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PolitikKanada

Kanada und Indien im Clinch wegen Todes von Sikh-Separatist

19. September 2023

Hardeep Singh Nijjar, der Befürworter eines unabhängigen Sikh-Staates, war im Juni tot in Kanada aufgefunden worden. Ottawa spricht von Mord und sieht nun klare Verbindungen zur indischen Regierung. Neu Delhi ist empört.

Protest gegen Indien am 24. Juni in Vancouver unmittelbar nach dem Tod des Sikh-Separatisten Hardeep Singh Nijjar
Protest gegen Indien am 24. Juni in Vancouver unmittelbar nach dem Tod des Sikh-Separatisten Hardeep Singh NijjarBild: Ethan Cairns/The Canadian Press/AP/picture alliance

Kanada hat Indien vorgeworfen, für die Ermordung eines Sikh-Separatisten auf kanadischem Boden verantwortlich zu sein. Es lägen "glaubwürdige Hinweise" auf eine "mögliche Verbindung zwischen indischen Regierungsvertretern und dem Mord an dem kanadischen Staatsbürger Hardeep Singh Nijjar" vor, sagte Regierungschef Justin Trudeau am Montag (Ortszeit) vor dem Parlament in Ottawa. Der 45 Jahre alte Nijjar war im Juni erschossen auf dem Parkplatz eines Tempels in der kanadischen Provinz British Columbia gefunden worden. Er hatte sich für die Errichtung eines unabhängigen Sikh-Staates in Indien eingesetzt.

Indischen Diplomaten ausgewiesen 

Die kanadische Regierung wies zudem einen indischen Diplomaten aus, der dem Außenministerium in Ottawa zufolge einer Verbindung mit dem Mordanschlag verdächtigt wird. Dass der Vertreter einer ausländischen Regierung in den Mord an einem kanadischen Staatsbürger auf kanadischem Boden verwickelt sein könnte, sei "völlig inakzeptabel", erklärte Ressortchefin Melanie Joly.

Shakehands trotz politischer Spannungen: die Regierungschefs von Kanada und Indien, Justin Trudeau und Narendra Modi, beim G20-Gipfel am 10. September in Neu DelhiBild: AFP

Trudeau sagte vor dem Parlament weiter, im Raum stehe eine "nicht hinnehmbare Verletzung unserer Souveränität". Er forderte die indische Regierung "mit allem Nachdruck" auf, bei der Klärung der Vorwürfe zu kooperieren. Bereits nach der Ermordung Nijjars hatten sich die Beziehungen zwischen Ottawa und Neu Delhi erheblich eingetrübt. Kanada hatte in diesem Zusammenhang auch Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Indien auf Eis gelegt.

Kanadischer Diplomat muss gehen

Die Regierung in Neu Delhi wies die Anschuldigungen der kanadischen Regierung als "absurd" zurück.  Indien sei "ein demokratisches Gemeinwesen mit einer starken Verpflichtung zur Rechtsstaatlichkeit", erklärte das Außenministerium. Zugleich wurde Kanada vorgeworfen, die Augen vor den Aktivitäten radikaler Sikh-Nationalisten zu verschließen. "Die Untätigkeit der kanadischen Regierung in dieser Angelegenheit ist seit langem ein Grund zur Sorge", hieß es weiter. Ottawa müsse "unverzüglich und wirksam gegen alle anti-indischen Elemente vorgehen, die von ihrem Boden aus operieren." Inzwischen wies Neu Delhi seinerseits einen kanadischen Diplomaten aus. Er muss Indien innerhalb von fünf Tagen verlassen.   

Nijjar gehörte der sogenannten Khalistan-Bewegung an. Der indische Premierminister Narendra Modi hatte sich zuletzt am Rande des G20-Gipfels in Neu Delhi ohne direkte Nennung ablehnend über die Bewegung geäußert. Diese fördere Sezessionismus und stachele zu Gewalt gegen indische Diplomaten an, sagte Modi nach Angaben seines Büros.

Kundgebung von kanadischen Unterstützern der Khalistan-Bewegung in der Großstadt Mississauga in der Provinz Ontario (Archivbild) Bild: Creative Touch/NurPhoto/picture alliance

In Kanada lebt die weltweit größte Sikh-Gemeinschaft außerhalb des nordindischen Bundesstaats Punjab. Punjab, wo etwa 58 Prozent Sikhs und 39 Prozent Hindus leben, wurde in den 1980er- und 1990er-Jahren von einer gewaltsamen Unabhängigkeitsbewegung erschüttert. Tausende Menschen wurden getötet. Heute leben die lautstärksten Separatisten in der indischen Diaspora.

sti/pg (afp, dpa, rtr)