1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikNahost

Journalisten zunehmend im Visier

Sonya Angelica Diehn
14. Mai 2022

Weltweit sind Medienschaffende immer öfter Gewalt ausgesetzt. Schirin Abu Akle, Journalistin bei Al-Dschasira, wurde am Mittwoch während ihrer Arbeit erschossen. Kein Einzelfall.

Trauer um Shireen Abu Akleh
Trauer um Schirin Abu Akle: Wandgemälde in Gaza-StadtBild: Ashraf Amra/Zuma/IMAGO

Weltweit sind Medienschaffende nach Einschätzung von Experten zunehmend Gefahren ausgesetzt, bis hin zum Tod. Jüngstes erschütterndes Beispiel:  Schirin Abu Akle, Journalistin beim katarischen Nachrichtensender Al-Dschasira wurde am Mittwoch während ihrer Arbeit erschossen. Ein Kollege von ihr erlitt einen Schuss in den Rücken, so Al-Dschasira.  Die Umstände sind unklar.

Der Tod von Abu Akle ist laut International Press Institute das 28. Tötungsdelikt an einem Journalisten oder einer Journalistin allein in diesem Jahr. Die Berufsgruppe leide unter "ansteigenden Angriffen auf der ganzen Welt, inklusive Krisengebieten", so Scott Griffen, Vizedirektor des "International Press Institute" mit Sitz in der österreichischen Hauptstadt Wien. 2021 zählte die Organisation 45 Tötungsdelikte. Seit Beginn des Jahres 2022 verzeichnet sie einen Anstieg gewaltsamer Attacken gegen Pressevertreter.   

Welcher Schutz besteht für Journalisten?

Griffen macht klar, dass Menschenrechte natürlich auch für Journalisten gelten. "Sie sind - wie auch Zivilisten - niemals legitime Ziele in einem Konflikt, eine Attacke auf Pressevertreter ist immer eine Verletzung internationalen Rechts und diejenigen, die verantwortlich sind, müssen zur Rechenschaft gezogen werden." Pauline Ades-Mevel, Pressesprecherin von "Reporter ohne Grenzen", einer Organisation, die sich für Journalisten weltweit einsetzt, fügt hinzu: "Die Tötung Schirin Abu Akles verurteilen wir, denn hier wird ein Teil der Genfer Konvention verletzt, ebenso die Resolution 2022 des UN-Sicherheitsrats zum Schutze von Journalisten."

Verschiedene UN-Institutionen haben bereits Resolutionen und Verträge zum Schutz von Pressevertretern erlassen, wie etwa der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte, der 1976 in Kraft trat. Doch ob bei es bei einem Angriff auf einen Journalisten oder eine Journalistin tatsächlich zu einer Strafverfolgung kommt, ist eine andere Frage.

Straflosigkeit beenden

Das Wichtigste, um Gewalt gegen Medienschaffende zu beenden, wäre konsequente Aufklärung. "Das klingt einfach", sagt Griffen, "aber wir wissen, dass in rund 90 Prozent aller Fälle die Verantwortlichen nicht gefasst werden. Das führt zu einem Teufelskreis der Gewalt, einem Zirkel der Straflosigkeit, wo die Verantwortlichen das Gefühl haben, davonzukommen - also geradezu eine Einladung für weitere Taten".

Verfolgt würden Taten auf nationaler Ebene, aber auch durch den Internationalen Strafgerichtshof. "Internationaler Druck ist wichtig, wenn die Justiz nicht handelt", so Ades-Mevel, "internationaler Druck kann hier weltweit für das Thema sensibilisieren und andere Staaten zwingen, zu handeln". Allerdings, so Griffen, müsse der Druck langfristig aufrechterhalten werden - "sonst ist alles nur Gerede". 

In seinen regelmäßigen Berichten macht "Reporter ohne Grenzen" auf Gewalt gegen Medienschaffende aufmerksamBild: PHILIPPE LOPEZ/AFP/Getty Images

Seit Russlands Invasion der Ukraine ist die Medienfreiheit in der Region signifikant gesunken, Gewalt gegen Journalisten steigt. "Die Situation in der Ukraine ist besorgniserregend", so Ades-Mevel von "Reporter ohne Grenzen". Die Organisation geht davon aus, dass sechs der sieben bislang in dem Krieg getöteten Journalisten "absichtlich von russischen Militärkräften ins Visier genommen" wurden - die Opfer waren internationale, ukrainische und russische Journalisten.

Griffen macht zeitgleich auch auf die Situation in Mexiko aufmerksam. In dem mittelamerikanischen Land werden besonders häufig Journalistinnen oder Journalisten getötet - elf bislang allein 2022. Das sei "schockierend" und ein "Blutbad gegen Journalisten". Viele Tötungsdelikte sind rund um die Berichterstattung über Drogenkartelle angesiedelt. "Es ist untragbar, dass die mexikanischen Behörden dies nicht in den Griff bekommen".

Wie können sich Journalisten selbst schützen?

Medienschaffende müssten versuchen, sich selbst schützen, etwa durch Trainings und Briefings, speziell wenn sie in Konfliktgebieten arbeiten. Medienhäuser müssten die Mittel zur Verfügung stellen, um angemessene Trainingsmaßnahmen durchführen zu können. "In der Ukraine zum Beispiel müssen Medienschaffende mit Helmen und schusssicheren Westen ausgestattet sein", sagt Ades-Mevel und weist daraufhin, dass "Reporter ohne Grenzen" genau dieses Equipment auch selbst zur Verfügung stellt.

Der US-amerikanische Journalist Brent Renaud kam im März in der Ukraine ums LebenBild: Jemal Countess/Getty Images

Leider hat das wohl Abu Akle nicht ausreichend geschützt - laut ihrem Sender Al-Dschasira hatte sie sowohl einen Schutzhelm, als auch eine schusssichere Weste getragen, als es zu dem tödlichen Angriff kam. "Sie war eine Ikone, eine sehr berühmte Journalistin", so Ades-Mevel. "Sie ist ein Symbol für Journalisten weltweit - nicht nur im Nahen Osten, sondern überall. Die gesamte Medienwelt trauert."

Redaktion: Stephanie Burnett

Friedel Taube hat diesen Text aus dem Englischen übersetzt.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen