Seine Karriere startete mit Aufnahmen der Band Nirvana. Seitdem ist Juergen Teller als Fotograf weltberühmt. Nun widmet ihm die Bundeskunsthalle in Bonn eine Werkschau, in der auch Fußballfans nicht zu kurz kommen.
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Modefotografie: Werkschau von Juergen Teller in Bonn
Modefotografie ohne Kleider, Werbung ohne Produkte: Der Fotograf Juergen Teller spielt Kunst gegen Kommerz aus. In seiner neuen Foto-Serie in der Bundeskunsthalle in Bonn spielt er ironisch mit seinem Namen.
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Start mit Nirvana
Jürgen Teller war 1991 zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Damals war er der Hoffotograf einer noch unbekannten US-Band. Sie hieß Nirvana und Teller zog mit ihr in Deutschland von Konzert zu Konzert. Sowohl Nirvana als auch Teller starteten danach durch. 25 Jahre später ist Jürgen Teller, geboren 1964 in einem süddeutschen Dorf und heute wohnhaft in London, ein weltberühmter Fotograf.
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Kampagnen für große Modelabels
Jürgen Teller ist bekannt für seine intime Art der Inszenierung. Auf seinen Modefotos zieht er lieber das Supermodel nackt aus, als es in ihrer glamourösen Garderobe zu zeigen. In dieser Kampagne für den Modedesigner Marc Jacobs platziert er Victoria Beckham so gewitzt, dass ihre Beine ein M ergeben.
Bild: Juergen Teller
Ungewöhnliche Porträts
Reality-Star Kim Kardashian und ihr Musiker-Gatte Kanye West suhlen sich für den Fotografen im Dreck oder strecken ihre Hintern in die Kamera, was nicht immer ein schöner Anblick ist. Aber Jürgen Teller ist sich nicht zu schade, auch die eigene Person in absurden Posen abzulichten. Trotzdem kommt die Frage auf: Warum machen Stars wie Kardashian das mit?
Bild: Juergen Teller
Zum Affen machen
Teller glaubt, weil er ehrlich und offen mit seinen Modellen umgeht. Manche Bilder seiner neuen Serie kippen ins Surreale oder wirken albern. Manche wiederum scheinen den Starkult in der Mode- oder Filmszene zu kommentieren. Der Fotograf schenkt allen Motiven die gleiche Aufmerksamkeit. Die Porträtierten müssen sich auf das Spiel einlassen.
Bild: Juergen Teller
Teller wird Kunst
In der Bonner Bundeskunsthalle ist auch erstmals Jürgen Tellers neue Serie "Plates-Teller" zu sehen, die ein ironisches Spiel mit dem eigenen Namen treibt. Ein weißer Porzellanteller ersetzt den echten Jürgen Teller. Es gibt Aufnahmen von Band-Musikern, die einen Teller in der Hand halten oder von nackten Models, die mit einem Teller ihre Scham bedecken.
Bild: Juergen Teller
Enjoy your Life!
Jürgen Tellers Werk scheint darum zu kreisen, dem Leben immer wieder neue, humorvolle und experimentierfreudige Seiten abzugewinnen. "Enjoy your Life" heißt die Ausstellung in Bonn. Sie zeigt das Leben in all seinen Facetten: von der Geburt bis zum hohen Alter. Fotos wie dieses von der Schriftstellerin Joan Didion sind perfekt inszeniert, wirken aber doch sehr natürlich.
Bild: Juergen Teller
Alles kommt auf den Präsentierteller
Jürgen Teller zeigt sich und sein Leben auf dem Präsentierteller. Es gibt Selbstporträts und Aufnahmen seines Klinikaufenthalts, seiner Mutter Irene, seiner Frau, seiner Kinder. Teller vermag es, aus seinen Motiven alles rauszuholen und geht dabei an die Substanz - auch an die eigene.
Bild: Juergen Teller
Ein Teller ist ein Teller...
In der Bonner Ausstellung stehen Teller zu Skulpturen gestapelt im Ausstellungsraum herum. Aber es gibt auch Motiv-Teller, bedruckt mit Mietzekatzen, Brustwarzen und strahlenden Babygesichtern. Manche haben mehr als einen Meter Durchmesser. Auf einen Teller hat er auf Englisch gekritzelt: "Alles ist auch irgendwie ein Selbstporträt". So verraten die Bilder auch immer etwas über den Fotografen.
Bild: Juergen Teller
Hommage an den Fußball
Auch Pep Guardiola und Philipp Lahm ließen sich von Teller ablichten. 2014 gestaltete Jürgen Teller ein Buch, eine Hommage an die Fußball-WM. Während der aktuellen EM bereitet Teller ein neues Fotoprojekt vor: ein Porträt des französischen Nationalspielers Paul Pogba. Jürgen Teller ist schon seit seiner Kindheit ein begeisterter Fußballspieler und -fan.
