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USA: Experten besorgt über Kürzungen bei mRNA-Forschung

7. August 2025

Donald Trumps Gesundheitsminister Kennedy hat verkündet, Forschung an mRNA-Impfstoffen werde von der US-Regierung nicht mehr unterstützt. Das erhöht die Anfälligkeit bei zukünftigen Pandemien, sagen Experten.

Eine Frau mit weißen Haaren und Brille trägt eine Maske und zieht eine Spritze mit einem Corona-Impfstoff auf. Im Hintergrund ist eine US-Flagge zu sehen
In der Pandemie retteten mRNA-Impfstoffe auch in den USA Millionen von LebenBild: Robert F. Bukaty/dpa/AP/picture alliance

Der erste Wink des frisch ins Amt eingeführten US-Präsidenten ließ nicht lange auf sich warten. Bereits im März hatte die Regierung unter Donald Trump die Gelder für mehr als 30 Forschungsprojekte gestrichen, die sich mit Gründen für und Maßnahmen gegen Impfskepsis befassen. Damit war den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen ziemlich klar, dass es im nächsten Schritt der mRNA-Forschung in den USA an den Kragen gehen könnte.

Denn zu dieser Zeit hatte die Leitung der National Institutes of Health (NIH) auch eine Auflistung aller NIH-finanzierten Forschungsprojekte verlangt, die sich mit der mRNA-Technologie befassen. Diese sollten ans Gesundheitsministerium und ans Weiße Haus weitergeleitet werden. Eine solche Anfrage hatte es auch über die Forschungsprojekte zu Impf-Misstrauen gegeben - bevor ihnen die Gelder gestrichen wurden.

Inzwischen ist es soweit: In dieser Woche verkündete das US-Gesundheitsministerium, es werde 500 Millionen Dollar an Forschungsfinanzierung für mRNA-Impfstoffe streichen. Die NIH sind eine Behörde des US-Gesundheitsministeriums, die zuständig für biomedizinische Forschung ist. An der Spitze des Ministeriums steht der als Impfgegner bekannte US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr.

Wie effektiv sind mRNA-Impfstoffe?

In einer Erklärung des Gesundheitsministerium heißt es, man werde verschiedene Verträge beenden, bereits eingereichte Bewerbungen für Forschungsgelder ablehnen und einige bestehende Kooperationen restrukturieren.

"Wir haben die Wissenschaft überprüft, Experten zugehört und gehandelt", sagte Gesundheitsminister Kennedy. Man werde Investitionen in 22 Projekte stoppen, die sich mRNA-Impfungen beschäftigen, "weil die Daten zeigen, dass diese Impfstoffe nicht effektiv gegen Atemwegserkrankungen wie COVID und Grippe schützen", so Kennedy.

US-Gesundheitsminister Kennedy ist bekannter Impfgegner und vertritt beispielsweise auch die widerlegte These, Impfungen könnten Autismus auslösen.Bild: Laura Brett/picture alliance

Experten zweifeln diese Aussage stark an. Sie weisen darauf hin, dass mRNA-Impfstoffe erfolgreich in der Corona-Pandemie eingesetzt wurden. "mRNA-Impfungen haben in der COVID-19 Pandemie Millionen von Menschen das Leben gerettet", sagte Charles Bangham, emeritierter Professor der Immunologie am Imperial College London.

"Es gibt nur wenige oder gar keine anti-viralen Impfstoffe, die einen Virus komplett daran hindern, in unseren Körper zu gelangen", so Bangham weiter. "Die Impfung verringert die Schwere der Infektion und sorgt für einen schwächeren Krankheitsverlauf sowie ein geringeres Todesrisiko."

Ohne mRNA-Forschung "anfälliger für zukünftige Pandemien"

Jaime M. Yassif von der Nuclear Threat Initiative (NTI), einer Non-Profit-Organisation, die sich gegen biologische, atomare und chemische Waffen einsetzt, nannte die angekündigte Kürzung der Gelder "einen schweren Fehler".

