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Jubel und Kritik nach Bali

Christian Ignatzi8. Dezember 2013

Nach der WTO-Konferenz feiern Politiker weltweit den Durchbruch bei den Verhandlungen über Erleichterungen im Welthandel. Auch Wirtschaftsvertreter sind zufrieden. Skeptisch bleiben Nichtregierungsorganisationen.

WTO Konferenz auf Bali 2013 (Foto: Getty)
Bild: SONNY TUMBELAKA/AFP/Getty Images

Dass sich die WTO-Mitgliedsstaaten in Bali auf ein Paket von Handelserleichterungen geeinigt haben, findet bei Politikern rund um den Globus ein durchweg positives Echo. Der Präsident der EU-Kommission, Jose Manuel Barroso, sprach von einem "richtigen Schub" für die Wirtschaft. Barroso geht von Erträgen für die Weltwirtschaft von bis zu einer Billion Dollar aus.

"Das ist eine gute Nachricht - auch für die deutsche Exportwirtschaft", sagte der geschäftsführende Wirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland, Philipp Rösler. Von den Ergebnissen werde aber letztlich die Bevölkerung in allen Staaten profitieren, auch in den Entwicklungsländern.

Deshalb ist für den indischen Handelsminister Anand Sharma das Bali-Paket auch ein Sieg der Bauern in Indien und der sogenannten Dritten Welt: "Es hat während der Verhandlungen eine Koalition der Entwicklungsländer gegeben, die allem Druck widerstand und Solidarität demonstrierte." Indien werden in den Beschlüssen von Bali Ausnahmeregelungen für Agrarsubventionen eingeräumt, um die eigene Bevölkerung ausreichend mit Nahrungsmitteln versorgen zu können.

Wirtschaft erwartet hohe Gewinne

Jubelstimmung über den Abschluss des Handelsabkommens herrscht auch bei den Vertretern der Wirtschaft. Die Internationale Handelskammer (ICC) spricht von einem "historischen Abkommen": Allein durch die Vereinfachung der Zollabwicklung würden Unternehmen weltweit bis zu 15 Prozent der Kosten für den grenzüberschreitenden Warenverkehr einsparen. Durch die enormen Wachstumsimpulse durch das Bali-Abkommen könnten 21 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen - die meisten in Entwicklungsländern.

Philip Rösler: "Eine gute Nachricht für die deutsche Exportwirtschaft"Bild: Nigel Treblin/Getty Images

Aber auch Industrieländer wie Deutschland werden von dem Abkommen profitieren. Der Außenhandelschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, sprach deshalb von einem "richtigen und wichtigen Signal", das von Bali ausgehe. Die deutsche Wirtschaft könne in den kommenden fünf Jahren mit einem Wachstum von 60 Milliarden Euro rechnen. Auch Treiers Kollege Stefan Mair vom Industrieverband BDI zeigt sich mit den Ergebnissen der Bali-Konferenz zufrieden.

"Schub für den Welthandel"

Die US-Handelskammer betont außerdem die Bedeutung der Beschlüsse für die Welthandelsorganisation selbst: "Die WTO hat ihre Glaubwürdigkeit als unersetzliches Forum für Verhandlungen über den Handel wiederhergestellt." Die Erleichterung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs durch einen Abbau der Bürokratie könne der Weltwirtschaft einen Schub verleihen, heißt es in der Stellungnahme weiter.

"Was wir hier in Bali getan haben, ist wirklich etwas Besonderes", stellte der gastgebende indonesische Handelsminister Gita Wirjawan zum Abschluss der WTO-Konferenz fest. "Wir haben ein Paket geschnürt, das Nahrungssicherheit für Milliarden der Ärmsten auf der Welt mit sich bringt. Wir haben für eine Handelserleichterung gesorgt, die bis zu einer Trillion Dollar in die Weltwirtschaft pumpen wird. Und wir haben einer Reihe bahnbrechender Initiativen zugestimmt, die Entwicklungsländern helfen werden, von dem multilateralen Handelssystem zu profitieren."

Kritik der Nichtregierungsorganisationen

Vor allem an diesem letzten Punkt haben viele Nichtregierungsorganisationen Zweifel. Die kirchliche Hilfsorganisation "Brot für die Welt" sieht in der Bali-Vereinbarung keine Unterstützung sondern eine Beeinträchtigung der Interessen der Entwicklungsländer. Sie kritisiert unter anderem, dass nur Indien Ausnahmeregelungen für Agrarsubventionen eingeräumt werden: "Warum in Zukunft kein weiteres Land umfassende staatliche Maßnahmen zur Stützung von Kleinbauern und zur Bekämpfung von Hunger ergreifen darf, ist schwer nachvollziehbar." Der Beschluss von Bali zeige, "dass die WTO der falsche Rahmen ist, um globale Regelungen zur Ernährungssicherheit zu vereinbaren."

Kritiker demonstrierten in Bali gegen die WTO-BeschlüsseBild: Reuters

Auch Biraj Patnaik von dem indischen Hilfsnetzwerk Right to Food Campain bezeichnet den Kompromiss als unzureichend. Die Beschränkung der Ausnahmen für Subventionen auf Indien sei "eine Bankrotterklärung des Freihandels".

"Desaster" und "Bankrotterklärung"

Ähnlich drastische Worte wählt die deutsche Sektion des globalisierungskritischen Netzwerks "Attac": Das beschlossene Bali-Paket sei "ein Desaster für eine gerechte Welthandelsordnung". Alexis Passadakis, der die Verhandlungen für Attac in Bali verfolgt hat, kritisiert: "Trotz vieler Kompromissformeln nützt es vor allem den Exportinteressen der Staaten des Nordens, besonders bei der Vereinfachung des Zollwesens."

Die Hilfsorganisation "Oxfam" lobt das Abkommen zumindest als eine "Atempause" für die armen Länder. Bahnbrechende Veränderungen sieht sie jedoch nicht. Die Vorteile würden grob überbewertet, während die Kosten der Umsetzung für ärmere Länder völlig ignoriert würden.

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