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Kühler Empfang für Vertreter des Europarates in Kiew

20. Januar 2004

– Debatte zur Lage in der Ukraine auf Januar-Sitzung der PACE wahrscheinlich

Bonn, 19.1.2004, DW-RADIO / Russisch

In der Ukraine halten sich zu einem Besuch die Berichterstatterinnen des Europarates Hanne Severinsen und Renate Wohlwend auf. Sie prüfen, ob die Ukraine als Mitglied des Europarates ihren Verpflichtungen nachkommt. Ihr derzeitiger Besuch steht im Zusammenhang mit einer wahrscheinlichen außerordentlichen Debatte auf der Januar-Sitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zur Verfassungskrise in der Ukraine.

Das offizielle Kiew empfing die Vertreter des Europarates kühl. Die führenden Fernsehkanäle des Landes strahlten sich gleichende Berichte über das Ziel des Besuches aus. In ihnen kamen ein und die selben Kommentatoren zu Wort, die dem Europarat vorwarfen, nur Vertreter der ukrainischen Opposition anhören zu wollen und sich in die inneren Angelegenheiten der Ukraine einzumischen. Der Vorsitzende des Ausschusses im Obersten Rat für Meinungsfreiheit, Mykola Tomenko, erklärte, die Informationen seien streng nach den Themenkatalogen gesendet worden, die von der Regierung und dem Präsidenten vorgegeben werden.

Unter diesen Bedingungen meiden es die Berichterstatterinnen des Europarates, sich bis zum Abschluss ihres offiziellen Besuchsprogramms mit der Presse auszutauschen. In den ersten zwei Tagen trafen sich Hanne Severinsen und Renate Wohlwend in Kiew mit dem Vorsitzenden des Obersten Rates, mit Vertretern gesellschaftlicher Organisationen, den Führern der Parlamentsfraktionen, mit Beamten der Präsidentenadministration sowie mit dem ukrainischen Justizminister. Parlamentsvorsitzender Wolodymyr Lytwyn protestierte gegen die Behauptung, wonach in der Ukraine eine Verfassungskrise begonnen habe. Er bezeichnete die Ereignisse im Zusammenhang mit der Verabschiedung von Verfassungsänderungen durch die Parlamentsmehrheit und die Kommunisten, was zu einer Blockade der Parlamentsarbeit geführt hatte, als eine innerparlamentarische Krise.

Eine ähnliche Meinung vertritt der Vorsitzende der Kommunistischen Partei der Ukraine, Petro Symonenko: "Man muss dieses Problem von der Tagesordnung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates nehmen. Das ist ein inneres Problem der Ukraine. Das Verfahren zur Wahl des Präsidenten legt das Parlament fest. Als der Oberste Rat 1991 beschloss, den Präsidenten vom Volk wählen zu lassen, hatte auch niemand nach der Meinung des Volkes gefragt."

Einer der Führer der Opposition, der Vorsitzende der sozialistischen Partei, Oleksandr Moros, zeigte sich über die emotionale Reaktion der Staatsmacht und der Kommunisten äußerst erstaunt: "Wenn die Ukraine dem Beobachtungs-Verfahren unterliegt und Mitglied des Europarates ist, dann muss auch in diesem Forum jener Organisation über wichtige innenpolitische Ereignisse debattiert werden, das ist wirklich nützlich. Ich halte deswegen alle Gegenargumente für Spekulationen."

Auch andere Vertreter der Opposition sprachen sich für eine Debatte in Straßburg zur Lage in der Ukraine aus. Sie unterstützen ferner den Vorschlag der Staatsmacht, einen Runden Tisch zu veranstalten und eine außerordentliche Parlamentssitzung zu Fragen einer möglichen Verfassungsänderung einzuberufen. Der Führer der Partei "Sobor", Anatolij Matwijenko, erklärte, dass diese Diskussionen sehr nützlich wären, wenn mit ihnen ein effektiveres Regierungssystem und nicht Garantien für Vertreter der jetzigen Staatsmacht angestrebt würden.

Die radikalste Haltung vertritt das Mitglied des Bündnisses "Unsere Ukraine", einer der Abgeordneten der Ukraine in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Roman Swarytsch: "Ich werde darauf bestehen, dass eine Empfehlung des Ministerkomitees des Europarates angenommen wird, die Mitgliedschaft der Ukraine in dieser Organisation bis nach den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine auszusetzen. Das ist notwendig, um die ukrainische Demokratie zu retten. Ich verstehe wohl, dass eine solche Entscheidung dem internationalen Ansehen der Ukraine und der Einstufung des Landes bei den Investitionsmöglichkeiten schwer schaden würde. (MO)