Das erste Mal
1. Februar 2010Unterschiedlicher können zwei Länder kaum sein als Indien und Südkorea - die beiden Stationen von Horst Köhlers zehntägiger Asienreise. Während Südkorea auf eine 50-jährige Erfolgsgeschichte zurückblicken kann und heute eine der reichsten Volkswirtschaften der Welt ist, leidet Indien immer noch unter großer Armut und sozialen Spannungen. 80 Prozent der Milliarden-Bevölkerung des Subkontinents leben von weniger als zweieinhalb US-Dollar pro Tag. Damit gibt es in Indien mehr arme Menschen als in allen afrikanischen Ländern zusammen.
Trotzdem, mit seinem Wirtschaftswachstum von 8 Prozent im Jahr 2009 sei Indien für die Bundesrepublik ein attraktiver Wirtschaftspartner, sagt Christian Wagner, Indien-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Mit der Öffnung des indischen Marktes in den frühen 1990er-Jahren seien für viele deutsche Unternehmen auch die Chancen des indischen Binnenmarktes deutlich geworden.
Deutsche Unternehmer investierten seither gern in Indien. In den letzten Jahren sind vor allem die Technologie, Sicherheitstechnik und die IT-Branche in den Mittelpunkt des Interesses deutscher Investoren gerückt. "Indien bildet jedes Jahr mehrere Tausende Ingenieure aus", erklärt Wagner. Deutsche Firmen nutzten zunehmend auch diese Möglichkeiten Indiens. Viele Unternehmen hätten bereits eine Reihe von Dienstleistungen nach Indien ausgelagert. Auch die bundesdeutschen Hochschulen versuchten mittlerweile verstärkt mit Partnerorganisationen, Instituten und Universitäten in Indien zusammenzuarbeiten.
Treffen mit indischen Intellektuellen
Köhler, der von einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation begleitet wird, wird bei seinem Besuch in Neu Delhi und Mumbai mit Vertretern der Wirtschaft und der Hochschulen zusammenkommen. In Delhi ist auch ein Gespräch mit indischen Intellektuellen vorgesehen. Sie spielen in ihrem eigenen Land und in der indischen Diaspora eine wichtige Rolle. Denn indische Intellektuelle beteiligten sich, so Wagner, nicht nur in ihrem eigenen Land an den aktuellen politischen und gesellschaftlichen Debatten, sondern auch in den Ländern der indischen Diaspora, also vor allem in den USA und in Großbritannien.
In den USA stellen die Inder inzwischen die wohlhabendste Schicht unter der nicht-weißen Bevölkerung. In Deutschland jedoch gibt es diese indische Diaspora nicht, darum würden die indischen Intellektuellen bei uns auch kaum wahrgenommen, sagt Wagner. "Wir sind nicht Teil dieses globalen indischen Weltbürgertums."
Besuch bei VW
Bundespräsident Köhler wird in Indien auch das im letzten Jahr eröffnete deutsche VW-Werk in Pune (Poona) besichtigen. Ab Frühjahr 2010 sollen dort jährlich 110.000 Fahrzeuge für den indischen Markt produziert werden.
Zum Abschluss seines Indien-Besuches wird das deutsche Staatsoberhaupt auch ein deutsches Entwicklungshilfeprojekt besuchen. Indien ist der größte Empfänger deutscher Entwicklungshilfe überhaupt. Schwerpunkte bei der Zusammenarbeit sind Umwelt, Energie und nachhaltige Wirtschaftsentwicklung.
Viel Wirtschaft in Südkorea
Von Mumbai aus wird Köhler am Sonntag (07.02.2010) in die südkoreanische Hauptstadt Seoul weiterreisen. Südkorea hat in diesem Jahr den Vorsitz in der Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer, der G20, inne. Im Herbst soll es in Seoul einen G20-Gipfel geben.
Nach Einschätzung von Experten befindet sich Südkoreas Wirtschaft nach dem Einbruch durch die Weltwirtschaftskrise inzwischen auf dem Weg der Erholung. Die Regierung hat bei ihren Konjunkturprogrammen vor allem auf eine Wende hin zu einer nachhaltigen und ökologischen Wirtschaft gesetzt. Köhler wird in Seoul unter anderem mit Vertretern der Wirtschaft zusammenkommen.
Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Kay-Alexander Scholz