Die französische Chanson-Legende und Schauspielerin Juliette Gréco ist tot. Sie wurde 93 Jahre alt. Bekannt wurde die Sängerin mit der markanten dunklen Stimme mit Hits wie "L'accordéon" und "Sous le ciel de Paris".
Anzeige
Juliette Gréco hat mit ihrer dunklen Stimme die schönsten Lieder über Liebe und Leid ins Mikrofon gehaucht. Nun hat sich die Grande Dame des französischen Chansons im Alter von 93 Jahren von der Welt der Musik für immer verabschiedet. Die französische Sängerin starb in ihrem Haus in Ramatuelle in Südfrankreich. Sie sei im Kreis ihrer Angehörigen gestorben, heißt es in einer Mitteilung der Familie. Der Nachwelt hinterlässt sie Hunderte von Liedern und Interpretationen, darunter "Sous le ciel de Paris" oder "Déshabillez-moi".
Mit Gréco ist nach Édith Piaf und Barbara die letzte große Chansonnette Frankreichs von der Bühne gegangen. Jahrzehntelang hat sie die Lieder der größten Chansonniers wie Jacques Brel und Brassens interpretiert und die schönsten Texte von Schriftstellerinnen und Schriftstellern wie Françoise Sagan, Jacques Prévert, François Mauriac und Albert Camus vorgetragen. "Si tu t'imagines" oder "L'Éternel féminin" gehörten Ende der 1940er-Jahre zu ihren großen Hits. Gréco wurde in den 50er- und 60er-Jahren dann mit Chansons wie "L'accordéon", "La Javanaise" und "Déshabillez-moi" weltberühmt. Von 1948 an spielte Gréco auch Filmrollen, zunächst in Frankreich unter anderem unter der Regie von Jean-Pierre Melville, später arbeitete sie auch in Hollywood mit John Houston, Orson Welles oder Richard Fleischer. In der überaus populären Mini-Serie "Belphégor oder das Geheimnis des Louvre" spielte sie eine ihrer populärsten Rollen.
Anzeige
Würdigungen durch Spitzenpolitiker
Gréco sei Eleganz und Freiheit gewesen, schrieb Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron am Mittwochabend auf Twitter. "Ihr Gesicht und ihre Stimme werden unser Leben weiterhin begleiten." Die "Muse von Saint-Germain-des-Prés" sei unsterblich, schrieb Macron.
Gréco habe für die Freiheit gesungen, schrieb der ehemalige Präsident François Hollande auf Twitter. Sie habe die größten Rollen verkörpert und die Entwicklungen der französischen Gesellschaft immer begleitet. Die wiedererkennbare Stimme Grécos werde schmerzlich vermisst werden, schrieb die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo ebenfalls auf Twitter. Sie nannte Gréco eine Pariser Ikone.
Ein Philosoph entdeckte sie
Entdeckt wurde die zierliche Frau mit der tiefen Stimme kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von dem Philosophen Jean-Paul Sartre, der sie in einem Pariser Kellerlokal traf und einen der ersten Liedtexte für sie schrieb. Die Interpretin wurde danach international mit ihren Chansons bekannt. Ab 1959 trat sie auch als eine der ersten Französinnen nach dem Krieg in Deutschland auf.
Gréco war dreimal verheiratet. Aus erster Ehe mit dem Schauspieler Philippe Lemaire hatte sie eine Tochter. Geboren wurde Gréco am 7. Februar 1927 im französischen Montpellier. Ihre Kindheit verbrachte sie größtenteils bei der Großmutter und in einem Kloster, denn ihren Vater kannte sie kaum und ihre Mutter war während des Zweiten Weltkrieges in den Widerstand getreten. Obwohl ihre Mutter und Schwester Opfer der Gestapo waren, trat sie als eine der ersten französischen Sängerinnen 1959 im Nachkriegsdeutschland auf.
Ein "Merci" ging auch nach Deutschland
Ihren Abschied von der Musikwelt hatte sie gut vorbereitet. Mit einer Tournee, die sie 2015 begann, bedankte sie sich bei ihren treuen Fans. Man müsse wissen, wann der Zeitpunkt gekommen sei, aufzuhören, sagte sie. Sie singe seit 65 Jahren, das sei ein langes Arbeitsleben. Ihre Abschiedstournee "Merci" hatte sie auch nach Deutschland geführt.