"Das Blockieren von Forschung, die wir brauchen, um schnell neue Impfstoffe herzustellen, macht Amerikaner … anfälliger für zukünftige Pandemien", sagte Yassif, Vizepräsidentin für Biological Policy and Programs bei NTI, in einer Stellungnahme. Das gelte sowohl für natürlich entstehende Krankheiten als auch für solche, die in einem Labor entwickelt und als Waffe eingesetzt werden könnten.

Die Behauptung von Gesundheitsminister Kennedy, die mRNA-Impfstoffe böten keinen zuverlässigen Schutz, "ist offenkundig falsch", sagte Yassif. "Wenn es den schnellen Einsatz von mRNA-Impfungen während der Coronavirus-Pandemie nicht gegeben hätte, wären mehr Menschen gestorben und der wirtschaftliche Schaden wäre viel größer gewesen." 

Pharmakonzern Pfizer von Kürzungen betroffen

Das deutsche Unternehmen BioNTech, das gemeinsam mit dem US-Pharmakonzern Pfizer einen der mRNA-Corona-Impfstoffe entwickelte, ist von den Kürzungen nicht betroffen. "Wir haben keine Gelder von der US-Regierung erhalten und haben auch nichts ausstehend", sagte eine BioNTech-Sprecherin der DW.

Hingegen wird Kooperationspartner Pfizer im Statement des Gesundheitsministeriums unter dem Punkt "abgelehnte Anträge" auf Zusammenarbeit genannt. Die Pfizer-Aktie verlor nach Bekanntgabe von Kennedys Entscheidung zeitweise um drei Prozent an Wert. Auf eine Anfrage der DW reagierte Pfizer nicht.

Die RNA-Technologie

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Die renommierte Emory University im US-Bundesstaat Georgia gehört ebenfalls zu denjenigen, deren Verträge mit der US-Regierung beendet werden. Ein Sprecher des Woodruff Health Sciences Center der Universität erklärte der DW, betroffen sei ein Forschungsprojekt, bei dem es um ein Medikament zur Behandlung von Atemwegserkrankungen wie Grippe oder COVID-19 geht. Erst im September 2024 war die Zusammenarbeit verkündet worden. Emory-Forschende sollten testen, ob man das antivirale Medikament als trockenes Pulver herstellen könnte, für das keine durchgehende Kühlkette erforderlich wäre. Die Gelder dafür sind nun gestrichen.

Kürzung in der Forschung hat nicht nur Folgen für US-Bevölkerung

Die mRNA-Technologie kommt nicht nur bei Impfstoffen gegen Atemwegserkrankungen zum Einsatz. Von Akne über Borreliose und Dengue bis AIDS suchen Forschende nach mRNA-Impfstoffen gegen unterschiedlichste Krankheiten. Geforscht wird auf der ganzen Welt, China und Südkorea gehören zu den Ländern, in denen an zahlreichen Projekten gearbeitet wird.

Auch in der Krebsforschung spielt mRNA-Technologie eine wichtige Rolle. Im Kampf gegen Darmkrebs arbeiten US-Forschende beispielsweise an einem Mittel, dass verhindern soll, dass der Krebs zurückkehrt, nachdem der ursprüngliche Tumor operativ entfernt wurde. Solchen Forschungen, sagt das US-Gesundheitsministerium, sollten die Mittel erhalten bleiben. Experten fordern jedoch, auch die mRNA-Impfstoffforschung weiter zu unterstützen.

Die Einschnitte bei der Forschung würden die Fähigkeit der USA einschränken, im Falle einer neuen Pandemie schnell Impfstoffe zu entwickeln. Es sei denn, "es können alternative Geldquellen gesichert werden", sagt Penelope Ward, Gastprofessorin für pharmazeutische Medizin am Kings College London. Darüber hinaus seien die Kürzungen nicht nur ein Problem für die USA: "Es ist für uns alle von Nachteil."

Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker