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Politik

Kampf den Windmühlen

25. Juni 2017

Viel Applaus für Martin Schulz und Motivationstrainer Gerhard Schröder auf dem SPD-Parteitag in Dortmund. Was wie Zuversicht aussieht, ist bei näherem Hinsehen aber nur Pfeifen im Wald, meint Sabine Kinkartz.

Bild: Reuters/W. Rattay

Man muss schon hart gesotten sein, um einen solch kometenhaften Aufstieg und ebenso rasanten Absturz, wie Martin Schulz und die SPD hinter sich haben, schadlos zu überstehen. Die Erinnerungen sind noch frisch an den "Gottvater der SPD" und an den "Schulzzug, der ungebremst ins Kanzleramt fährt". Wie besoffen vor Glück schienen die Genossen, als sie Mitte März ihren neuen SPD-Vorsitzenden ohne Gegenstimme ins Amt wählten und zum Kanzlerkandidaten kürten. Um mehr als zehn Prozentpunkte war die SPD in den Umfragewerten nach oben geschossen, hatte CDU und CSU glatt hinter sich gelassen. Wer wollte da noch daran zweifeln, dass der nächste Bundeskanzler Martin Schulz heißen würde.

Doch der Hype war genauso schnell vorbei, wie er aufgezogen war. Einer Seifenblase gleich platzte der Traum vom sicheren Sieg und verkehrte sich ins Gegenteil. Drei Monate vor der Bundestagswahl steht die SPD beinahe so schlecht da, wie vor Schulz' Nominierung im Januar dieses Jahres. Wenn Alt-Kanzler Gerhard Schröder sagt, dass die einen oder anderen in der SPD enttäuscht den Kopf hängen lassen, dann ist das noch heillos untertrieben. Die Stimmung auf dem Bundesparteitag in Dortmund war jedenfalls eine ganz andere als im März in Berlin.

Alles nur Fassade

Ja, es gab viel Applaus, viel Beifall für Martin Schulz und auch für Gerhard Schröder. Aber es lag kein Aufbruch in der Luft, sondern Ernüchterung. Schwarzbrot statt Kuchen. Ja, alle werden sicherlich ihr Bestes tun, um im Wahlkampf möglichst viele Wähler von den sozialdemokratischen Ideen zu überzeugen. Das Wahlprogramm lässt nur wenige Wünsche offen. Es gibt viel, was die SPD nach der Wahl anders machen würde als bisher.

DW-Korrespondentin Sabine Kinkartz

Doch interessiert das die Wähler überhaupt? Seit Jahren zieht Angela Merkel ihre Wahlkämpfe nach dem gleichen Muster durch. Kaum Inhalte und wenn ja, dann bleibt vieles vage. Die SPD hält mit programmatischen Ideen dagegen und kommt doch nicht gegen die Union an. Es ist der sprichwörtliche Kampf gegen Windmühlen. Wenn Martin Schulz das thematisiert, dann wirkt es manchmal so, als stampfe er innerlich mit dem Fuß auf. Wie ein Kind, das sich ungerecht behandelt fühlt und doch nichts dagegen unternehmen kann.

Die ewige Kanzlerin

Warum sollte sich daran jetzt etwas ändern? Angela Merkel scheint derzeit unantastbarer als je zuvor. International sind die Zeiten unsicher und stürmisch, da neigt niemand dazu, den Steuermann oder besser die Steuerfrau zu wechseln. Zumal Angela Merkel international schon als "letzte Führerin der freien Welt" angesehen wird. Innenpolitisch gibt es viele latente, aber keine richtig drängenden Probleme. Den meisten Deutschen geht es gut. Auch kein Grund, die Führung zu wechseln.

Zuversicht und neuer Mut sollte vom Bundesparteitag in Dortmund ausgehen. Motivation für die verbleibenden Wochen bis zur Bundestagswahl. Doch die Zukunft schimmert für die SPD alles andere als rosa. Und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass viele in der Partei nur pfeifen, um im dunklen Wald keine Angst zu haben.

 

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