krieg. Wenn ein Land im Krieg ist, gibt es jeden Tag Tote. Und genau das sei doch in Burundi der Fall. Jeden Tag müssen wir friedliche Demonstranten zu Grabe tragen, die von den Sicherheitskräften ermordet worden sind - von Polizei, Geheimdienst und der Parteijugend Imbonerakure.

Rund hunderttausend Menschen sind in die Nachbarländer geflohen. Soldaten müssen Tag und Nacht Erniedrigungen hinnehmen, selbst Polizisten und Mitglieder der Regierungspartei werden verfolgt, nur weil sie das dritte Mandat von Pierre Nkurunziza nicht unterstützen. Diese Menschen werden es nicht akzeptieren, langfristig im Ausland zu leben. Sie werden sich organisieren, um zurückzukehren - als Widerstandsbewegung.

Sie werden es also genauso machen wie Präsident Nkurunziza, der in den 1990er Jahren in die benachbarte Demokratische Republik Kongo floh und von dort aus als führendes Mitglied des Nationalrats für die Verteidigung der Demokratie im burundischen Bürgerkrieg kämpfte?

Pierre Nkurunziza war damals Professor für Sport. Er hat das Land verlassen und ist in den Untergrund gegangen, weil er der Ansicht war, dass die Menschenrechtssituation schlecht war. Er fühlte sich nicht sicher. Unglücklicherweise ist er heute dabei, vergleichbare Bedingungen zu schaffen wie die, die ihn damals in den Untergrund getrieben haben.

Herr Rugurika, sie sind weiterhin gegen eine dritte Kandidatur des Präsidenten. Die Proteste in den Straßen nehmen aber bereits wieder ab.

Als Journalist und Verantwortlicher des Radiosenders RPA muss ich Ihnen sagen, dass wir nie Teil der Kampagne gegen das dritte Mandat waren. Wir waren neutrale Beobachter und haben sowohl Unterstützern als auch Gegnern des dritten Mandats eine Stimme gegeben. Weil wir die Gegner zu Wort kommen ließen, haben Nkurunzizas Leute unsere Radiosender zerstört. Nun herrscht in Bujumbura ein Nachrichten-Blackout. Menschen werden getötet und niemand erfährt davon. Wenn den Bürgern die friedliche Meinungsäußerung verwehrt bleibt, werden sie einen anderen Weg finden, sich Gehör zu verschaffen.

Was muss passieren, damit die Gewalt nicht weiter eskaliert?

Alle Gefahren, die Burundi bevorstehen, hängen an der Person Pierre Nkurunziza. Er hält den Schlüssel zu Frieden und Stabilität in Burundi in der Hand. Nur er kann entscheiden, die Krise abzuwenden. Dazu muss er auf sein drittes Mandat verzichten - ein Mandat, das als verfassungswidrig eingestuft wird, sowohl von internationalen Partnern als auch von der Mehrheit der öffentlichen Meinung im eigenen Land. Er kann sich aber auch anders entscheiden. Er kann sich für den Krieg entscheiden. Es wäre ein Krieg gegen das burundische Volk.

Bob Rugurika ist Leiter des wichtigsten unabhängigen Radiosenders in Burundi, Radio Publique Africaine (RPA). In den vergangenen Monaten war er mehrfach in Haft. Wie viele andere Medienhäuser wurde das Gebäude des Senders im Mai 2015 zerstört - wenige Tage nachdem ein Militärputsch gegen Präsident Nkurunziza gescheitert war. Rugurika setzte sich daraufhin ins Ausland ab.

Das Interview führte Eric Topona.

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