Gibt's da nicht Schrauben und Nägel in allen Größen? Ja, aber das "Bauhaus" ist auch eine Kunsthochschule und eine eigene Stilrichtung. Vor 100 Jahren gegründet, bringt das Bauhaus noch heute unseren Alltag in Form.
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Design aus Deutschland: 10 Fakten zum Bauhaus, die Sie wissen sollten
Das große Bauhaus-Jubiläum steht bevor: 2019 feiert die deutsche Kunstschule ihren 100. Geburtstag. Doch was macht den Stil so besonders? Wir fassen zusammen, wie und warum das Bauhaus die Welt erobert hat.
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Das Bauhaus startete als Kunstschule
Walter Gropius wurde 1919 Direktor des neugegründeten Staatlichen Bauhauses, das aus einer Fusion der Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst und der Kunstgewerbeschule Weimar entstand. Zwar kam Gropius als Architekt an die Kunst- und Designschule, trotzdem entstand dort erst 1927 eine eigene Architekturabteilung.
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Es wollte Handwerker und Künstler einen
Im Bauhaus-Manifest von 1919 schrieb Gropius: "Bilden wir also eine neue Zunft der Handwerker ohne die klassentrennende Anmaßung, die eine hochmütige Mauer zwischen Handwerkern und Künstlern errichten wollte!" Beeinflusst vom Modernismus, der britischen Arts-and-Crafts-Bewegung und dem Konstruktivismus, warb er für die Idee, dass Design der Gemeinschaft dienen solle.
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Es legte größten Wert auf Funktionalität
Das fundamentale Prinzip der Bauhaus-Bewegung war: "Die Form folgt der Funktion". Gebäude oder Objekte sollten entsprechend ihrer Funktion mittels einfacher, aber eleganter geometrischer Formen gestaltet werden. Beispielhaft für dieses Konzept ist das von Josef Hartwig designete Schachspiel, dessen stilisierte Figuren die möglichen Schachzüge und die Rangordnung erkennen lassen sollen.
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Es wollte ein "Gesamtkunstwerk" schaffen
Durch den interdisziplinären Ansatz der Kunstschule debattierten Professoren und Studierende der bildenden Künste, des Grafikdesigns, der Architektur sowie des Produkt- und Möbeldesigns gemeinsam darüber, wie Menschen in einer modernen Welt leben. Damit entwickelten sie das romantische Konzept des "Gesamtkunstwerks" weiter.
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Es beschäftigte berühmte Professoren
An der Bauhaus-Schule unterrichteten einige bedeutende Künstler. Dieses Foto von 1926 zeigt von links nach rechts Josef Albers, Hinnerk Scheper, Georg Muche, Laszlo Moholy-Nagy, Herbert Bayer, Joost Schmidt, Walter Gropius, Marcel Breuer, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Lyonel Feininger, Gunta Stölzl und Oskar Schlemmer.
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Bauhaus-Künstler schmissen legendäre Partys
Obwohl das Bauhaus für seinen minimalistischen Stil bekannt ist, investierten Studierende und Professoren überraschend viel Zeit in den Entwurf von surrealen Party-Kostümen, wie Farkas Molnar in seinem Essay "Life at the Bauhaus" (1925) beschrieb. Aus den improvisierten Feiern entwickelten sich später Großproduktionen, wie das "Triadische Ballett" von Oscar Schlemmer.
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Nazis erzwangen die Schließung der Schule
Politische Spannungen führten mehrmals zur Schließung der Kunstschule. 1925 zog sie von Weimar nach Dessau. Als die Nazis in der Stadt die Kontrolle übernahmen, musste die Schule 1932 abermals schließen. Die Wiedereröffnung in Berlin war von kurzer Dauer. Das Nazi-Regime beschuldigte die Institution, "entartete Kunst" zu schaffen. Im April 1933 wurde der Schulbetrieb endgültig eingestellt.
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Das Bauhaus lebte im Ausland fort
Die ehemaligen Mitarbeiter der Kunstschule ließen sich nicht davon abhalten, die idealistischen Konzepte des Bauhauses aus dem Exil heraus weiter zu verbreiten. Jüdische Architekten waren beispielsweise an der Gestaltung der Weißen Stadt in Tel Aviv beteiligt, die aus rund 4000 Gebäuden im Bauhaus-Stil besteht und seit 2003 zum Weltkulturerbe gehört.
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Das Bauhaus beeinflusst Designer bis heute
Moderne, erschwingliche, modulare Möbel - die meisten denken da heute sicherlich an Ikea. Doch das Konzept wurde nicht in Schweden geboren, sondern ist von den klassischen Arbeiten der Bauhaus-Designer inspiriert. Das Bild zeigt den legendären "Freischwinger" und weitere Möbel, die Marcel Breuer und Ludwig Mies van der Rohe gestaltet haben.
