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Königlicher Staatsstreich in Nepal

Thomas Bärthlein 1. Februar 2005

Nepals König Gyanendra hat die gesamte Regierung entlassen und den Ausnahmezustand verhängt. Sein Vorwurf: Der Konflikt mit den maoistischen Rebellen wurde nicht gelöst.

Ausnahmezustand in NepalBild: AP

Die Entlassung der Regierung unter Premierminister Sher Bahadur Deuba war begleitet von Maßnahmen, die wie ein Staatsstreich wirken: Telefonverbindungen, sowohl Mobil- als auch Festnetz, funktionierten am Dienstag (1.2.2005) landesweit nicht. Journalisten wurden informiert, dass eine Pressezensur gelte. Fast alle Flugverbindungen ins Ausland fielen aus. Der König hat sich selber für die nächsten drei Jahre zum Machthaber ernannt.

Gyanendra, König von NepalBild: AP

Mit dem Überraschungscoup des Königs ist eine Lösung der politischen Krise in Nepal in noch weitere Ferne gerückt. Erst im Juni 2004 hatte König Gyanendra Deuba wieder als Premierminister eingesetzt, nachdem er ihn zuvor bereits einmal entlassen hatte. Autoritäre Ambitionen werden dem Monarchen seit langem nachgesagt. Die Rechtfertigung, die der König für seinen Staatsstreich angibt, wirkt denn auch wenig glaubwürdig.

Unfähige Marionettenregierung?

Gyanendra hat die Regierung und die demokratischen Parteien kritisiert, weil sie sich durch andauernde Streitereien untereinander behindert hätten. Insbesondere habe es keine Fortschritte bei Verhandlungen mit den maoistischen Rebellen gegeben. Deuba hatte den Maoisten ein Ultimatum bis Mitte Januar gestellt, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Die Rebellen weigerten sich jedoch, mit der "Marionettenregierung" Deuba zu sprechen und verlangten direkte Verhandlungen mit dem König. Im Rückblick hat es den Anschein, dass Gyanendra die Deuba-Regierung nur deswegen wieder ins Amt ließ, um deren "Unfähigkeit" erneut zu "demonstrieren".

Ob eine direkt vom Monarchen geführte Administration bessere Chancen hat, Verhandlungen mit den Maoisten in Gang zu bringen oder gar Neuwahlen durchzuführen, erscheint äußerst zweifelhaft. Der König stützt sich im Wesentlichen auf die Armee, die in ihrem jahrelangen Kampf gegen die linken Rebellen sehr brutal vorgegangen ist. Im Hochgebirge Nepals, wo viele Dörfer auch heute noch Tageswanderungen von der nächsten Straße entfernt sind, lässt sich ein Bürgerkrieg aber in keinem Fall mit militärischen Mitteln lösen.

Die Maoisten, die in weiten Teilen des Landes aktiv sind und zum Teil Parallel-Administrationen aufgebaut haben, nutzten die Frustrationen großer Teile der ländlichen Bevölkerung, ethnischer Minderheiten und unterer Kasten über die großen sozialen Unterschiede in Nepal aus, um immer stärker zu werden. Inzwischen zwingen sie aber auch viele Menschen in ihre Reihen und sind auf dem Land oft nicht weniger gefürchtet als die undisziplinierte Armee.

Unbeliebter König hilft Opposition

Gyanendra, der nach einer bis heute mysteriösen Schießerei im Königspalast 2001 auf den Thron kam, ist in der Bevölkerung nicht sonderlich beliebt. Es könnte durchaus sein, dass sich der König verkalkuliert hat und sich die traditionell zersplitterte demokratische Parteienlandschaft endlich zusammenfindet. Pradeep Giri, führendes Mitglied im Zentralkomitee des Nepali Congress sagte im Interview mit der Deutschen Welle: "Mit der Verhängung des Ausnahmezustands hat Seine Majestät alle politischen Parteien gezwungen, sich unter einer Flagge zu versammeln. Dafür möchte ich Seiner Majestät ausdrücklich danken!"

Wie sich die internationale Gemeinschaft in der aktuellen Krise verhält, könnte eine Schlüsselrolle spielen. Denn Nepal ist auf Entwicklungshilfe und Tourismus angewiesen. Das Nachbarland Indien hat die Ankündigung des Königs schnell und ungewöhnlich scharf kritisiert. Die Europäische Union hat bereits in den vergangenen Monaten immer wieder deutlich gemacht, dass Entwicklungshilfe und eine Verbesserung der politischen Situation und der Menschenrechtslage zusammenhängen.

Die US-Regierung hingegen hat sich, indem sie die Maoisten als "Terroristen" einstufte, relativ unkritisch hinter Armee und König gestellt. Pradeep Giri schätzt auch umgekehrt den König als Amerika-nah ein: "Sein Stil und seine Gedanken sind ganz von den USA geprägt. Und seine persönlichen Beziehungen zum Westen sind auch gut, mit der Blair-Bush-Koalition. Aber daraus möchte ich jetzt keine direkte Verschwörung ableiten. Der primäre Faktor ist bei dieser Sache der persönliche Ehrgeiz Seiner Majestät."

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