Kanadas Finanzminister Morneau tritt zurück
18. August 2020Angesichts der "nächsten Phase" im Kampf gegen die Corona-Pandemie und der wirtschaftlichen Erholung, die "viele Jahre" dauern werde, sei es "Zeit für einen neuen Finanzminister", sagte Bill Morneau bei einer Pressekonferenz. "Darum trete ich als Finanzminister und als Mitglied des Parlaments zurück."
Mehrere kanadische Medien hatten in der vergangenen Woche von tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Morneau und Premierminister Justin Trudeau berichtet. Dabei soll es vor allem um die Frage gegangen sein, wie die von der Corona-Pandemie angeschlagene kanadische Wirtschaft wieder angekurbelt werden könnte. Das Haushaltsdefizit lag in Kanada zuletzt bei mehr als 340 Milliarden kanadischen Dollar (rund 216 Milliarden Euro).
Untersuchungen wegen umstrittener Beauftragung
Darüber hinaus steht Morneau wegen eines Skandals rund um eine Wohltätigkeitsorganisation unter Druck; Kanadas Ethik-Kommission weitete vergangenen Monat ihre Untersuchungen in dem Fall auf Morneau aus. Konkret geht es um ein Regierungsprogramm von 900 Millionen kanadischen Dollar, mit dessen Umsetzung Trudeaus Regierung Ende Juni die Organisation WE Charity beauftragt hatte. Im Zuge des Programms wird Studenten, die während der Corona-Pandemie Freiwilligenarbeit für gemeinnützige Organisationen leisten, ein Zuschuss von bis zu 5000 Dollar gewährt.
Die Opposition hatte die Vergabe kritisiert, da Trudeau und mehrere seiner Familienangehörigen in der Vergangenheit von WE Charity als Redner eingeladen worden waren. Trudeaus Mutter, sein Bruder und seine Ehefrau erhielten dabei Honorare in Höhe von insgesamt knapp 300.000 kanadischen Dollar. Die Gründer von WE Charity haben sich mittlerweile wegen der anhaltenden Kritik aus der Vereinbarung zurückgezogen.
Morneau, der das Amt des Finanzministers seit 2015 ausübte, kündigte an, sich nun für das Amt des Generalsekretärs der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bewerben zu wollen. Trudeau dankte Morneau für seine Arbeit.
ie/ww (dpa, afp)