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Das Bauhaus wird 100
Das Bauhaus feiert 2019 seinen 100. Geburtstag mit zahlreichen Sonderausstellungen und drei neuen Museen in den Städten, in denen die Kunstschule einst ihren Standort hatte: in Weimar, Dessau und Berlin (im Bild das Berliner Bauhaus-Archiv). Jubiläumsausstellungen werden Designklassiker präsentieren sowie bisher nie gezeigte Schätze, die am Bauhaus entstanden sind.
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Schluss mit der immer gleichen Massenware vom Fließband! Alternativen zur industriellen Produktion sollten her. Modern und sachlich sollte alles sein, preiswert und funktional. Der Architekt Walter Gropius gründete 1919 das Bauhaus in Weimar. Er wollte die Kunst wieder mit dem Handwerk vereinen, neu und revolutionär war allerdings die Zusammenarbeit von Kunst und Industrie. In sein Manifest schrieb er den Appell: "Architekten, Bildhauer, Maler, wir alle müssen zum Handwerk zurück!" - Gropius hätte wohl gefallen, mit welchem Werbespruch die gleichnamige Baumarkt-Kette heute um Kunden buhlt: "Bauhaus - wenn's gut werden muss!"
Als "Endziel aller bildnerischen Tätigkeit" verstand Gropius den Bau. Die Studenten werkelten deshalb nicht nur in den Hochschulwerkstätten. Gropius schickte sie auch an Reißbretter und auf Baustellen, wo sie die typische Form-, Farb- und Materiallehre des Bauhauses durchspielten. Das wichtigste Gestaltungsprinzip: "form follows function" ("Funktion geht vor Form").
Modern und schlicht sollte es sein
Damit entwarfen die Schüler schlichte Möbel und Gebrauchsgegenstände. Was zählte, war kühle Eleganz statt verspielter Kunst. Viele Prototypen gingen in Serie, erschwinglich aber wurden die wenigsten. Dazu zählte die Bauhaustapete, die von der Tapetenfabrik Rasch in Hannover gefertigt wurde, oder auch die berühmte schwarze Schreibtischlampe der Firma Kandem. Weil vielfach imitiert, wurde sie am Ende für viele Menschen bezahlbar.
Gebäude à la Bauhaus
Bekannt wurde das Bauhaus auch durch die Entwürfe seiner Architekten. Vielerorts linderten sie mit ihren Neubauten die grassierende Wohnungsnot. Gropius wollte die städtebaulichen Probleme lösen, indem er Massenwohnbauten entwarf. Beispiele sind Wohnsiedlungen in Dessau (Stadtteil Törten), Karlsruhe (Stadtteil Dammerstock) oder Berlin (Siemensstadt). Zwar entstand damit dringend benötigter Wohnraum, doch die Anonymität solcher Bauten schuf neue soziale Probleme. Die lagen allerdings nicht mehr im Fokus der Baumeister.
1925 musste die Schule von Weimar nach Dessau umziehen, denn es gab Querelen mit der neuen konservativen Regierung in Thüringen. Gropius entwarf für den neuen Standort ein Gebäude, das 1926 bezogen wurde. Vor allem die Werkstätten mit ihrer verglasten Fassade wurden zum Inbegriff der Moderne.
Auch entstanden in Dessau vier sogenannte Meisterhäuser, also Wohn- und Arbeitsräume für die Lehrkräfte, und eine Wohnsiedlung mit 60 Häusern. Fünf Jahre später übernahm der Architekt Mies van der Rohe die Bauhaus-Leitung, doch schon kurz darauf, 1932, wurde die Schule von den Nationalsozialisten geschlossen. Obwohl die Nazis bei Industriebauten auf Funktionalität setzten, war ihnen die Bauhaus-Bewegung suspekt und wurde schließlich als "jüdisch" und "bolschewistisch" verdammt. Die Schule wechselte nach Berlin und wurde 1933 endgültig aufgelöst. Viele Lehrer gingen ins Ausland.
Bis heute wirken die Lehre des Bauhauses und die Werke seiner Schüler stilprägend. Fünf der sieben Meisterhäuser, in denen die Dessauer Lehrer untergebracht waren, sind noch vorhanden. Im Bauhaus Weimar residiert jetzt eine Universität. Das Bauhaus-Archiv in Berlin präsentiert die Geschichte der Schule. Und der restaurierte Dessauer Sitz beherbergt die Stiftung Bauhaus Dessau.
Deutschland feiert 100 Jahre Bauhaus
Im diesem Jahr feiert Deutschland das 100-jährige Gründungsjubiläum des Bauhauses. Zwar bestand das Bauhaus nur 14 Jahre, doch wirkt die legendäre Hochschule für Gestaltung bis in die Gegenwart fort. Sie gilt heute als der wirkungsvollste Exportartikel von Kultur aus Deutschland im 20. Jahrhundert.