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Justizministerium Weißrusslands droht der Vereinten Bürgerpartei mit Verbot

4. September 2002

– Die Parteiführung spricht von "politischer Erpressung und Einschüchterung"

Minsk, 4.9.2002, BELORUSSKAJA DELOWAJA GASETA, russ., Jurij Rabtschuk

Die Vereinte Bürgerpartei könnte verboten werden. Zu dieser Schlussfolgerung kam der Spezialist der Abteilung gesellschaftliche Vereinigungen des Justizministeriums Weißrusslands, A. Chariton, der geprüft hat, ob die Tätigkeit der Vereinten Bürgerpartei den Forderungen ihres Statuts und den Gesetzen des Landes entspricht. Der Partei wird unter vielem anderen vorgeworfen, dass ihr außer physischen Personen angeblich auch zwei juristische Organisationen – der Weißrussische Verband junger Politiker und "Schenskij otwet" (Frauenantwort – MD) - angehören. (...) Am 23. August ging bei der Vereinten Bürgerpartei ein Schreiben des Justizministeriums ein, in dem die Frage der Auflösung der Partei gestellt wird.

Im Zusammenhang mit der erhöhten Aufmerksamkeit gegenüber der Partei und ihren Mitgliedern seitens der Machtorgane hat der politische Rat der Vereinten Bürgerpartei eine Erklärung abgegeben. Darin heißt es unter anderem: "Die Machtorgane betreiben derzeit gegen die Vereinte Bürgerpartei eine weitere Kampagne der politischen Erpressung, der Einschüchterung und des moralischen und psychologischen Drucks." (...)

Im Zusammenhang damit betrachtet die Vereinte Bürgerpartei das Vorgehen der Machtorgane als "geplante Kampagne, die gegen die Partei und ihre Führung gerichtet ist, als Reaktion auf die Tätigkeit der Vereinten Bürgerpartei, die Berichte über den Schattenhaushalt des Landes und politische Dinge verbreitet hat, die für viel Wirbel gesorgt haben". Die Partei ruft die Machtorgane auf, "das politisch motivierte Vorgehen und die Repression gegen Strukturen der Vereinten Bürgerpartei und ihre Aktivisten" einzustellen.

"Aus dem Schreiben des Justizministeriums haben wir mit großer Verwunderung erfahren, dass der Vereinten Bürgerpartei auch die Organisation "Schenskij otwet" und der Weißrussische Verband junger Politiker angehören", sagte der Vorsitzende der Partei, Anatolij Lebedko, gegenüber dem Korrespondenten der "Belarusskaja delowaja gaseta". "Der Mitarbeiter des Justizministeriums, der dieses Schreiben verfasst hat, ist wahrscheinlich nicht ganz bei Sinnen. Ihm müsste doch bekannt sein, dass diese gesellschaftlichen Organisationen beim Justizministerium registriert sind. In einigen Aspekten arbeiten wir mit denen zusammen. Mitglieder unserer Partei nehmen immer wieder neben Vertretern anderer politischer und nicht politischer Organisationen an Rund-Tisch-Gesprächen und Seminaren teil."

Lebedko zufolge greifen die Machtorgane die Vereinte Bürgerpartei regelmäßig an. Etwas besonderes seien in dieser Hinsicht die Jahre 1999 und 2002. "Ich bin der Meinung, dass die weißrussischen Machtorgane eine bestimmte Strategie verfolgen. Ich schließe jedoch aus, dass unsere Partei verboten wird", so der Vorsitzende der Vereinten Bürgerpartei. "Die Leute sind aus Überzeugung zu uns gekommen. Eine Partei ist keine Gewerkschaftsstruktur. Obwohl ich auch nicht ganz ausschließen kann, dass es zu einem Präzedenzfall in der Geschichte des neuen Jahrhunderts kommen könnte, zu einem Versuch der Machtorgane, eine demokratische Struktur zu verbieten. Wir werden vorbeugende Maßnahmen ergreifen und auf jeden Schritt der Machtorgane adäquat antworten." (...)

Wie der Leiter der Abteilung gesellschaftliche Vereinigungen des Justizministeriums, Michail Suchinin, einem BelaPAN-Korrespondenten mitteilte, habe das Justizministerium in der nächsten Zeit nicht vor, die Unterlagen für das Verbot der Vereinten Bürgerpartei an das Gericht weiterzuleiten. Er bekräftigte, dass das Justizministerium "genug Gründe hat, um die Vereinte Bürgerpartei mit Hilfe des Gerichtes zu verbieten". Das Justizministerium wolle jedoch in der nächsten Zeit keinen Gebrauch von so harten Maßnahmen machen. "Wir geben der Partei die Möglichkeit, die Mängel zu beseitigen", sagte der Beamte. (...) (lr)