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Politik

Jubel bei Rückkehr von Sportlerin Rekabi nach Teheran

19. Oktober 2022

Die iranische Klettersportlerin Elnaz Rekabi ist nach ihrem plötzlichen Verschwinden bei den Asienmeisterschaften in Seoul in Teheran gelandet. Im Turnierfinale hatte sie für Wirbel gesorgt, als sie ohne Kopftuch antrat.

Iran | Ankunft Elnaz Rekabi in Teheran
Viele Menschen versammeln sich am Airport in Teheran, um Elnas Rekabi zu begrüßenBild: UGC

Die 33-Jährige traf am Morgen auf dem Flughafen der iranischen Hauptstadt Teheran ein, wie die Nachrichtenagentur Tasnim meldet, die als Sprachrohr der iranischen Revolutionsgarden gilt. In ihrer ersten Disziplin im Finale der Asienmeisterschaften in Südkoreas Hauptstadt Seoul hatte Elnaz Rekabi ein Bandana auf dem Kopf getragen, bei einem späteren Klettereinsatz trug sie nur ein Stirnband, wie auf einer Übertragung der Internationalen Föderation der Sportkletterer (IFSC) zu sehen war. Dies widersprach den Kleidervorschriften der Islamischen Republik, nach denen iranische Sportlerinnen nicht nur im eigenen Land, sondern auch im Ausland die Haare bedecken müssen.

Der Auftritt ohne Hidschab wurde von vielen Beobachtern als Geste der Solidarität mit den anhaltenden regimekritischen Protesten im Iran betrachtet. Sie bezeichneten die 33-Jährige in Online-Netzwerken als "Heldin" und veröffentlichten Bilder mit dem Protestruf "Frauen. Leben. Freiheit" zeigen.

Viele Spekulationen

Nach dem Wettbewerb, bei dem Rekabi auf dem vierten Platz landete, war zunächst nichts von ihr zu hören. Medienberichten zufolge hat Rekabis Team das Hotel am Montagmorgen verlassen. Was dann zunächst mit ihr geschah, ist nicht bekannt. Rekabis Pass und Mobiltelefon sollen beschlagnahmt worden sein. In unbestätigten Berichten hieß es, iranische Behördenvertreter hätten in Südkorea Druck auf sie ausgeübt. Der persischsprachige Dienst des britischen Senders BBC berichtete unter Berufung auf anonyme Quellen, Freunde hätten Rekabi nicht kontaktieren können und ihr Team habe das Hotel in Seoul zwei Tage früher verlassen als geplant. Persischsprachige Medien berichteten zudem, dass Rekabis Bruder festgenommen worden sei.

Die iranische Kletterin Elnaz Rekabi an der Boulder-Wand im Turnier in Seoul Bild: Rhea Kang/AP/picture alliance

Die iranische Botschaft in Seoul wies in einer Mitteilung "alle Fälschungen, Falschnachrichten und Desinformationen" über Rekabis Situation zurück. Die Sportlerin habe Südkorea am Dienstag zusammen mit ihrer Mannschaft verlassen, hieß es.

Jubel bei der Ankunft in Teheran

Am Mittwoch zeigten zahlreiche Bilder und Videos in den sozialen Medien, wie Gruppen von Menschen Rekabi am Flughafen Imam Khomeini in Teheran willkommen hießen und ihre Aktion in Seoul bejubelten. Dutzende umringten einen weißen Lieferwagen und ein Auto, in dem sie und andere Mitglieder ihres Teams offenbar Platz genommen hatten. Das geht aus einem Video hervor, das die reformorientierte Zeitung "Sharg" online veröffentlichte. Die Videos konnten zunächst nicht unabhängig verifiziert werden.

