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Politik

Justiz untersucht "Gelbwesten"-Ausfälle

17. Februar 2019

Alain Finkielkraut zählt zu den anerkannten Philosophen Frankreichs. Doch beim jüngsten "Gelbwesten"-Protest in Paris musste er massive antisemitische Beleidigungen ertragen. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Der französische Philosoph Alain Finkielkraut (hier bei einer Kundgebung im März vergangenen Jahres in Paris (Foto: Imago/ZUMA Press/M. Stoupak)
Der französische Philosoph Alain Finkielkraut (hier bei einer Kundgebung im März vergangenen Jahres in Paris) Bild: Imago/ZUMA Press/M. Stoupak

Die antisemitischen Ausfälle gegen den französischen Philosophen Alain Finkielkraut am Rande einer "Gelbwesten"-Kundgebung in Paris beschäftigen die französische Justiz. Die Pariser Staatsanwaltschaft leitete nach eigenen Angaben Vorermittlungen wegen des Vorfalls ein. Sie stützen sich auf einen Paragrafen, der öffentliche Beleidigungen auf Grundlage von Herkunft, Ethnie oder Religion verbietet. Finkielkraut zeigte sich bestürzt über die Schmähungen, will selbst aber auf juristische Schritte verzichten.

"Wirf dich in den Kanal!"

Der Vorfall am Rande der "Gelbwesten"-Kundgebung am Samstag ist auf Videoaufnahmen dokumentiert, die im Internet verbreitet wurden und eine Welle der Empörung nach sich zogen. Zu sehen ist, wie Kundgebungsteilnehmer dem anwesenden Philosophen aggressive Beleidigungen ins Gesicht schleudern. Die Aufnahmen dokumentieren Äußerungen wie "Hau ab!", "Dreckiger Scheiß-Zionist", "Wir sind das Volk" und "Frankreich gehört uns".

Ihm sei auch der Satz "Wirf dich in den Kanal!" zugerufen worden, sagte der Intellektuelle später in Zeitungsinterviews. Er habe "absoluten Hass gespürt" und sei gezwungen gewesen zu fliehen. Finkielkraut dankte den Polizisten für ihr Eingreifen: "Ich hätte Angst gehabt, wenn es keine Ordnungskräfte gegeben hätte, zum Glück waren sie da." Er habe den Eindruck gehabt, dass einige der Anwesenden auch bereit gewesen wären, ihn zu verprügeln.

Auch Macron verurteilt Verbalattacken 

Präsident Emmanuel Macron verurteilte den Vorfall auf Twitter. "Die antisemitischen Beleidigungen, die er hat erdulden müssen, stellen alles in Frage, was wir sind und was uns zur großen Nation macht", schrieb Macron. Als Sohn polnisch-jüdischer Einwanderer, der zum französischen Intellektuellen geworden sei, sei Finkielkraut "ein Symbol dafür, was die Republik jedem ermöglicht".

Finkielkraut ist einer der bekanntesten Intellektuellen Frankreichs. Er entstammt dem linken Milieu, seine Gegner kritisieren ihn allerdings als "Neo-Reaktionär", weil er auch Sympathien für den rechtsextremen Front National bekundet hatte. Der "Gelbwesten"-Bewegung stand er zunächst positiv gegenüber, inzwischen hat er sich abgewandt. "Ich unterstütze die Kundgebungen nicht mehr", sagte Finkielkraut. Die "Gelbwesten"-Bewegung sei "grotesk" geworden.

"Gelbwesten"-Protest in Paris: Auch der Austritt Frankreichs aus der EU wurde wieder gefordert Bild: Reuters/B. Tessier

Die Attacken auf Finkielkraut geschahen genau drei Monate nach Beginn der "Gelbwesten"-Bewegung in Frankreich. Die Proteste waren am 17. November durch Pläne zur Erhöhung der Treibstoffsteuer ausgelöst worden und fanden am Samstag das 14. Mal in Folge statt. Wie das Pariser Innenministeriums mitteilte, gingen landesweit gut 41.000 Menschen auf die Straßen, davon 5000 in Paris. Dies waren deutlich weniger Demonstranten als an den vorhergehenden Samstagen: Vergangene Woche hatten landesweit noch mehr als 50.000 Menschen an den Protesten teilgenommen. Bei den größten "Gelbwesten"-Protesten waren es mehr als eine Viertelmillion Teilnehmer gewesen.

Innenminister Christophe Castaner hatte erst zu Wochenbeginn berichtet, dass es in Frankreich 2018 deutlich mehr antisemitische Vorfälle gab als zuvor. Es wurden 541 Fälle bekannt - 74 Prozent mehr als noch 2017. Castaner sprach davon, dass sich der Antisemitismus "wie ein Gift" ausbreite. 

sti/AR (afp, dpa)

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