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Künstliche Diamanten aus Spaniens ärmster Region

Stefanie Claudia Müller
31. Januar 2025

In Extremadura stellt eine US-Firma künstliche Diamanten her - noch als Schmuck, bald vielleicht auch für die Chipindustrie. Ein Hollywood-Star gehört zu den Investoren.

Spanien 2025 | Diamanten als Anlageobjekt gewinnen an Beliebtheit
Bild: Stefanie Claudia Müller/DW

Rebeca Brandys (siehe Bild) trägt sie überall - am Ohr, am Hals und einen am Finger: künstliche Diamanten. Die rothaarige Spanierin ist Rechtsanwältin und für Spaniens erste Fabrik für Labor-Diamanten tätig. 

Die liegt ausgerechnet in der ärmsten spanischen Region, der Extremadura. Hier produziert das US-Unternehmen Diamond Foundry seit 2023 in einer Pilotphase für die Schmuckindustrie künstliche Diamanten.

Rebeca Brandys, Vizepräsidentin von Diamond Foundry, zeigt ihre (künstlichen) DiamantenBild: Stefanie Claudia Müller/DW

Brandys ist als Vizepräsidentin von Diamond Foundry Europa für alle rechtlichen Fragen des derzeit 40-köpfigen Teams zuständig, das vor allem aus Ingenieuren besteht, die auf Chemie, Mechanik und Industrieanwendungen spezialisiert sind.

Kundenwünsche ändern sich

Diamond Foundry ist nicht das einzige Unternehmen, das Diamanten künstlich herstellt. Selbst De Beers, der weltgrößte Produzent und Händler von Naturdiamanten mit Sitz in London, investiert inzwischen in die Herstellung im Labor. Die dänische Juwelierkette Pandora, die zu den größten der Welt zählt, gab 2021 sogar bekannt, bald nur noch künstliche Diamanten zu verkaufen - und nannte die geänderten Ansprüche jüngerer Käufer als Grund. 

"In den USA werden bereits mehr im Labor gezüchtete Diamanten gekauft als echte", sagt Brandys der DW. Das liegt zum einen am günstigeren Preis. Der beträgt in der Schmuckindustrie oft weniger als ein zehntel des Preises für natürliche Diamanten, so der deutsche Juwelier Diamant-Agentur aus Oberursel.

Hollywood-Star als Investor

Ein weiterer Grund: Das Image von Naturdiamanten ist nicht mehr das beste. Inzwischen denken viele beim Wort Diamant an Umweltzerstörung, unmenschliche Arbeitsbedingungen und daran, dass mit den Edelsteinen auch blutige Konflikte in verschiedenen afrikanischen Ländern finanziert werden.

Arbeiterinnen in einer Diamantenmine in ZimbabweBild: AP

Selbst Hollywood-Filme greifen das Thema auf, darunter "Blutdiamant” aus dem Jahr 2006. US-Schauspieler Leonardo DiCaprio, der darin eine Hauptrolle spielt, gehörte zu den Anfangsinvestoren von Diamond Foundry. Gegründet wurde das Unternehmen 2012 in San Francisco.

Im spanischen Trujillo betreibt Diamond Foundry eine 6000 Quadratmeter große Fabrik. Die künstlichen Diamanten werden in 20 Reaktoren hergestellt, die wiederum ein aufwendiges Kühlungssystem mit großen Abzugshauben benötigen. Besucher dürfen die Anlage nur von außen betrachten, was drinnen passiert, ist Betriebsgeheimnis.

Von außen sieht die Anlage in Trujillo wie eine Chemiefabrik aus, aus den Rohren kommt aber nur WassserdampfBild: Stefanie Claudia Müller/DW

Immerhin so viel wird verraten: "Während ein echter Diamant 1000 Jahre braucht, um zu wachsen, schafft Diamond Foundry es, einen kleinen echten Diamanten von 20mm bei einer Hitze von 1000 Grad mit Kohlenstoff, also Graphit, und ganz viel Druck, in nur vier Wochen auf seine ideale Größe wachsen zu lassen”, erklärt Eugenio de Arriba, Leiter der Fabrik in Trujillo, gegenüber der DW.

In diesen Reaktoren entstehen die künstlichen Diamanten von Diamond FoundryBild: Diamond Foundry

Im Gegensatz zu Diamant-Imitaten, z.B. aus Glas, haben künstliche Diamanten dieselben Materialeigenschaften wie echte Diamanten. Sie sind deshalb nicht nur als Schmuck begehrt, sondern auch in der Industrie. Wegen ihrer Härte und Temperaturbeständigkeit werden sie als Schneidewerkzeuge eingesetzt oder als Linsen in Laser-Optiken.

