Junta gegen Notunterkünfte
20. Mai 2008Auf der Fahrt aus dem Stadtzentrum von Rangun, in dem die Aufräumarbeiten inzwischen ziemlich weit fortgeschritten sind, wird das Ausmaß des verheerenden Zyklons erneut sichtbar. Vielerorts sind von den einfachen Bambushütten, in denen noch immer große Teile der Bevölkerung leben, nur noch Trümmer übrig.
Nach knapp einstündiger Fahrt kommen die ersten Lager in Sicht. Hunderte campieren in Unterständen, mit Planen mehr oder minder vor den seit Tagen niedergehenden Monsunregenfällen geschützt. Verzweifelt warten sie auf Hilfe, die hier nur von mitfühlenden Privat- und Geschäftleuten geleistet wird.
Die einzige Hilfe kommt von Privatleuten
Als ein PKW mit Hilfsgütern ein Lager anfährt, bildet sich sofort eine große Menschenmenge. Ein Mann mit nacktem Oberkörper drängt sich aus der Menge hervor und stellt sich als Sprecher des Lagers vor. Er besitze nur noch den Lunghi, den traditionellen Gehrock, den er am Leib trage, sagt er. Ansonsten habe er, wie alle anderen, sein gesamtes Hab und Gut verloren.
Ohne die Privatleute ginge es den über Tausend Menschen im Lager noch schlechter; denn von der Regierung sei nichts zu erwarten: "Sie ist nur ein einziges Mal gekommen, um an jede Familie Reis zu verteilen", empört er sich. "Aber sie haben pro Familie nur zwei Kilo Reis gegeben, das war viel zu wenig. Das hat nur für einen Tag gereicht"
Die Militäjunta lässt die Lager räumen
Es mangele an allem, an Trinkwasser und Nahrung, aber auch an Moskitonetzen zum Schutz vor Insekten und Blutegeln, die sich in den überfluteten Gebieten nun massenweise bilden, berichtet der Lagersprecher. Außerdem benötigten sie Kleidung und Decken – und Geld. "Wir wollen nicht in Lagern leben. Mit etwas Geld können wir wieder nach Hause gehen und unsere Hütten reparieren. Und dann könnten wir auch wieder arbeiten gehen."
Nun aber hat die Militärverwaltung des Bezirks angeordnet, das Lager sofort zu räumen. Die meisten haben bereits ihre wenigen Habseligkeiten zusammengepackt und irren in langen Trecks ziellos umher, auf der Suche nach einem Ort, an dem sie sicher sind. Denn, wohin sie gehen sollen, das wurde ihnen von den Militärs nicht gesagt.
Viele fürchten sich vor den Militärs
Viele glauben, dass sie bestraft werden sollen, weil sie Hilfe angenommen haben. "Vor kurzem war eine internationale Hilfsorganisation hier und hat uns Hilfsgüter gebracht", berichtet eine Frau. "Die Organisation hat das dann auf ihrer Homepage veröffentlicht und dadurch sind die Militärs auf uns aufmerksam geworden und haben uns den Befehl gegeben, sofort zu verschwinden."
Die Angst vor den Militärs in Birma ist groß, zu groß. Und so kommen die Menschen in ihrer auswegslosen Lage dem Räumungsbefehl scheinbar widerstandslos nach. Wie sie in Zukunft an Hilfe kommen, wissen sie nicht. Nun bleibt ihnen nur noch eines: darauf zu vertrauen, dass ihre Landsleute auch ihren neuen Aufenthaltsort erfahren und sie dort weiter versorgen.