1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Trudeau entschuldigt sich für Blackfacing

19. September 2019

Einen Monat vor der Parlamentswahl wird Kanadas Regierungschef Trudeau mit seiner Vergangenheit konfrontiert: Das "Time Magazin" veröffentlichte ein fast 20 Jahre altes Foto, das ihn dunkel geschminkt zeigt.

Kanada Trudeau entschuldigt sich für dunkel geschminktes Gesicht
Der kanadische Premierminister Justin Trudeau bat nur kurze Zeit nach der Veröffentlichung um EntschuldigungBild: Reuters/CBC

Kanadas Premierminister Justin Trudeau hat sich öffentlich dafür entschuldigt, vor 18 Jahren bei einem Kostümabend einer Privatschule mit braun geschminkter Haut aufgetreten zu sein. Thema des Abends sei "Arabische Nächte" gewesen, sagte Trudeau. "Ich habe mir ein Aladdin-Kostüm angezogen und Make-up aufgetragen", sagte er dem kanadischen Sender CBC. "Ich hätte das nicht tun sollen. Ich hätte es besser wissen sollen, aber das habe ich nicht. Es tut mir wirklich leid."

Zum Zeitpunkt der Aufnahme im Jahr 2001 war Trudeau 29 Jahre. Das Bild war laut "Time Magazine" im Jahrbuch einer Privatschule in Vancouver veröffentlicht worden, in der Trudeau damals gelehrt hatte.

Trudeau fügte hinzu: "Es war etwas, von dem ich damals nicht dachte, dass es rassistisch wäre, aber jetzt erkenne ich, dass es etwas Rassistisches war." Er werde weiter daran arbeiten, Intoleranz und Diskriminierung zu bekämpfen, auch wenn er in der Vergangenheit offensichtlich einen Fehler gemacht habe.

Nach Angaben der Zeitschrift gab Trudeau außerdem zu, schon zuvor in seiner Schulzeit mit dunkel geschminkter Haut aufgetreten zu sein. Bei einer Talentshow sang er demnach einen Song des US-Musikers Harry Belafonte.

Darum ist Blackfacing rassistisch

Beim sogenannten Blackfacing schminken sich Weiße eine dunklere Haut und übernehmen so zum Beispiel im Theater oder Film die Rollen von Schwarzen. Diese Praxis hat eine über hundert Jahre lange Geschichte, ist heute aber hoch umstritten. Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland prangerte das Blackfacing wiederholt als rassistisch an.

Eine Aufnahme aus "Sierra Passage" von 1950 zeigt die Praxis des Blackfacing im FilmBild: Imago Images/Zuma Press

Das Wort wurde zum Anglizismus des Jahres 2014 erklärt. Der Sprachwissenschaftler und Vorsitzende der Jury, Anatol Stefanowitsch, erklärte damals, Blackfacing gelte als rassistisch, "weil es die Identität und die Erfahrung schwarzer Menschen als Kostüm behandelt, das weiße Menschen beliebig an- und ausziehen können. Mit dem Blackfacing maßen sich viele weiße Menschen an, für schwarze Menschen sprechen und handeln zu können, und nehmen ihnen damit den Raum, dies selbst zu tun."

Heikler Zeitpunkt

Die Veröffentlichung des Fotos fällt mitten in den Wahlkampf in Kanada, wo am 21. Oktober ein neues Parlament gewählt wird. Trudeaus Wiederwahl ist nicht sicher - trotz boomender Wirtschaft und niedriger Arbeitslosenquote. Umfragen zufolge liegen Trudeaus Liberale und die Konservativen seines schärfsten Konkurrenten Andrew Scheer in etwa gleich auf. 

Scheer warf dem Premierminister einen "Mangel an Urteilsvermögen und Integrität" vor und erklärte, Trudeau sei nicht geeignet, das Land zu regieren. Jagmeet Singh von der Oppositionspartei New Democratic Party kritisierte Trudeaus Verhalten als "verstörend" und "beleidigend".

Der Nationalrat der kanadischen Muslime dankte dem Premierminister für seine Entschuldigung, die bereits kurz nach Veröffentlichung des Fotos erfolgte.

Ermittlungen beeinflusst?

Trudeau setzte in den vergangenen Monaten ein Skandal um Ermittlungen gegen die kanadische Firma SNC-Lavalin wegen Korruption und Schmiergeldzahlungen zu. Dem Premierminister wird vorgeworfen, er habe Ermittlungen seiner damaligen Justizministerin gegen das Unternehmen unterdrücken wollen. Mitte August kam eine Ethik-Kommission zu dem Schluss, Trudeau habe sich falsch verhalten. Der Skandal um den Baukonzern hatte Trudeaus Regierung im Frühjahr in eine Krise gestürzt. Justizministerin Wilson-Raybould, Haushaltsministerin Jane Philpott und zwei ranghohe Parteivertreter aus Trudeaus Umfeld traten zurück.

ust/stu (dpa afp, time.com, isdonline.de, Twitter)