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Politik

Jugend gestaltet Europa

9. Mai 2019

Der Tag vor dem EU-Gipfel in Sibiu/Hermannstadt gehörte 300 Jugendlichen aus der gesamten Europäischen Union. Sie sprachen über die Zukunft Europas und machten den Politikern konkrete Vorschläge.

Rumänien | Treffen vom 300 Jugendlichen aus der ganzen EU in Sibiu
Bild: DW/M. Weident

"Wir können die Zukunft nicht vorhersagen, aber wir können sie gemeinsam gestalten", ermunterte Marianne Thyssen, EU-Kommissarin für Beschäftigung, Soziales und Integration, die europäischen Jugendlichen in Anlehnung an ein Zitat von Eugene Ionesco. Der rumänisch-französische Dramatiker hatte einmal gesagt, dass man Ereignisse erst vorhersagen könne, nachdem sie passiert seien. Das Treffen der Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union, das an diesem Donnerstag im siebenbürgischen Hermannstadt stattfindet, steht unter dem Motto "Future of Europe“.

Am Vorabend des Gipfels saßen 300 Jugendliche aus den EU-Mitgliedsstaaten zusammen, darunter 40 aus Deutschland und 30 aus dem Gastland Rumänien, um über die aktuellen Herausforderungen zu sprechen und nach Lösungen zu suchen. "Die Zukunft Europas sind gerade unsere Jugendlichen“, so Thyssen gegenüber der DW. Für die EU-Kommission sei es wichtig zu wissen, wie die junge Generation die nächsten Jahre und Jahrzehnte gestalten möchte, welche Zukunftsvision sie hat.

In Hermannstadt betonten alle EU-Politiker ihr Interesse an der Sicht der jungen EU-Bürger auf die aktuellen Herausforderungen wie Klimawandel, soziale Ungerechtigkeit, Globalisierung oder Digitalisierung. Gleichermaßen gaben die Jugendlichen ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass die Entscheidungsträger in Brüssel ein offenes Ohr für ihr Anliegen haben.

Alexandru Sasu will sich intensiv für den Umweltschutz einsetzenBild: DW/M. Weident

Mehr Wohlstand und dennoch mehr Ungerechtigkeit

"Es ist sicherlich wichtig, unsere Bürger über die EU-Strukturen und -Mechanismen zu informieren, aber noch wichtiger ist es, ihre Sorgen und Ängste zu kennen", sagte im DW-Gespräch Angela Cristea, Leiterin der Vertretung der Europäischen Kommission in Rumänien. Das sei der EU vor allem nach der Brexit-Abstimmung deutlich geworden. Tatsache ist, so Cristea, dass die europäische Integration zu mehr Wohlstand geführt hat, gleichzeitig aber auch zu mehr Ungerechtigkeit zwischen Arm und Reich. Diese Entwicklung sei jedoch von Land zu Land unterschiedlich. Generell sei für die meisten EU-Bürger die ungeregelte Migration ein Hauptproblem. Den Jugendlichen allgemein bereite der Klimawandel die größte Sorge.

Alexandru Sasu studiert in Hermannstadt Ökologie. Er ist sehr froh, an dem Treffen teilzunehmen. "Die Bekämpfung der Folgen des Klimawandels hat für uns Priorität", meint Alexandru, der überzeugt ist, am Ende dieses Treffens über "mehr Waffen, sprich Argumente, zu verfügen, um die Entscheidungsträger in Brüssel zu beeinflussen".

Rahel Krauskopf schlägt eine EU-Bildungszentrale vorBild: DW/M. Weident

Rahel Sophia Krauskopf aus Deutschland plädiert für mehr politische Bildung in Schulen und schlägt die Gründung einer entsprechenden EU-Bildungszentrale vor. Ein anderer Vorschlag wäre die Erweiterung der Erasmus-Programme für nichtstudierende Jugendliche, z.B. für diejenigen, die im Ausland ein Praktikum oder eine Ausbildung machen wollen. Die junge Frankfurterin plädiert auch für eine stärkere europäische Identität, ohne jedoch die nationale Zugehörigkeit aus dem Blick zu verlieren: "Denn das ist es, was Europa schön macht, sich mit seinem Land und seinen Traditionen zu identifizieren."

Luca Koren stammt aus Hannover und ist Schüler an einem Hermannstädter Gymnasium. Auch er beklagt den Mangel an politischer Information und Bildung in der Schule. Das sei vor allem in Rumänien ein großes Problem. Von dem Jugendtreffen in Hermannstadt sind er und seine Kommilitonin Adelina Negrila begeistert, auch weil sie die Gelegenheit hatten, viele Kontakte zu knüpfen und gemeinsame Ziele und Probleme zu entdecken.

Auch für Adelina Negrila und Luca Koren ist Politik sehr wichtigBild: DW/M. Weident

Den europafeindlichen Kräften die Stirn bieten

Der Austausch mit Gleichaltrigen war für viele Jugendliche ein Gewinn. So etwa für Alexandre Silva aus Portugal, der als Studienfach European Studies gewählt hat. Der leidenschaftliche Europäer versucht, auch andere für die Europäische Idee zu begeistern - gerade jetzt, vor der Europawahl. "Wir können eine bessere Zukunft haben, aber nur wenn wir sie gemeinsam gestalten", so Alexandre.

Der junge Portugiese Alexandre Silva glaubt an EuropaBild: DW/M. Weident

Höhepunkt des Tages waren, wie erwartet, die Gespräche mit dem Präsidenten Rumäniens, Klaus Johannis, und dem Chef der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker. Diese versprachen, die Anregungen der Jugendlichen in die Beratungen des EU-Gipfels einzubringen. Juncker und Johannis riefen mehrmals mit Nachdruck die jungen EU-Bürger auf, sich an der Europawahl am 26. Mai zu beteiligen. "Das Ergebnis dieser Wahl wird die europäische Politik der nächsten Jahre tiefgreifend beeinflussen", betonte der rumänische Staatschef. Beide Politiker befürworteten die europaweite Einführung des aktiven Wahlrechts mit 16 Jahren.

Nur durch einen verstärkten Dialog zwischen den europäischen Institutionen, zwischen Regierenden und Bürgern könne den europafeindlichen Kräften die Stirn geboten werden, so Gastgeber Johannis abschließend. Es sei heute wichtiger denn je, das Vertrauen der Bürger und ihre Unterstützung für das Projekt Europa wiederzugewinnen.

Medana Weident Autorin, Reporterin, Redakteurin, vor allem für DW Rumänisch