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Tor-Jubel
"Siegerflieger" heißt eine Serie, die Jürgen Teller ebenfalls zur WM 2014 aufnahm. Sie zeigt den Fotografen selbst im Bild. Wie eine riesige Fototapete hängt sie im Foyer der Bundeskunsthalle. Zu sehen sind die Orte, an denen Teller gemeinsam mit seiner Familie und Freunden die Spiele anschaute. Die Bonner Ausstellung präsentiert bis zum 25. September 2016 rund 250 Werke von Jürgen Teller.
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Juergen Teller (Artikelbild) wurde 1964 in einem süddeutschen Dorf geboren. Seit er Anfang 20 ist, lebt er als Fotograf in London. Seine Aufnahmen - meist umfangreiche Serien für Modelabel wie Vivienne Westwood oder Marc Jacobs - sind weltweit gefragt. Wer die Bundeskunsthalle in Bonn betritt, steht vor einer gigantischen Fototapete: Zu sehen ist Juergen Teller selbst, der mit Familie und Freunden die WM 2014 schaut. Auf die EM 2016 freut er sich auch schon. Schließlich hat er ein besonderes Projekt vor. Hier erzählt er, wie der Fußball sein Leben prägt.
"Fußballer spielen ja nicht nur Fußball, sondern zur Entspannung auch sehr gerne Golf. Und Pep Guardiola hat sich von mir beim Golfen fotografieren lassen. Der war sogar ziemlich gut, der Guardiola. Neben Müller war er der Beste, aber Müller und Guardiola waren wirklich super.
Fußball hängt stark mit meiner Kindheit zusammen. Das war mein einziges Ventil, wo ich Freiheit hatte, wo ich weg war von meinem Vater. Es war natürlich auch eine ganz andere Zeit, in der er groß wurde. Er war der jüngste Sohn der Familie. Er musste sehr hart arbeiten. So wollte ich nicht leben, denn Schule war auch total bescheuert und Fußball spielen konnte ich gut. In meinem Dorf war ich im Vergleich zu den anderen auch so 'Champions –Leaguemäßig' drauf. Und das hat einfach irrsinnig Spaß gemacht, wenn man da zusammenspielt mit seinen Freunden. Wenn man abgibt, rüber spielt und dann ein paar Leute austrickst. Und dann schießt man drauf und das Ding fliegt so ins Netz rein.
Man muss etwas für den Geist tun, man muss aber auch körperlich etwas machen. Also beides zusammen. Man fühlt sich auch geistig gut, wenn man Sport macht. Genauso gut wie bei einer interessanten, intellektuellen Konversation. Da kommt erst mal mein Interesse für den Fußball her.
Fußballspielen ist genauso wie eine intellektuelle Konversation
Dann macht es einfach unheimlich Spaß, diesen Künstlern, diesen Gladiatoren zuzuschauen, wie toll die Fußball spielen können. Und dann kommt ja noch dazu, dass man vor dem Fernseher hockt. Vier Wochen lang, das ist ja eigentlich total bescheuert. Aber das Leben ist so schwierig. Man hat so viel Verantwortung im Beruf, in meinem Fotostudio. Für die Leute, die ich beschäftige, für meine Familie, meine Kinder, meine Mutter. Da will man doch auch mal vor dem Fernseher hocken und so einen Scheiß anschauen und da so ganz blöd 'die Sau rauslassen'.
Im Moment fasziniert mich der Fußballer Paul Pogba sehr stark. Der spielt bei Juventus Turin und er spielt auch für Frankreich. Er ist ein Franzose. Er ist exzellent. Er läuft wie kein anderer. Er läuft wie eine Gazelle, andere Leute laufen nicht so. Pogba ist ein großartiger Mittelfeld-Dirigent und er hat einen unheimlichen Drang zum Tor. Es ist unheimlich schön, ihm zuzuschauen.
Aus dem Nichts hat plötzlich Adidas angerufen und gefragt, ob ich nicht Paul Pogba fotografieren will. Da habe ich geantwortet: 'Logisch'. Ich habe mit ihm drei Tage verbracht. Zwei Tage waren wir in Turin und danach habe ich gedacht : 'Genug mit dem Fußball, jetzt gehen wir einfach mal nach Paris vor den Eiffel-Turm.' Meinen Sohn habe ich mitgenommen. Das hilft mir natürlich auch. Ich kann meinen Sohn so toll manipulieren. Ich kann ihn mit reinziehen in dieses Fußballfieber. Wir sind halt die "Männer-Deppen", die da so herumeiern. Das bringt eine unheimliche Kraft, und eine ganz tiefe Freundschaft. Das ist sowohl bescheuert als auch gut. Mein Sohn ist mit nach Paris gefahren und durfte auf Pogbas Schultern sitzen. Er hat im Anschluss von Pogba Boxhandschuhe als Geschenk bekommen. Ich werde Pogba jetzt auch während der EM verfolgen. Hoffentlich kommt Frankreich ins Endspiel der EM, weil ich Paul Pogba fotografieren will bis zum Ende. Vier Wochen lang. Dann spielt er hoffentlich gegen Deutschland. Dann wäre Pogba bis zum Ende mit drin und dann gewinnen wir trotzdem."