Weltweit gehen fruchtbare Böden verloren, Steppen und Wüsten breiten sich aus. Rund 1,5 Milliarden Menschen leiden darunter. Dabei gibt es zahlreiche Lösungen für eine Trendwende - auch bei unserem alltäglichen Einkauf.
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Was hat mein Einkaufsverhalten mit dem Verlust von fruchtbaren Böden, Wüstenbildung, Flüchtlingen und dem Klimawandel zu tun? "Nichts - oder so gut wie nichts", werden viele Menschen sagen, "viel und mehr als man denkt", sagen hingegen Experten und zeigen die Zusammenhänge im ersten UN-Weltbodenreport auf.
Der sogenannte Global Land Outlook wurde vom UN-Sekretariat für Wüstenbildung (UNCCD) in Zusammenarbeit mit anderen wie der Welternährungsorganisation (FAO), Weltbank, UN-Entwicklungsprogramm (UNPD), EU und zahlreichen Forschungseinrichtungen erstellt und gibt einen umfangreichen Überblick über Zusammenhänge und daraus wachsende Konflikte in der Welt.
"Da die Versorgung mit gesunden und produktiven Böden knapp wird und die Bevölkerung wächst, verschärft sich der Wettbewerb um Land weltweit", sagt UNCCD-Exekutivsekretärin Monique Barbut. "Bodendegradation und Dürre sind globale Herausforderungen und eng mit den meisten - wenn nicht sogar allen - Aspekten der menschlichen Sicherheit und des menschlichen Wohlergehens verbunden, insbesondere Nahrungsmittelsicherheit, Beschäftigung und Migration", so Barbut.
Verbraucher in wohlhabenden Ländern kaufen zum Beispiel Früchte, die klimaschädlich eingeflogen und zudem in anderen Ländern billiger produziert werden. Laut Analysen im Weltbodenbericht konsumieren zum Beispiel die Bürger von London rund 80 Prozent ihrer Lebensmittel, die aus anderen Ländern importiert worden sind. Einen ähnlichen Fußabdruck haben die Forscher bei den Niederländern gefunden, die zur Deckung ihrer Nahrungsbedürfnisse eine Landfläche im Ausland benötigen, die viermal größer ist als das eigene Land.
Jeder kann etwas tun
Mit der Entscheidung für ein nachhaltiges oder ein nicht-nachhaltiges Produkt und einen bestimmten Lebensstil habe jeder Verbraucher eine Macht und könne dazu beitragen, Entwaldung, Bodenerosion und Umweltverschmutzung zu beenden, so Barbut. Um Veränderungen für einen entsprechenden Lebensstil zu finden, brauche es die nötigen Informationen, woher die Waren kommen und wie der Zusammenhang dieser Produkte mit Wasserverschmutzung, der Abholzung von Wäldern und der Bodenverschlechterung ist.
Hilfreich seien hier auch Smartphone-Apps. "So wird es einfacher, zu verfolgen, woher unsere Waren kommen", sagt Barbut.
Stopp von Bodenerosion würde sich auszahlen
Laut UNCCD sind weltweit inzwischen 30 Prozent aller Böden degradiert. Die damit verbundenen Probleme wie Hunger, Armut und Flucht werden zu einer zunehmenden globalen Gefahr und führen zu enormen Schäden: "Bis 2050 wird durch Bodendegradation die Weltwirtschaft 23.000 Milliarden Dollar verlieren", warnt UNCCD. Würde die Weltgemeinschaft jedoch "sofort handeln und diese alarmierenden Trends stoppen, würde dies 4600 Milliarden Dollar kosten und nur ein Bruchteil der vorhergesagten Verluste", so das Ergebnis des aktuellen Degradationsreport von UNCCD.
Um die Gefahren durch Bodendegradation einzudämmen, verfolgt das UN-Sekretariat zur Bekämpfung der Wüstenbildung drei Ziele: Zum einen will es Regierungen und Entscheidungsträgern gezielte Informationen zum fortschreitenden Bodenverlust geben und darüber hinaus ihnen mit verschiedenen Maßnahmen helfen, die Böden wieder in gute Zustände zu überführen. Außerdem will UNCCD Länder, Gruppen und Einzelpersonen auf der ganzen Welt ermutigen, sich gegen die Übernutzung von Böden und für Bodenverbesserungen einzusetzen. "Gesundes Land ist das wichtigste Gut, das Lebensgrundlagen rund um den Globus unterstützt - von Nahrungsmitteln über Arbeitsplätze bis zu angemessenen Einkommen", sagt Juan Carlos Mendoza von UNCCD.
"Jeder Cent, die ein Konsument ausgibt, bestimmt, wohin Investitionen des Privatsektors und der Regierungen gehen", betont Barbut zum aktuellen Welttag der Wüstenbildung. "Lasst uns nicht unterschätzen, wie unsere kleinen, individuellen Entscheidungen die Welt verändern", lautet ihr Appell.
Massentierhaltung - geht es ohne?
"Rezepte für eine bessere Tierhaltung" will der neue Fleischatlas liefern. Herausgegeben wird er von der Umweltorganisation BUND, der parteinahen Böll-Stiftung der Grünen und der Zeitung "Le Monde diplomatique".
