Cloud Seeding, auch Wolkenimpfen genannt, kann tatsächlich Niederschlag auslösen. Die Voraussetzung: Es gibt Wolken. Die Technik ist umstritten - nicht nur, weil sie in der Vergangenheit missbraucht wurde.
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In vielen Teilen der Nordhalbkugel neigt sich ein extrem trockener und heißer Sommer mit ungewöhnlich vielen Waldbränden dem Ende entgegen. Vielerorts herrscht weiterhin Wasserknappheit; Ernteausfälle sind kaum noch abzuwenden. Ergiebigen Regen hat es in vielen Regionen seit Monaten nicht gegeben. Wo könnte also mehr Wasser herkommen? Ein Vorschlag: das sogenannte Cloud Seeding, auf Deutsch "Wolkenimpfen". Doch das Verfahren, das Wolken zum Abregnen bringt, ist umstritten.
China würde es gerne regnen lassen
In China wurden Regionalregierungen aufgerufen, es in bestimmten Landesteilen regnen zu lassen. In der Provinz Sezuan übersteigen die Temperaturen seit zwei Monaten regelmäßig 40 Grad Celsius; es ist die längste Hitzeperiode, die in China je dokumentiert wurde. Der Pegel des Jangtse, Asiens längster und Chinas wasserreichster Fluss, ist an manchen Stellen so niedrig wie zuletzt vor eineinhalb Jahrhunderten. Nicht nur Feldfrüchte und Vieh, auch Menschen in ländlichen Gebieten sind durch die Wasserknappheit bedroht.
Damit man es regnen lassen kann, benötigt man allerdings erst einmal Wolken. Doch selbst die sind in den Regionen Chinas, die am dringendsten Regen brauchen, nicht ausreichend anzutreffen. Und Wolken können Menschen - bisher zumindest - nicht erschaffen.
Wie kann man Wolken zum Regnen bringen?
Die Wolkenbildung beginnt damit, dass sich Wasserdampfmoleküle in der Atmosphäre abkühlen und daraus stabile Wassertröpfchen oder -kristalle entstehen. Erst wenn eine bestimmte Menge Wassermoleküle daran haften bleibt, verbinden sich die Tropfen zu Wolken.
Wenn dann weiterhin Wasser an den Tropfen kondensiert, und zwar mehr als wieder verdunstet, werden sie früher oder später so groß und schwer, dass sie herabfallen. Ob sie als Regen, Schnee, Hagel oder in einer anderen Form auf der Erde ankommen, hängt von der Lufttemperatur und anderen Faktoren ab.
Können wir Wolken manipulieren?
08:16
Beim Cloud Seeding werden Wolken mit bestimmten Partikeln, meist mit Salzen wie etwa Silberiodid, "geimpft". Diese beschleunigen das Kondensieren des Wasserdampfes, der dann als Niederschlag zu Boden fällt. Die Wolkenimpfung kann von Flugzeugen, Drohnen oder auch vom Boden aus erfolgen.
Wie wird Cloud Seeding eingesetzt?
Die Idee, es absichtlich regnen zu lassen, ist keineswegs neu. Die ersten Versuche, führten Forscher im General Electric Research Laboratory in den 1940er Jahren durch. Das US-Militär setzte Cloud Seeding im Vietnamkieg ein, um nach dem Monsunregen die Böden weiter aufzuweichen und so den Nachschub der gegnerischen Vietcong zu behindern.
Die sowjetische Luftwaffe impfte Wolken, die kurz nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl gen Norden auf Moskau zuzogen. Die Regimeführung wertete die Aktion als Erfolg, da der radioaktive Regen nicht - wie befürchtet - über russischen Millionenstädten, sondern ländlichen Gegenden der belarussischen Sowjetrepublik mit einigen hunderttausend Einwohnern niedergingen.
