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Politik

Stark veränderter Armutsbericht beschlossen

12. April 2017

Stagnierende Reallöhne, ungleiche Vermögensverteilung: Nach langwierigen Beratungen und mit zahlreichen Änderungen hat das Bundeskabinett den Entwurf des Armuts- und Reichtumsberichts beschlossen.

Der Hochhauskomplex "Auf dem Kölnberg" in einem äußeren Kölner Stadteil gilt als sozialer Brennpunkt
Der Hochhauskomplex "Auf dem Kölnberg" in einem äußeren Kölner Stadteil gilt als sozialer BrennpunktBild: picture alliance/dpa/R. Vennenbernd

Der wirtschaftliche Aufschwung der vergangenen Jahre ist nach den Worten von Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) nicht bei allen angekommen. "Die unteren 40 Prozent der Beschäftigten haben 2015 real weniger verdient als Mitte der 1990er Jahre", erklärte Nahles in Berlin. Insbesondere im Dienstleistungsbereich seien die Löhne stagniert. Da müsse man sich politisch fragen: "Kann man da nicht noch mehr tun?", sagte Nahles. "Zum Beispiel indem wir versuchen, den Niedriglohnsektor weiter einzudämmen." Dazu gehörten auch ausufernde Befristungen.

Sozialministerin Andrea NahlesBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Zuvor hatte das Kabinett nach einigem Hin und Her den Fünften Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung verabschiedet. "Der Bericht zeigt uns, dass es eine verfestigte Ungleichheit bei den Vermögen gibt. Die reichsten zehn Prozent der Haushalte besitzen mehr als die Hälfte des gesamten Netto-Vermögens. Die untere Hälfte nur ein Prozent", erläuterte die Sozialministerin. Der Großteil hat sein Vermögen geerbt oder durch Schenkungen erhalten, betont der Bericht.

Niedrige Arbeitslosigkeit

Der Bericht, den die Bundesregierung alle vier Jahre erstellt, belegt aus Sicht von Nahles eine insgesamt positive Entwicklung der sozialen Lage in Deutschland. Anhaltendes Wirtschaftswachstum habe zur niedrigsten Arbeitslosigkeit seit der deutschen Einheit beigetragen. Seit Mitte des letzten Jahrzehnts hat sich die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um etwa sechs Millionen erhöht. Seit Einführung des Mindestlohns 2015 schließe sich die soziale Schere wieder ein Stück, so Nahles. Diesen Effekt erhoffe sie sich auch von der Eindämmung von Leiharbeit und Werkverträgen.

Prekär steht es laut dem Bericht um arme Kinder und Alleinerziehende. Nach aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit sind in Deutschland mehr als zwei Millionen Minderjährige auf staatliche Grundsicherung angewiesen.

Die erste Fassung des Berichts war beim Koalitionspartner Union auf Widerstand gestoßen. Insbesondere die darin erstmals enthaltene Befragung von Hochvermögenden und die Analyse zu deren Einfluss auf die Gesellschaft hatten zwischen Nahles und dem Bundeskanzleramt zu Diskussionen geführt. Ursprünglich geplante Passagen hierzu waren aus dem Bericht gestrichen worden, unter anderem die Formulierung, dass politische Veränderungen wahrscheinlicher seien, wenn diese von "einer großen Anzahl von Menschen mit höherem Einkommen unterstützt" würden.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte den Bericht als "Sammelsurium von Konjunktiven" und mahnte dringenden politischen Handlungsbedarf an.

stu/se (afp, dpa)

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