1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
PolitikSpanien

Kanaren bitten nach Migrantenankünften um Hilfe

6. Oktober 2023

Einige Medien sprechen schon vom "spanischen Lampedusa": Die Zahl der Menschen, die in Booten aus Afrika auf die Inselgruppe kommen, ist zuletzt stark gestiegen.

Spanien | Boot mit Flüchtlingen an der Kanarischen Insel El Hierro
Boot mit Migranten an der Kanareninsel El Hierro am MittwochBild: Europa Press/AP/picture alliance

Die Ankunft einer großen Zahl von Migranten stellt die Kanaren, vor allem die kleine, am weitesten westlich gelegene Insel El Hierro, vor große Probleme. Allein an diesem Freitag seien seit Mitternacht insgesamt 518 Migranten geborgen worden, die vor den Küsten des zu Spanien gehörenden Atlantik-Archipels auf sechs Booten unterwegs gewesen seien, teilte der spanische Seerettungsdienst mit. 277 von ihnen seien auf die Insel El Hierro gebracht worden, hieß es.

Damit erhöhte sich die Zahl der Menschen, die dort seit Dienstag irregulär ankamen, auf knapp 1500. Die Insel hat gut 11.000 Einwohner und ist einem solchen Zustrom nach eigenen Angaben nicht gewachsen. Einige Medien sprechen bereits vom "spanischen Lampedusa".

"Fassungslos und perplex"

Die Situation sei "unhaltbar", sagte der kanarische Regierungschef Fernando Clavijo dem TV-Sender Antena 3. Der konservative Politiker warf der linken Zentralregierung Tatenlosigkeit vor. "Wir sind fassungslos und perplex über das Schweigen einer spanischen Regierung, der die Ereignisse im Zusammenhang mit der Migration und der Druck, dem alle Kanaren ausgesetzt sind, anscheinend völlig egal sind", sagte er.

Weil die Kapazitäten auf El Hierro nicht ausreichen, werden viele Migranten mit der Fähre auf andere Kanareninseln wie Teneriffa gebracht - hier ein Archivbild vom SeptemberBild: Europa Press/ABACA/picture alliance

Die überwiegende Mehrheit der Migranten stamme aus Ländern südlich der Sahara, sagte eine Sprecherin der Seenotrettung. Es wird vermutet, dass die Zunahme der Ankünfte auf den Kanaren mit der politischen und sozialen Krise im Senegal zusammenhängt. Wieso die meisten Migranten-Boote auf der sogenannten kanarischen Route zuletzt vor allem El Hierro ansteuerten, ist nicht bekannt.

Transfer nach Teneriffa

Inzwischen wurden nach Behördenangaben Hunderte von Migranten auf andere, deutlich größere kanarische Inseln gebracht, etwa nach Teneriffa. Die Inselregierung forderte trotzdem von Madrid und der EU "außergewöhnliche und dringende" Maßnahmen. "Die Herreños sind zwar ein hilfsbereites und einfühlsames Volk, das aus erster Hand weiß, was Auswanderung bedeutet. Doch sie sind weder flächen-, noch bevölkerungs-, noch ressourcenmäßig darauf vorbereitet, eine so große Zahl von Migranten zu bewältigen", hieß es in einer Mitteilung.

Nach Angaben des spanischen Innenministeriums kamen zwischen Januar und Ende September 14.976 Migranten auf den Kanaren an. Das entspricht einem Anstieg um fast 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Hilfsorganisation Caminando Fronteras zufolge starben in den ersten sechs Monaten des Jahres mindestens 951 Migranten bei dem Versuch, Spanien auf dem Seeweg zu erreichen. Der größte Teil der Todesopfer (778) wurde demnach nicht im Mittelmeer, sondern auf der Route von Westafrika zu den Kanaren registriert. Laut dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) gab es auf dieser Route im laufenden Kalenderjahr 421 Tote und Vermisste.

jj/qu (dpa, afp)