Extremwetter: Stresstest für den Tourismus
Temperaturen über 40 Grad, Waldbrände, ausgetrocknete Flüsse, Wasserknappheit. Die Folgen des Klimawandels waren für den Tourismus in Europas Ferienregionen in diesem Sommer eine Herausforderung.
Bild: Beata Zawrzel/NurPhoto/picture alliance
Spanien verbrennt
In Spanien grassierten m Sommer die schlimmsten Waldbrände seit Beginn der Aufzeichnungen. Ob Valencia, Alicante, Murcia - die Löschtrupps sind im Dauereinsatz. Tausende Bewohner - auch Touristen - mussten evakuiert werden. Besonders betroffen waren die die Touristenregionen Andalusien im Süden sowie Katalonien und Aragon im Nordosten.
Bild: Europa Press/picture alliance
Frankreich in Flammen
Auch in Frankreich erreichte die Trockenheit 2022 historische Ausmaße. Mehrmals brannte es an der bei Touristen beliebten Atlantikküste, im Département Gironde. Campingplätze standen in Flammen, tausende Touristen wurden in Sicherheit gebracht, Autobahnen waren gesperrt. Auch der tausendjährige Wald an der berühmten Dune du Pilat bei Arcachon wurde Opfer der Flammen.
Bild: Sophie Garcia/AP Photo/picture alliance
Portugal braucht Wasser
Die Algarve ist ein Touristenhotspot in Portugal. Gefüllte Hotel-Pools, Duschen ohne Limit - der Tourismus verbraucht lebenswichtiges Wasser. In diesem Sommer wurde das zum Dilemma, denn im ganzen Land herrschte extreme Trockenheit und damit Wasserknappheit. Die Hotels in der Algarve sollten ihren Verbrauch reduzieren. Wie genau, blieb offen. Und so wurde erst einmal weiter geplantscht.
Bild: Pedro Fiuza/ Xinhua News Agency/picture alliance
Österreich: Erfrischungen für alle
Touristen in Wien genießen die Erfrischung aus einem Sprühnebel-Schlauch bei über 39 Grad. Eine der grünsten Großstädte Europas war gleichzeitig ein Hotspot des Klimawandels, denn die Hitze staut sich in Wien überproportional. Die Stadt rief deshalb einen Hitzeaktionsplan ins Leben - dazu gehören neben Nebelduschen auch "Cooling Zones", Trinkbrunnen und noch mehr Bäume.
Bild: Georg Hochmuth/APA/picture alliance
Griechenland: Tödliches Inferno
Ob auf dem Festland oder auf den Inseln, nahe Athen oder auf den Ferieninseln Kreta oder Lesbos (Foto) - Dramen spielten sich ab: Auf Lesbos fraß sich Ende Juli das Feuer zum Badeort Vatera vor, die Menschen suchten Zuflucht am Strand und wurden von der Küstenwache gerettet. Die Brandgefahr blieb landesweit über Wochen akut.
Bild: Eurokinissi/ZUMA Wire/picture alliance
Kroatien: Touri-Spaß trotz Rekordtemperaturen
Gebucht ist gebucht und wird auch gemacht: zum Beispiel eine Stadtführung durch Dubrovnik. Dass die bei 43 Grad ungemütlich werden kann, egal. Überall in Europas Ferienregionen wurde versucht, die Touristen bei Laune zu halten und diese gaben ihrerseits alles, um das Extremwetter und seine Folgen nach Kräften zu ignorieren. Sie machten weiter Urlaub.
Bild: Grgo Jelavic/Pixsell/picture alliance
Niederlande: Wasserprobleme allerorten
In Amsterdam flüchteten die Menschen vor der Hitze ans Meer - oder in die Amstel. Aber auch in den Niederlanden machte den Flüssen die Trockenheit zu schaffen, die Pegel fielen überall und salziges Meerwasser drang in die Wasserläufe vor. Die noch größere Sorge waren jedoch die Deiche, die 60 % der Landfläche vor Überflutung schützen. Sie drohten wegen der Trockenheit instabil zu werden.