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Globale Massentierhaltung
Die Weltbevölkerung wächst schnell, der Fleischkonsum noch schneller. Allein in China dürfte der Fleischverzehr von jetzt im Durchschnitt 63 Kilogramm pro Person bis 2030 um weitere 30 Kilo steigen. Massentierhaltung bringt immer mehr und immer billigeres Fleisch auf dem Markt. Der Preis: Wälder werden abgeholzt, um für Futterpflanzen Platz zu machen - mit Folgen für Klima und Artenvielfalt.
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Weniger Fleisch essen
Deutsche Verbraucher müssten ihren Fleischkonsum halbieren um eine gesunde Ernährung aus einer Tier- und Umweltfreundlichen Landwirtschaft zu beziehen. Kleinere Fleischportionen in Kantinen, Restaurants und Fertiggerichten könnten Signalwirkung haben. Auch ein CO2-Label für Fleisch könnte ein Umdenken fördern, ebenso wie eine "Tierschutzabgabe" zur Förderung artgerechter Tierhaltung.
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Gülle-Einsatz eindämmen
208 Millionen Kubikmeter Gülle und Jauche aus Massentierhaltung im In- und Ausland wurden 2017 auf deutschen Äckern und Weiden als Dünger verteilt. Die Folge: Die Nitrat-Konzentration im Grundwasser überschreitet den EU-Grenzwert zum Teil um das achtfache. Letztendlich zahlen die Verbraucher die höheren Kosten für die Trinkwasseraufbereitung. Nitrat reichert sich auch in Obst und Gemüse an.
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Mehr Weide statt Stall
"Flächenbindung" ist ein altes Konzept. Als Grundregel soll ein Betrieb nur so viele Tiere halten, wie die eigene Anbauflächen ernähren können. Die Ausscheidungen der Tiere können dann ohne Umweltschäden im landwirtschaftlichen Kreislauf als Dünger verwendet werden. Die Böden der Weideflächen dienen zudem als CO2-Speicher.
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Label für gute Tierhaltung
Verbraucher sollten wissen, woher ihr Fleisch kommt. Im aktuellen Fleischatlas fordern die Autoren eine Kennzeichnung über die Art der Tierhaltung mit Angaben über Futtermittel, Platzangebot und Haltung. Die Idee eines Tierschutzlabels könnte allerdings an fehlenden EU-Standards und Regelungen der Welthandelsorganisation (WTO) scheitern.
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Alles verwerten
Zwischen 40 und 55 Prozent eines geschlachteten Tieres gelten als "minderwertig" und finden in Deutschland keinen Platz in der Fleischtheke. Ein Teil wird exportiert, was wiederum Probleme auf den lokalen Märkten mit sich bringt. In Deutschland entdecken immer mehr Sterneköche Innereien wie Leber, Nieren oder Hirn neu. Das Ziel: Das ganze Tier direkt zu verwerten, ohne Abfall.
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Kombihaltung
Photovoltaik-Anlagen als Schafweide, Streuobstwiesen für Gänsemast und in der Obstplantage Hühner, die Schädlinge fressen und nebenbei die Wiese düngen und dazu noch Eier legen. Eine Win-Win-Situation: Für den Landwirt bedeutet die Kombihaltung ein extra Einkommen, für die Tiere ein artgerechteres Leben.
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Die Alleskönner
Das Fleisch von Turbo-Milchkühen und industriellen Legehennen lässt sich nicht verkaufen, männlicher Nachwuchs ist deshalb unrentabel. Es gibt aber Tierrassen, die sowohl Fleisch als auch Milch bzw. Eier produzieren. Viele Öko-Landwirte haben alte Nutztierrassen neu entdeckt – und bekommen einen guten Preis für Milch, Eier und Fleisch aus tierschutzgerechter Aufzucht.
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Viele Regeln, wenig Kontrolle
Die Haltung von Nutztieren ist durch EU-Vorschriften und das deutsche Tierschutzgesetz geregelt. Tiere müssen verhaltensgerecht und ohne Schmerzen und Leid gehalten werden. Eine Studie enthüllte jedoch, dass mehr als die Hälfte aller Tiere krank sind. Tierschützer fordern höhere Strafen, mehr staatliche Kontrollen und wollen ein Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände einführen.
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Preiskampf im Einzelhandel
Fünf Supermarktketten kontrollieren fast drei Viertel des Lebensmittelangebots in Deutschland. Oft diktiert der Einzelhandel die Preise und lockt mit Billigfleisch als Angebot der Woche. Stattdessen könnten die Marktführer ihre Marktmacht nutzen, um Tierschutz und artgerechte Tierhaltung zu fördern, so der Fleischatlas. Etwa mit unabhängig kontrollierten Kennzeichnungen für die Verbraucher.
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EU-Förderung ändern
In Deutschland gehen jährlich rund fünf Milliarden Euro an EU-Zuschüssen vor allem an Großbetriebe, weil die Förderung pro Hektar bezahlt wird. Die Autoren des Fleischatlases fordern eine Umschichtung der EU-Agrarhilfe auf kleinere und mittelgroße Betreibe und mehr Geld für Betriebe, die ihre Tiere art- und umweltgerecht halten.