Bekleidet mit einem schwarzen Kapuzenpulli und einer Baseballkappe, wurde Rekabi von Familienmitgliedern begrüßt, bevor sie sich mit einer Maske auf dem Gesicht an die staatlichen Medien wandte. "Aufgrund der Atmosphäre, die im Finale des Wettbewerbs herrschte, und der unerwarteten Aufforderung, meinen Lauf zu beginnen, verhedderte ich mich in meiner technischen Ausrüstung und ... das führte dazu, dass ich den Hidschab, den ich hätte tragen müssen, nicht mehr sehen konnte", sagte die Sportlerin.

"Ich bin gemäß dem vorgegebenen Plan zurückgekehrt"

"Ich bin friedlich, bei bester Gesundheit und gemäß dem vorgegebenen Plan in den Iran zurückgekehrt. Ich entschuldige mich bei der iranischen Bevölkerung für die entstandenen Spannungen", betonte die 33-Jährige und fügte hinzu, sie habe "nicht vor, sich von der Nationalmannschaft zu verabschieden".

Ihre Aussagen ähnelten einem Posting, das sie am Dienstag auf Instagram abgab, wo ihr mehr als 200.000 Menschen folgen. Darin entschuldigte sie sich für die entstandenen "Sorgen" und betonte, dass ihr barhäuptiger Auftritt "unbeabsichtigt" gewesen sei. Er sei vielmehr darauf zurückzuführen, dass sie früher als geplant an der Reihe gewesen sei. Aktivisten werfen den Behörden im Iran immer wieder vor, Menschen zu Reuebekenntnissen zu zwingen, die im Fernsehen oder in Online-Medien veröffentlicht werden.

Elnas Rekabi klettert bei der Weltmeisterschaft in Japan 2019 mit KopfbedeckungBild: Naoki Nishimura/AFLOSPORT/IMAGO

Rekabi soll weiter an Wettkämpfen teilnehmen dürfen

Iranische Vertreter haben dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und dem Weltverband IFSC versichert, dass Rekabi "keine Konsequenzen" zu befürchten habe. Dies teilte das IOC nach einem Treffen mit dem Nationalen Olympischen Komitees des Iran mit. Sie dürfe weiter trainieren und an Wettkämpfen teilnehmen, hieß es. Nach der Zusammenkunft in Seoul gab laut IOC auch ein Telefongespräch mit Rekabi. Das Komitee werde die Situation aber weiter beobachten.

Die Interessengemeinschaft Athleten Deutschland forderte, dass das IOC und der Weltsport Sanktionen gegen den Iran verhängen. Das bedeute auch, dass der Fußball-Weltverband FIFA "konsequent handeln und einen Ausschluss Irans von der WM prüfen" müsse. "Der Weltverband und das IOC müssen nun alles in ihrer Macht Stehende tun, um Rekabis Schutz und Freiheit zu gewährleisten", sagte Johannes Herber, Geschäftsführer der Vereinigung.

Rekabi ist die zweite bekannte iranische Sportlerin, die ohne Kopftuch an einem Wettbewerb teilnahm. Die erste war die Boxerin Sadaf Chadem, die 2019 mit unbedecktem Haar in den Ring stieg. Chadem kehrte nicht in den Iran zurück, sie lebt in Frankreich im Exil. Seit Ausbruch der landesweiten Proteste im Iran Mitte September haben bereits mehrere prominente Sportler das islamische Herrschaftssystem wegen der Unterdrückung der Frauenproteste kritisiert und ihre Solidarität mit den Demonstranten verkündet.

Solidaritätsbekundung von Pariser Anwälten zum Tod von Jina Mahsa Amini am 17. Oktober Bild: Ait Adjedjou Karim/ABACA/picture alliance

Die Massenproteste hatten sich am Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini entzündet. Die 22-jährige war am 16. September in Teheran zu Tode gekommen, nachdem sie von der Sittenpolizei festgenommen worden war. Sie hatte ihr Kopftuch angeblich nicht vorschriftsgemäß getragen.

sti/kle/gri (dpa, afpe, sid, ape, rtre)

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