Bild: Ramon van Flymen/ANP/picture alliance
Italien trocknet aus
Das Extremwetter verformt Landschaften. Ein krasses Beispiel ist der Gardasee in Norditalien, einer der beliebtesten Touristenhotspots im Land. Er verzeichnete den tiefsten Wasserstand seit 15 Jahren. Nackter Fels trat um die Halbinsel Sirmione zu Tage, Touristen erkannten ihre Lieblingsstrände nicht wieder, ganze Badebuchten verschwanden.
Bild: Antonio Calanni/AP/picture alliance
Schweiz: Gletscher-Tod durch Rekordschmelze
Mit Tüchern wurde das Eis vom letzten Winter geschützt. Dennoch, erstmals seit 2000 Jahren präsentierte sich der Col de Zanfleuron, der zum Skigebiet Glacier 3000 gehört, nahezu eisfrei. Glaziologen rechnen damit, dass bald nur noch nackter Fels übrig sein wird. Noch 2012 war das Eis hier 15 Meter dick. Aus dem Schmelzwasser wird ein See entstehen - so auch andernorts in den Alpen.
Das soll London sein? Die Parks waren staubtrocken und gelb anstatt grün. In den Londoner Parks, den Oasen der Metropole, sah man kaum Menschen. Zu heiß. Die Temperaturen knackten schon im Juli die 40 Grad Marke. Der Wetternotstand wurde ausgerufen, in weiten Teilen des Landes folgte im August der Dürre-Notstand: keinen Swimmingpool füllen, keinen Rasen sprengen, kein Auto waschen.
Bild: Dominic Lipinski/PA wire/picture alliance
Deutschland: Wenn der Rhein leidet
Das Mittelrheintal im August, UNESCO-Weltkulturerbe, Besuchermagnet. Der Rhein wurde immer schmaler, sein Pegel sank abschnittsweise auf unter 40 cm. Frachter fuhren nur noch mit reduzierter Ladung, Fahrgastschiffe konnten nicht mehr alle Orte ansteuern, Fähren stellten ihren Betrieb ein. Anwohner und Urlauber mussten teils große Umwege in Kauf nehmen. Flussreisen mussten teils storniert werden.
Bild: Sascha Ditscher/IMAGO
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China löste auf diese Weise vor den Olympischen Spielen 2008 Wolken auf, damit es während der Veranstaltung selbst trocken blieb. Die russische Regierung soll 86 Millionen Rubel (rund 1,4 Millionen Euro) für Cloud Seeding ausgegeben haben, damit zum Maifeiertag 2016 in Moskau gutes Wetter herrschte. Und so kam es dann auch.
Tatsächlich wurde die Methode aber auch bereits angewandt, um das Ausbleiben natürlichen Niederschlags auszugleichen. Größere Wolkenimpfungen gab es in den vergangenen Jahren beispielsweise in den Bundesstaaten Idaho und Wyoming. Unter anderem ließ es Idaho Power im Winter schneien, damit seine Wasserkraftwerke später aus dem Schmelzwasser Strom erzeugen konnten.
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Was spricht gegen Cloud Seeding?
Doch das Cloud Seeding ist umstritten. Ein Grund: "Der Niederschlag, den man über einer Region fallen lässt, könnte in einer anderen fehlen", sagt David Keith, Professor für Angewandte Physik an der Universität Harvard: "Man bestielt Peter, um Paul zu bezahlen. So hat man unweigerlich Gewinner und Verlierer."
Der spanische Meteorologe José Miguel Viñas warnt, der Versuch, das Wetter zu kontrollieren, könne nach hinten losgehen und noch größere Probleme schaffen, als sie Extremwetter ohnehin mit sich bringt. Es könne auch den Fokus von anderen, besser erprobten Maßnahmen ablenken: "Wenn wir, gerade im Kontext der Erderwärmung, die Folgen von Dürren und Stürmen reduzieren wollen, sollten uns besser an die Gefahren anpassen und uns davor schützen."