Computerchips mit Diamanten

Einer der Gründer von Diamond Foundry ist der in Deutschland geborene Martin Roscheisen. Er ist Informatiker und Tech-Unternehmer mit Sitz im Silicon Valley. Wohl auch deshalb sieht das Unternehmen eine Anwendungsmöglichkeit für seine Diamanten in Computerchips.

Im Jahr 2023 stellte Diamond Foundry den ersten Diamantwafer mit einem im Labor hergestellten Diamanten von 100 mm Durchmesser her.

Diamond Wafer: Aus der hauchdünnen Scheibe werden Chips gemachtBild: Diamond Foundry

Als Wafer (engl. für Waffel oder dünner Keks) werden millimeterdünne Scheiben bezeichnet, auf denen die integrierten Schaltkreise, die sogenannten Mikrochips, hergestellt werden. Das Grundmaterial ist meist Silizium, das vor allem auch China kommt.

Diamond Foundry ersetzt nun Silizium durch eine hautdünne Schicht eines künstlichen Diamantens. Weil der Wärme besser ableitet, verbessert sich die Kühlung und die Rechenleistung der Chips. Dazu hatte auch das deutsche Unternehmen Augsburg Diamond Technology (Audiatec) geforscht, das von Diamond Foundry 2022 aufgekauft wurde.

Geld vom Staat

Dieser Einsatzzweck, sowie die Idee, unabhängiger von Silizium aus China zu werden, gefällt auch der EU. Die EU-Kommission gab Ende 2024 grünes Licht für Hilfen in Höhe von 81 Millionen Euro durch den spanischen Staat für die Diamond Foundry Fabrik. Deren Fertigung soll in der nächsten Phase für industrielle Anwendungen ausgebaut werden. 

Vorerst nur ein Test: Chip von Nvidia mit Diamantschicht von Diamond FoundryBild: Diamond Foundry

Die erste Phase des Projekts kostete laut Diamond Foundry bereits 275 Millionen Euro. Für die Umwandlung in eine Produktion für die Mikrochipindustrie müssten die Investoren weitere 400 Millionen Euro aufbringen. Wenn alles nach Plan geht, sagt der Europa-Verantwortliche von Diamond Foundry, Antonio Cordova, könnte hier am Ende von Europa, gegenüber von Afrika, die größte Diamanten-Fabrik der Welt stehen.

Chance für die Region Extremadura

Die Region Extremadura freut sich über jede Firmeninvestition. Hier fehlt es an Arbeitsplätzen, viele Menschen ziehen in die Städte. Viel Land wird an Stromkonzerne verpachtet, um Mega-Solarparks zu errichten.

"Deswegen sind wir hier gut aufgehoben. Wir wollen noch in diesem Jahr einen Hauptteil der Energie aus eigens produzierter Solarenergie gewinnen", sagt Antonio Cordova.

Lithium-Mine in ExtremaduraBild: Markus Böhnisch/DW

Im benachbarten Cácares gibt es zudem eine Lithium-Mine und in dem von Trujillo eine Autostunde entfernten Navalmoral de la Mata soll unter der Federführung des chinesischen Konzerns Envision und der spanischen Acciona-Gruppe im kommenden Jahr eine Batteriefabrik entstehen.

Cordova blickt beim Gespräch vom gläsernen Besprechungsraum der Diamond Foundry Fabrik auf die Berge der "Sierra de Gredos” und sieht die nächsten Phasen von Diamond Foundry schon kommen. Bisher wurden die Labor-Diamanten erst in Testreihen in den USA in Computerchips eingesetzt, etwa vom Chiphersteller Nvidia.

Cordova ist zuversichtlich, dass die Fertigung für solche Zwecke in Trujillo bald industriell erfolgen kann. "Dafür brauchen wir aber noch viel mehr Hilfen von Europa und dem spanischen Staat", sagt er. Für den Ausbau der Fabrik und weitere Forschung setzt die Firma unter anderem auf Mittel aus dem "Next Generation Fonds", den die EU aufgelegt hat, um die Wirtschaft nach der Corona-Pandemie wieder in Ganz zu bringen.

Diamond Foundry hofft zudem, auch etwas vom Kuchen aus dem spanischen EU-Next-Generation Fonds abzubekommen, um die Fabrik weiter auszubauen und die Forschung voranzutreiben. 

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