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Politik

Kabinett beschließt Gesetz zur Einwanderung

19. Dezember 2018

Wie kann Deutschland für Nicht-EU-Ausländer mit einer Berufsausbildung attraktiver gemacht werden? Das will die Bundesregierung mit zwei Gesetzentwürfen erreichen, die das Kabinett gebilligt hat.

Ingenieure untersuchen einen Stahlrohr Symbolbild
Ingenieure zählen in Deutschland noch immer zu den "Mangelberufen"Bild: imago/Science Photo Library

Bis zuletzt hatte die große Koalition in Berlin über Details gestritten. Am Dienstag einigten sich Union und SPD nach zähem Ringen endlich auf zwei Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Einwanderung. Jetzt das Bundeskabinett sie abgesegnet. Der Entwurf für das Fachkräfteeinwanderungsgesetz sieht vor, die Hürden für qualifizierte Arbeitskräfte von außerhalb der EU zu senken, damit mehr ausländische Fachkräfte nach Deutschland kommen können. Bisher hatte sich die deutsche Einwanderungspolitik nur auf Fachkräfte mit akademischer Ausbildung konzentriert.

Aus dieser Novelle wurde das Regelwerk für ein sogenanntes Beschäftigungsduldungsgesetz herausgelöst. Damit sollen geduldete Ausländer, die ihren Lebensunterhalt selber sichern und gut integriert sind, einen 30-monatigen Aufenthaltsstatus erhalten. Voraussetzung ist unter anderem, dass sie mindestens 18 Monate in Vollzeit gearbeitet haben.  Die Regelung wird zunächst bis zum 30. Juni 2022 befristet. Beide Gesetze sollen zum 1. Januar 2020 in Kraft treten. Zuvor müssen sie noch durch Bundestag und Bundesrat.

Im nationalen Interesse

Deutschland brauche Fachkräfte aus Drittstaaten, um seinen Wohlstand sichern zu können, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer nach dem Kabinettsbeschluss in Berlin. Es sei höchste Zeit, dafür die rechtliche Grundlage zu schaffen, so der CSU-Politiker. "Nach über 20 Jahren Debatte kriegt Deutschland ein modernes Einwanderungsgesetz", betonte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) ergänzte, das Gesetz sei im nationalen, wirtschaftlichen, sozialen und individuellen Interesse. Dass die Regierung eine jahrzehntelange Debatte über ein Einwanderungsgesetz hinter sich lasse, sei "ein Ausweis für die Handlungsfähigkeit der großen Koalition". 

Zuletzt war insbesondere die Frage strittig, inwieweit geduldete Flüchtlinge für eine berufliche Tätigkeit in Deutschland bleiben können. Hier seien "pragmatische Lösungen" gefunden worden, sagte Heil der "Saarbrücker Zeitung".  Mit dem neuen Gesetz "regeln wir endlich eine gezielte Fachkräfteeinwanderung und schaffen pragmatische Lösungen für geduldete Flüchtlinge, die bereits in Betrieben in Arbeit oder Ausbildung und gut integriert sind", sagte Heil. Es dürften nicht "die Falschen" abgeschoben werden, sagte der SPD-Politiker. "Wichtig ist, dass wir den Menschen, die das Land voranbringen, einen gesicherten Aufenthaltsstatus ermöglichen und es den Unternehmen leichter machen, die Fachkräfte zu bekommen, die sie brauchen".

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil lobt das neue RegelwerkBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

SPD macht Tempo

Die SPD hatte darauf gedrungen, beide Vorhaben noch in diesem Jahr auf den Weg zu bringen. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass die Entwürfe im parlamentarischen Verfahren noch leicht verändert werden. Unionspolitiker hatten die Befürchtung geäußert, die Vorlage schaffe Fehlanreize für eine zusätzliche Zuwanderung nach Deutschland und sei anfällig für Missbrauch. Wichtig ist für die Union auch, dass abgelehnte Asylbewerber, die ihre wahre Herkunft nicht preisgeben wollen, keine Möglichkeit erhalten, sich einen dauerhaften legalen Status zu verschaffen.

Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen begrüßte den Entwurf. Deutschland werde auch zukünftig auf Fachkräftezuwanderung angewiesen sein. Der Referentenentwurf für das geplante Fachkräfteeinwanderungsgesetz setze die in den vergangenen 10 bis 15 Jahren erfolgten rechtlichen Liberalisierungen fort. Auch die beiden Kirchen betonten, der Entwurf sei ein Schritt in die richtige Richtung. Die Symbolkraft des Entwurfs sei nicht zu unterschätzen. Neben dem verbesserten Zugang zum Arbeitsmarkt müssten aber weitere Anreizfaktoren wie die Möglichkeit zum unkomplizierten Familiennachzug geschaffen werden.

DGB befürchtet Lohndumping

Dagegen erklärte der Deutsche Gewerkschaftsbund, wenn die große Koalition nicht nachbessere, bedeute das Gesetz eine verpasste Chance für Integration und Teilhabe. Der bisherige Entwurf könne für Lohndumping und Ausbeutung missbraucht werden.

Bei der Opposition stößt das Vorhaben auf Widerspruch. Der FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel kritisierte: "Erst hat die Bundesregierung monatelang gestritten und jetzt beschließt sie ein Musterbeispiel an Verzettelung im Klein-Klein." Mit Blick auf die Parolen der rechtsgerichteten Partei AfD sagte Vogel: "Gerade angesichts der populistischen Herausforderung wäre eine mutige und strategisch klare politische Führung notwendig." Vogel forderte ein umfassendes Gesetz nach dem Vorbild "erfolgreicher Einwanderungsländer" wie Kanada.

Wirtschaft braucht Fachkräfte 

Die deutsche Wirtschaft klagt seit langer Zeit über einen Mangel an Fachkräften. Aus der Politik war allerdings zuletzt auch zu hören, Unternehmen und Wirtschaftsverbände hätten es versäumt, im Ausland Anlaufstellen und Kontaktmöglichkeiten für qualifizierte Arbeitsmigranten zu schaffen. Dies könne durch ein Gesetz allein nicht aufgefangen werden.

Eine stärkere Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Nicht-EU-Ausland würde Unternehmen bei der Bewältigung des Fachkräftemangels helfen. Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) ist deutlich mehr als die Hälfte der befragten Firmen grundsätzlich offen dafür, Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland einzustellen. Rund zwei Drittel der Unternehmen, die derzeit offene Stellen längerfristig nicht besetzen können, sehen in der Einstellung von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten eine Option, um auf Engpässe zu reagieren. Das geht aus einer Sonderauswertung der aktuellen Konjunkturumfrage des DIHK hervor.

kle/as (dpa, epd, afp, rtr, kna)

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