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Mehr Truppen

7. Oktober 2008

Der Bundeswehr sollen künftig 1.000 Soldaten mehr für den Einsatz in Afghanistan zur Verfügung stehen. Das Kabinett beschloss außerdem die Verlängerung des ISAF-Mandats um 14 Monate.

Bundeswehrangehörige verfolgen im Bundestag in Berlin die Rede des Bundesaußenministers, Foto: dpa
Bundeswehrangehörige verfolgen im Bundestag in Berlin die Rede des BundesaußenministersBild: picture-alliance/dpa

Regierung und Parlament haben den Weg für die personelle Aufstockung und Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan geebnet. Der Bundestag beriet am Dienstag (07.10.2008) in erster Lesung über die Anträge, die das Kabinett erst Stunden zuvor gebilligt hatte. Die endgültige Entscheidung trifft das Parlament in dritter Lesung Mitte Oktober.

Bis zu 1000 Bundeswehrsoldaten sollen künftig zusätzlich nach Afghanistan geschickt werdenBild: AP

Vertreter der Bundestags-Mehrheit sprachen sich dafür aus, die deutschen Truppen innerhalb der NATO-geführten Schutztruppe ISAF für weitere 14 Monate in Afghanistan zu lassen. Ferner soll das deutsche Truppen-Kontingent von bisher 3500 auf 4500 Soldaten aufgestockt werden.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte in der Sondersitzung, die Afghanen verließen sich auf gemachte Zusagen. Deutschland werde sich mit der geplanten Aufstockung stärker darauf konzentrieren, den Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte voranzutreiben. Außerdem wies der die Forderung der CSU nach einer Perspektive für ein Ende des Einsatzes zurück. Er nannte es "wenig verantwortlich", mit Abzugsdaten zu hantieren.

Kosten des Einsatzes

Verteidigungsminister Franz Josef Jung erhofft sich von der Aufstockung des Kontingents mehr Flexibilität. Die Bundeswehr könne dadurch mehr zur Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte und damit zur Herstellung selbsttragender Sicherheit beitragen, sagte der CDU-Politiker. Das Engagement in Afghanistan diene auch der Sicherheit der Bundesbürger, unterstrich der Minister und erinnerte daran, dass die Terroranschläge vom 11. September 2001 von Afghanistan ausgegangen seien. Im kommenden Jahr wolle die Bundeswehr 7500 afghanische Soldaten ausbilden. Im Norden des Landes seien 830 zivile Projekte umgesetzt worden. Wer einen Rückzug propagiere, gefährde die Sicherheit Deutschlands. Der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg hatte zuvor die Kosten für den Zeitraum der Verlängerung auf 688,1 Millionen Euro beziffert.




ISAF-Schutztruppe: Infografikmit den fünf Regionalkommandos unter deutscher, italienischer, kanadischer und amerikanischer Führung

Als weitere Gründe für die Anhebung des Limits nannte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg die Übernahme neuer Aufgaben, den Einsatz der schnellen Eingreiftruppe seit Sommer sowie die im nächsten Jahr bevorstehende Präsidentenwahl in Afghanistan. Die Verlängerung des Mandats um 14 statt der üblichen zwölf Monate begründete er mit der Bundestagwahl im September nächsten Jahres.

Rückzug aus "Enduring Freedom"

Die 100 Soldaten des Spezialkräftekommandos KSK, die im Rahmen des Antiterror-Mandates Operation Enduring Freedom (OEF) für Afghanistan vorgesehen sind, sollen künftig nicht mehr bereitgestellt werden, wie der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Thomas Raabe, sagte. Dies sei mit den Verbündeten abgesprochen. Über die KSK-Soldaten wird das Kabinett laut Steg am 29. Oktober beraten. Steinmeier wies im Bundestag darauf hin, dass die Bundesregierung auf eine Anfrage der NATO warte, AWACS-Aufklärungsflugzeuge für die Luftraumüberwachung in Afghanistan bereitzustellen. Die AWACS-Besatzung besteht zu 40 Prozent aus deutschen Soldaten.

Kein Weiter-So

Will den Afghanen Zuverlässigkeit beweisen: SteinmeierBild: AP

Mit Kritik reagierte Steinmeier auf die Forderung von CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer nach einer Ausstiegsstrategie für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. "Ein gegebenes Wort, das muss gelten", sagte Steinmeier. Es gehe um Verlässlichkeit und

Vertrauen Deutschlands gegenüber Afghanistan und der internationalen Gemeinschaft. Die 2001 formulierten Gründe für die Beteiligung am Einsatz gälten auch heute noch. Allerdings gebe es bei dem Engagement kein "Weiter-So". Es müsse jährlich überprüft werden.

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer formulierte seine Forderung nach einem absehbaren Ende im Bundestag eher vorsichtig. Der Öffentlichkeit müsse klarwerden, "wohin die Reise geht und unter welchen Bedingungen wir den Einsatz eines Tages zu Ende bringen". Wenn die afghanische Polizei und Armee für die eigene Sicherheit sorgen könnten, "dann ist die Zeit für einen militärischen Einsatz der Bundeswehr dort abgelaufen". Als möglichen Zeitrahmen nannte er fünf bis acht Jahre.

In erster Lesung sprachen sich die Bundestagsfraktionen mit Ausnahme der Linken für die Verlängerung aus. Die Linksabgeordnete Monika Knoche forderte eine sofortige Entwicklung einer Exitstrategie. Für die FDP kündigte Werner Hoyer Zustimmung für die Mandats-Verlängerung und die Aufstockung an. Ein "politischer Offenbarungseid" sei allerdings der unter deutscher Federführung zu verantwortende Aufbau der Polizei in Afghanistan. Die Grünen-Abgeordnete Kerstin Müller warnte, ein Sofortabzug bedeute den Ausbruch eines Bürgerkriegs und die Rückkehr der Taliban.

Gegenwärtig sind fast 53 000 Soldaten aus 40 Staaten im Einsatz, darunter 3340 deutsche Soldaten als drittstärkstes Kontingent nach den USA und Großbritannien. (ina)

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