Acht große französische Chanson-Sängerinnen
Juliette Gréco ist neben Edith Piaf eine der bekanntesten Stimmen des Chansons. Im 20. Jahrhundert traf sich die Szene vorwiegend in Paris. Die Zeiten sind vorbei. Inzwischen ist ganz Frankreich im Neo-Chanson-Fieber.
Bild: Getty Images/AFP/G. Souvant
Juliette Gréco
"Parlez-Moi d'Amour" heißt ein Hit von Juliette Gréco (*1927). Die Grande Dame des Chansons hat ein bewegtes Leben: Nach den Wirren des Zweiten Weltkriegs verkehrte sie nach 1945 in den Existentialistenkreisen von Paris. Jean-Paul Sartre war ihr Förderer. Sie wurde aber nie so berühmt wie Edith Piaf - vielleicht waren ihre Lieder zu politisch.
Bild: Getty Images/AFP/B. Guay
Edith Piaf
"Non, je ne regrette rien" (dt. Nein, ich bereue nichts) ist ein Welthit. Der "Spatz von Paris", wie die nur 1,47 Meter kleine Piaf (1915 - 1963) auch genannt wurde, erlang Größe durch ihre Stimme. Dabei sang sie diesen Chanson erst im Alter von 44 Jahren. Doch er wurde ihr Durchbruch und zum Inbegriff des französischen Chansons.
Bild: Imago
Barbara
"Göttingen" - ausgerechnet die kleine Stadt in Hessen wurde 1964 von der französischen Sängerin in einem Chanson geehrt. Ein Versuch der Völkerverständigung. Barbara (1930-1997) singt von ihren Erinnerungen, wie dem Besuch des Geburtshauses der Gebrüder Grimm: "die Märchen unserer aller Kindheit". In den 1950er Jahren lernte sie Jacques Brel und Georges Brassens kennen, deren Lieder sie sang.
Bild: picture-alliance/dpa/AFP
Françoise Hardy
Liebe, Schmerz, Einsamkeit - die großen Themen der Chansons tauchen auch in den Liedern von Françoise Hardy (*1944) auf. Berühmt wurde sie mit ihrem Hit "Tous les garçons et les filles". Da war sie 18 Jahre alt. Ende der 1960er hat sie sogar einen Schlager von Udo Jürgens intoniert: "Einmal, wenn du gehst". Ab den 1970ern trat sie wegen ihres starken Lampenfiebers nur noch selten vor Publikum auf.
Bild: Getty Images
Brigitte Bardot
Heute ist sie ihren guten Ruf los, weil sie sich für die Rechten in Frankreich engagiert. Doch in den 1960er Jahren kam sie mit ihrer Stimme und ihrem Auftritt mit Serge Gainsbourg groß raus: Ihre Hits: "Harley Davidson" und "Je t'aime... moi non plus". Seit 1973 stand Brigitte Bardot (*1934) jedoch nicht mehr als Sängerin auf der Bühne - und als Schauspielerin nicht mehr vor der Kamera.
Bild: picture alliance/dpa
Patricia Kaas
Die Sängerin aus Lothringen legte eine Blitzkarriere hin. Ende der 80er Jahre erschien Patricia Kaas' (*1966) Debütalbum "Mademoiselle chante...", das mehr als 15 Millionen Mal verkauft wurde. Entdeckt wurde sie vom Schauspieler Gérard Depardieu, der ihre erste Single "Jalouse" produzierte. 2012 erschien das Album "Kaas chante Piaf", in der sie der Nummer Eins des Chansons eine Reverenz erwies.
Bild: picture-alliance/dpa/S. Hoppe
Carla Bruni
Die gebürtige Italienerin Carla Bruni (*1967) wurde als Model und Sängerin bekannt. Zunächst hatte sie Kunst und Architektur studiert, brach das Studium aber mit 19 Jahren ab. Musikalisch feierte sie 2002 mit dem Album "Quelqu'un m'a dit" einen Überraschungserfolg. Sechs Jahre später heiratete sie den damaligen französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy.
Bild: picture-alliance/dpa/A. Garcia
Zaz
Von der Straßenmusikerin am Montmartre zum Superstar: Isabelle Geffroy (*1980), alias Zaz, hat das französische Chanson neu belebt. Nach ihrem Protestlied gegen die Bourgeoisie "Je veux" liegt die ganze Welt der brünetten Sängerin zu Füßen. "Nouvelle Chanson" - so nennt sich das Comeback des Chansons, das in den 1990er Jahren einsetzte und spätestens mit Zaz auch international Beachtung fand.