Kabaddi ist eine uralte Sportart aus Südasien. Sie ist eine Mischung aus Angriff und Verteidigung und erlebt in Indien eine Rennaissance. Seit dieser Saison gibt es sogar eine Profiliga für Frauen.
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Priyankas Blick ist aggressiv. Ein glatt planiertes Feld am Dorfrand ist ihre Kampfarena. "Sobald ich das Spielfeld betrete, sind meine Freunde Feinde", sagt sie ungerührt. Priyanka ist Anfang 20 und Kabaddi-Nationalspielerin.
Kabaddi, eine uralte Sportart aus Südasien, erlebt seit geraumer Zeit vor allem in Indien eine unglaubliche Rennaissance. Kabaddi ist eine für deutsche Augen unglaubliche Mischung aus Angriff und Verteidigung. Aus einfangen, weglaufen und ausweichen. Aus ringen und catchen. Mit einer ganz besonderen Regel: ist ein Kabaddi-Spieler im 30-Sekunden-Angriff, darf er nicht atmen. Statt dessen muss er die ganze Zeit das Wort Kabaddi für den Schiedsrichter hörbar vor sich hinsagen - ohne einmal Luft zu holen
"Ein magischer Sport"
"Priyankas Aggressivität ist konkurrenzlos in Indien", schwärmt ihr Coach Krishan Kumar, der sein Leben dem alten südasiatischen Volkssport verschrieben hat. "Kabaddi ist ein magischer Sport, der tief in unserer Kultur verankert ist", versichert Coach Kumar. "Du musst nicht reich sein. Du brauchst nur ein Stück Land und eine Unterhose."
Priyanka ist eine Kabaddi-NationalspielerinBild: DW/S. Petersmann
Priyanka rückt in atmungsaktiver Shorts und im atmungsaktiven Trikot barfuß auf dem Acker vor, täuscht einen Angriff an und dreht sich blitzschnell um die eigene Achse. Die Verteidigung des Gegners verschiebt sich synchron, weil sie Priyankas Angriffen gemeinsam ausweichen muss. Die Abwehrkette muss Händchen halten.
"Ein Angriff dauert 30 Sekunden. Ich darf in diesen 30 Sekunden nicht atmen und muss ständig Kabaddi sagen. Um Luft zu sparen, klingt das dann wie Kabaj," erklärt Priyanka. Sobald der Schiedsrichter nichts mehr hören kann, pfeift er den Angriff ab. In ihren 30 atemlosen Kabaddi-Angriffssekunden stößt die 70 Kilogramm schwere Priyanka wie ein Pfeil in die gegnerische Verteidigungs-Kette, um mindestens eine Gegnerin zu berühren. Danach muss sie es blitzschnell zurück in die eigene Hälfte schaffen, ohne selber berührt zu werden. Nur dann gibt es Punkte.
Mischung aus Ringen, Catchen und Sprinten
Zurück in der eigenen Spielhälfte geht es sofort wieder in die eigene Abwehrkette. Priyanka wirft eine Gegnerin zu Boden. Die verzerrt das Gesicht. Verletzungen gehören dazu. Es geht hin und her. Kabaddi ist eine schnelle Mischung aus Team-Ringen, Team-Catchen und Solo-Sprinten.
"Priyanka ist eine Spitzensportlerin, ich kann sie hart anfassen und genauso trainieren wie einen Mann", erklärt ihr Coach Krishan Kumar.Kabaddi wurde früher nur von Männern gespielt. Doch die Zeiten ändern sich, auch im konservativen Indien. Die Frauen profitiert davon, dass reiche Großstadt-Inder den alten indischen Dorf-Volkssport wiederentdeckt haben und ihn international erfolgreich vermarkten, Fernsehverträge inklusive. Seit dieser Saison gibt es auch eine Profiliga für Frauen.
"Wenn ich auf dem Platz stehe, sind meine Gegner keine Jungen oder Mädchen, sondern Gegner", versichert Priyanka. Die indische Kabaddi-Heldin mit dem Bürstenhaarschnitt will noch ein paar Jahre weiterspielen und sich erst dann von ihrer Familie verheiraten lassen, so wie es in Indien bis heute üblich ist.
Frauenkabaddi, atemberaubend!
Die Spielerinnen haben jahrelang auf diesen Moment gewartet. Seit diesem Sommer gibt es die erste Kabbadi-Profiliga für Frauen. Traditionell wird der in Südasien beliebte Mannschaftssport von Männern gespielt.
