Kampf um die Zukunft: Côte d'Ivoire vor entscheidender Wahl
25. Oktober 2025
Die Präsidentschaftswahl in dem westafrikanischen Land findet nach einem Jahrzehnt relativer Stabilität statt. 2010 und 2011 noch kamen bei einer Krise nach den Wahlen Tausende Menschen ums Leben und das Land wurde gespalten. Seitdem erlebt die Elfenbeinküste ein starkes Wirtschaftswachstum. Politische Spannungen bleiben dennoch bestehen.
Die Wahl erfolgt im Zwei-Runden-System: Erhält kein Kandidat oder keine Kandidatin bei der Abstimmung am 25. Oktober über 50 Prozent der Stimmen, folgt eine Stichwahl. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre - die Wahl ist also entscheidend für die politische Ausrichtung des Landes bis zum Ende des Jahrzehnts.
Ouattaras vierte Amtszeit
Präsident Alassane Ouattara, 83 Jahre alt und ehemaliger Ökonom am Internationalen Währungsfonds, kandidiert zum vierten Mal. Zwar sieht die Verfassung nur zwei Amtszeiten vor. Doch Ouattara und seine Anhänger argumentieren, nach einer Verfassungsänderung 2016 habe die Zählung seiner Amtszeiten neu begonnen.
Unter Ouattaras Führung wurde die Elfenbeinküste, welche offiziell Côte d'Ivoire heißt, zu einer der am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften Afrikas, gestützt durch massive Investitionen in die Infrastruktur. Die Weltbank berichtet: "Seit über einem Jahrzehnt verzeichnet die Elfenbeinküste eine der höchsten Wachstumsraten in Subsahara-Afrika." Zwischen 2012 und 2019 wuchs das reale Bruttoinlandsprodukt durchschnittlich um 8,2 Prozent, selbst während der COVID-19-Pandemie hielt das Wachstum an.
Ein Beispiel für die Wirkung staatlicher Investitionen ist die Agrarregion um Daloa, etwa 140 Kilometer westlich von der Hauptstadt Yamoussoukro. Dort fehlten bislang Industriegebiete. Das Regierungsprogramm PRICI zum Aufbau von Infrastruktur verspricht bessere Straßen, Wasser- und Sanitärversorgung sowie öffentliche Gebäude. Danielle Zahui aus Daloa sagte der DW: "Wir sind zahlreich gekommen, um dem Präsidenten für das zu danken, was er für Daloa getan hat."
Doch es gibt weiterhin Probleme: Nur 25 Prozent der Nebenstraßen sind asphaltiert. Die 191 Kilometer lange Strecke zwischen Daloa, Vavoua, Séguéla und Kani ist in schlechtem Zustand. "Die Straße ist furchtbar", sagt Schneider Yaya Sanogo. "Selbst die Fortbewegung ist ein Problem. Wir können unsere Besorgungen nicht normal erledigen."
Ouattara versprach eine Autobahn zwischen Daloa und Yamoussoukro. Anfang Oktober sagte er während des Wahlkampfs: "Wir gehen voller Energie in den Zeitraum 2025 bis 2030. Das Wachstum wird sich fortsetzen, und wir werden mehr Infrastruktur, Produktion und bessere Lebensbedingungen schaffen."
Opposition unter Druck
Ouattaras erneute Kandidatur für die RHDP-Partei hat die Debatte über Amtszeitbegrenzungen und demokratische Legitimität neu entfacht. Mehrere prominente Oppositionspolitiker wurden von der Wahl ausgeschlossen: Ex-Präsident Laurent Gbagbo, die ehemaligen Premierminister Guillaume Soro und Pascal Affi N'Guessan (FPI), Jugendführer Charles Blé Goudé sowie der frühere Geschäftsführer der Bankengruppe Credit Suisse, Tidjane Thiam.
Thiam, Vorsitzender der Partei PDCI-RDA, galt als stärkster Herausforderer Ouattaras. Er wurde wegen seiner doppelten Staatsbürgerschaft (Frankreich und Elfenbeinküste) disqualifiziert und aus dem Wahlregister gestrichen, da er seine französische Staatsbürgerschaft zu spät aufgab. Er bezeichnete die Wahl als "Krönung" und warf der Regierung vor, die Demokratie aufzugeben.
Frauen treten in den Vordergrund
Bleiben vier Gegenkandidatinnen und -kandidaten für Ouattara. Simone Ehivet Gbagbo (MGC), ehemalige First Lady und erfahrene Politikerin, setzt auf Dezentralisierung, Bildung und Sozialreformen. "Auch heute noch geht der Kampf für Demokratie weiter", sagte Gbagbo der DW.
Henriette Lagou Adjoua, frühere Ministerin für Frauenangelegenheiten, verspricht besseren rechtlichen Schutz und das 30-Prozent-Quotengesetzes zur Förderung der politischen Teilhabe von Frauen vollständig umzusetzen. "Frauen werden marginalisiert", sagte sie. "Wenn ich gewinne, wird die Gleichstellung der Geschlechter durchgesetzt werden."
Unabhängige Stimmen
Jean-Louis Billon, Unternehmer und Ex-Minister, setzt auf wirtschaftliche Modernisierung, weniger Arbeitslosigkeit und Wachstum im privaten Sektor. "Die Ivorer wollen Veränderung", sagte er der DW. "Lasst uns den Mut zur Veränderung haben. Lasst uns wählen gehen. Wir alle."
Angesichts der Tatsache, dass laut UN-Bevölkerungsfonds über 60 Prozent der Bevölkerung unter 25 Jahre alt sind, bleibt die Schaffung von Arbeitsplätzen ein zentrales Anliegen.
Ahoua Don Mello, Vizepräsident der PPA-CI, kandidiert stellvertretend für den ausgeschlossenen Ex-Präsidenten Laurent Gbagbo. Er fordert demokratische Reformen, wirtschaftliche Souveränität und panafrikanische Integration. "Wir brauchen ein Amnestiegesetz, um politische Gefangene freizulassen und die Rechte ausgeschlossener Kandidaten wiederherzustellen", sagte er der DW.
Die Gewinnchancen stehen für diese weniger bekannten Herausforderer gering, die Ouattara-Regierung sieht sie nicht als Gefahr.
Sicherheit und Desinformation
Die instabile Lage in den Nachbarländern Burkina Faso, Maliund Guinea macht Sicherheit zu einem weiteren zentralen Thema. Die Regierung startete die "Operation Hope" mit 44.000 Sicherheitskräften und einem verbot Proteste, um Unruhen zu verhindern. Kritiker sagen, dies schränke die Opposition und die öffentliche Debatte ein. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte das pauschale Verbot friedlicher Demonstrationen als Verstoß gegen bürgerliche Freiheiten und demokratische Standards.
Gleichzeitig reagierte die Regierung auf Desinformationskampagnen aus den Sahel-Ländern mit Plakaten wie "Fake News spalten, Wahrheit verbindet".Die nationale Cybersicherheitsbehörde ANSSI beschuldigte im August Accounts mit Zehntausenden Followern aus diesen Ländern, nach dem Ausschluss von Thiam und anderen versucht zu haben, "Unruhen anzuzetteln".
Die westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS hat Langzeitbeobachter entsandt, um den Wahlprozess zu überwachen und Konflikte zu verhindern. Inmitten von Staatsstreichen und umstrittenen Wahlen in der Region ist diese Wahl ein Prüfstein für die demokratische Widerstandsfähigkeit der Elfenbeinküste.
Mitarbeit: Julien Adayé
Dieser Text wurde erstmals am 23. Oktober 2025 publiziert. Er erschien zuerst auf Englisch.