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Künstliche Nasen als Lebensretter

21. Juli 2003

Infektionen, Brände oder einfach nur Ölwechsel - die menschliche Nase wird nur gerümpft, die künstliche dagegen sagt rechtzeitig Bescheid.

Wegweiser in der Welt der GerücheBild: AP

Im Herzzentrum Berlin wacht eine künstliche Nase
über die Gesundheit der Patienten. Das künstliche Riechorgan kontrolliert, ob der Atem der Betroffenen nach lebensbedrohlichen Infektionen riecht. Das Ganze ist möglich, weil Stoffwechselprodukte von Bakterien oder Pilzen über den Atem nach außen getragen werden.

Das Geheimnis der Nase

Auf einer Metalloberfläche der künstlichen Nase binden sich solche Substanzen und verändern damit den Stromfluss, der durch das Gerät fließt. Mit Hilfe der so gewonnenen Messwerte will man sehr schnell herausfinden, welche Keime den Patienten infiziert haben. Dagegen dauern herkömliche Untersuchungen im Labor rund zwei Tage, bis die Keime identifiziert sind.

Schwestern mit dem richtigem Riecher

Auf die Idee, eine künstliche Nase auf Patienten anzusetzen, ist man gekommen, weil Krankenschwestern häufig behaupteten, eine Infektion bei Patienten riechen zu können. Die Behauptungen werden in einer Studie mit 1200 Teilnehmern untersucht - erste Ergebnisse sollen im Oktober vorliegen.

Welt der Gerüche

Nicht nur im Krankenhaus sind die künstlichen Nasen nützlich. Sie könnten beispielsweise beim Kafferösten Fehler aufdecken, Autofahrer daran erinnern, rechtzeitig ihr Öl zu wechseln oder vor Bränden warnen. Und nicht nur das, sie können auch noch erschnüffeln, ob Kunststoff oder
Holz brennt, damit die Feuerwehr gezielter löschen kann. Obwohl marktreife Anwendungen bislang eher die Ausnahme sind, sagen Optimisten der Technik einen lukrativen Markt voraus.

Gerüche lassen Kristall schwingen

An der Universität Bonn, am Institut für Landtechnik, benutzt das Team um Peter Boeker keine Metalloberflächen, sondern schwingende Quarzkristalle für die künstliche Nase. Sie sind mit einer dünnen Schicht einer gallertartigen Substanz bedeckt. Strömen Moleküle vorbei, tauchen sie in diese Gallertschicht ein und lassen den jeweiligen Kristall schwerer werden. Dieser schwingt dann etwas langsamer - und diese Änderung können die Forscher auswerten.

"Das wird aber niemals ein System sein, das man einfach auf den Tisch stellt, ihm einen unbekannten Geruch vorhält und die Maschine meldet dann: Oh, das riecht aber angenehm, nach Erdbeere oder nach Kirsche", sagt Boeker. "Das muss ihm alles beigebracht werden."

Duell: Mensch gegen Maschine

In vielerlei Hinsicht ist die Nase des Menschen der Maschine überlegen, weil in ihr zahlreiche Erfahrungen aus der Evolution gespeichert sind. So reagiert sie sehr heftig auf einige Gerüche, die beim Verderben von Lebensmitteln entstehen.

Aber auch den angenehmen Geruch einer Grapefruit nehme der Mensch schon bei extrem niedrigen Konzentrationen wahr, sagt Boeker. Die Ursache: Die Vorfahren des Menschen mussten sich auch auf ihren Geruchssinn verlassen, um reife und damit sehr nahrhafte Früchte zu entdecken. Diese besondere Fähigkeit erreichen laut Boeker weder die moderne chemische Analytik, noch eine elektronische Nase.

Künstliche Nasen seien eher für den industriellen Bereich gedacht, wo es auf dauerhafte und zuverlässige Funktion ankomme. Und in diesem Punkt ist die Technik der Natur überlegen, denn die Nase des Menschen ermüdet mit der Zeit - was auch sein Gutes hat. So verschwindet beispielsweise der unangenehme Knoblauch-Geruch in einem soeben betretenen Raum nach und nach aus dem Bewusstsein.(dpa)

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