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Drei Profimannschaften der Frauen
Im April 2016 wurden die besten Kabaddi-Spielerinnen Indiens ausgewählt und in drei Teams aufgeteilt. Hier in der Hauptstadt Neu-Delhi spielen die Firebirds gegen die Ice Divas.
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Einfache Regeln, aber voller Körpereinsatz
Beim Kabbadi-Spiel stehen sich zwei Mannschaften mit jeweils sieben Spielern gegenüber. Ziel des Spiels ist es, in einem Zug so viele Spieler des gegnerischen Teams wie möglich abzuschlagen. Um diese Aufgabe zu erfüllen, wird ein "Räuber" ausgesandt, der für seinen Spielzug nur einen Atemzug Zeit hat. Hier treffen die Frauenmannschaften aus Indien und Pakistan aufeinander.
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Catch me if you can
Gelingt es dem Spieler einen oder mehrere Gegner zu berühren, muss er so schnell wie möglich in die eigene Spielhälfte zurückgelangen. Erreicht er das Ziel, erhält seine eigene Mannschaft Punkte in Höhe der Anzahl der berührten Spieler. Mit dem Angriff des Räubers wechseln sich beide Mannschaften ab.
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Angriff ist die beste Verteidigung
Das gegnerische Team versucht, den "Räuber" auf dem Rückweg in die eigene Zone aufzuhalten, wie auf diesem Bild zu sehen ist. Gelingt dem angegriffenen Team die Verteidigung, bekommen sie selber einen Punkt. Insgesamt dauert das Spiel 40 Minuten.
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Rekordzuschauerzahlen für Frauen-Liga
Bei den ersten beiden Spielen der Kabaddi-Frauen-Meisterschaft verfolgten rund 38 Millionen Menschen den Mannschaftssport im Fernsehen. Der TV-Sender Star India gab an, dass es kein anderer Frauensport in Indien schaffe, so viele Zuschauer zu begeistern. Beim Spiel in Neu-Delhi gewinnen die Firebirds.
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Frauenkabaddi-Star
Mittlerweile wird Firebirds Kapitänin Mamtha Poojari sogar manchmal auf der Straße erkannt. "Kabaddi heißt jetzt Frauenpower", sagt Poojari, "in Indien denken die meisten, dass es nur ein Sport für Männer wäre. Aber dank des Women Kabaddi Challenges und der guten Performance unserer Teams können wir das Gegenteil beweisen."
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Beliebter Mannschaftssport in Asien
Kabaddi soll ursprünglich aus Indien kommen und bedeutet wörtlich "Atem anhalten". Das Teamringen ist eine offizielle Disziplin der Asienspiele und wird in zwei Halbzeiten zu je 20 Minuten gespielt. Hier vor dem Stadion in Neu-Delhi spielen ein paar Amateure selber Kabaddi und zeigen vollen Körpereinsatz.
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Patna Pirates gegen Dabang Delhi
Ein weiteres Highlight des Abends ist das Spiel der beiden männlichen Teams. Das Turnier beginnt mit der indischen Nationalhymne und viel Jubel der Fans. Die letzte Saison haben die Patna Pirates (grüne Trikots) gewonnen, sie gelten als Favoriten des Spiels.
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Zeichensprache reicht aus
Die Nummer zwei im blauen Trikot heißt Meraj Sheykh. Er ist einer der beliebtesten Spieler aus Delhi und kommt ursprünglich aus dem Iran. Sheykh spricht weder Englisch noch Hindi und kommuniziert mit den anderen Spielern durch Zeichensprache. Für ihn und seine Mannschaft ist es kein Problem. Am Ende des Spiels wird er als bester Spieler ausgezeichnet.
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Kabaddi, Kabaddi, Kabaddi
Der Mannschaftssport fordert vollen Körpereinsatz und manche Bewegungen erinnern an Sportarten wie Rugby oder Football. Bei jedem Spielzug muss der Angreifer die Luft anhalten und dabei immer weiter Kabaddi sagen, um zu beweisen, dass er nicht erneut einatmet.
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Fans jubeln für Dabang Delhi
Kurz vor dem Ende steht es immer noch unentschieden zwischen beiden Mannschaften. Ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die Spannung steigt. Letztendlich gewinnen dann doch die Patna Pirates durch "einen guten Fang".
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Sport für jedermann
Die Mannschaft Dabang Delhi hat zwar das Spiel verloren. Aber Kapitän Kashiling Adake weiß, warum Kabaddi so beliebt ist: "Es ist ein Sport für jedermann. Es braucht keine aufwendige Infrastruktur oder ein großes Spielfeld. Alles was man benötigt ist eine Matte, zwei Mannschaften und das Spiel kann losgehen."