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Politik

Kann Albanien in der Asylkrise helfen?

22. Juni 2018

Kurz vor dem Brüsseler Flüchtlingsgipfel kursieren in den Medien Berichte darüber, dass demnächst Migrationszentren in Albanien eingerichtet werden könnten. Was steckt dahinter?

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Bild: DW/Ani Ruci

Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz hat als erster die Idee in den Raum geworfen, Zentren für in der EU abgelehnte und ausreisepflichtige Asylbewerber auf dem Westbalkan einzurichten. So könne man diesen Menschen weiterhin Schutz bieten, argumentierte der Spitzenpolitiker kürzlich in einem Interview für den Österreichischen Rundfunk.

Kurz erwähnte Albanien nicht ausdrücklich, aber sein Regierungssprecher bestätigte der Deutschen Welle auf Anfrage per Email, dass Österreich zur Zeit Gespräche mit Albanien darüber führe.

"Illegale Migranten sind nach ihrer Rettung an der Außengrenze zu stoppen und zu versorgen, anschließend sollten sie schnellstmöglich in ihre Herkunftsländer zurückgebracht werden. Wenn dies nicht möglich seien sollte, so ist ihnen vorübergehender Schutz in Zentren in sicheren Drittstaaten zu bieten. Über die Errichtung eines Ausreisezentrums finden derzeit Gespräche u.a. mit Albanien statt", heißt es in der Antwort des österreichischen Regierungssprechers.

Im Gespräch bleiben: Albaniens Premierminister Edi Rama bei Angela Merkel am 25. April in BerlinBild: Reuters/F. Bensch

Ein ähnlicher Vorschlag kommt vom EU-Ratspräsidenten, Donald Tusk, wonach Migranten, die über das Mittelmeer in die EU gelangen wollen, künftig direkt in zentrale Sammelpunkte außerhalb der Union gebracht werden sollen. Dort würde dann über ihre Schutzbedürftigkeit entschieden, heißt es in einem sogenannten Tusk-Papier, das der EU-Ratspräsident beim europäischen Gipfel Ende Juni vorlegen soll. Auch hier ist zwar nicht ausdrücklich die Rede von Albanien, es wird aber in der Presse spekuliert, dass Albanien hier eines der möglichen Länder sein könnte.

Dementis aus Albanien

Aus der albanischen Regierung heißt es, offiziell gäbe es weder eine Anfrage noch eine Debatte zu diesem Thema. Der albanische Innenminister, Fatmir Xhafaj, der zuletzt Gespräche mit seinen Amtskollegen führte und am Donnerstag den deutschen Innenminister Horst Seehofer traf, bestritt in einer DW-Anfrage via Messenger, dass es irgendwelche Gespräche mit Albanien über Flüchtlingslager oder Ausreisezentren gebe. Xhafaj betonte, dass er mit Seehofer nicht darüber gesprochen habe.

Aus diplomatischen Kreisen hingegen verlautet, dass Albanien bereit sei, für die Bewältigung der Asylkrise Verantwortung zu übernehmen und einen Beitrag zu leisten, allerdings immer gemäß der vorhandenen Kapazitäten: "Wir werden nicht etwas tun, was andere Länder ablehnen, die wirtschaftlich stärker sind als wir", so der grundsätzliche Tenor.

Die Opposition hingegen wirft der Regierung schon jetzt vor, einen Deal mit Europa vorzubereiten: Flüchtlingszentren als Gegenleistung für die Aufnahme der EU-Beitrittsverhandlungen. Tatsächlich verbreitete sich das Gerücht über die Flüchtlingslager schnell, als der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz nach dem Treffen mit seinem albanischen Amtskollegen Edi Rama ankündigte, er wäre für den Beginn der Verhandlungen mit Albanien.

Viel Lärm um nichts?

Ginge es nur um reine Ausreisezentren, so wie von Kurz vorgeschlagen, dann wäre die Zahl der betroffenen Menschen winzig, sagt der Asylexperte Gerald Knaus. Denn es handele sich um Menschen, die ihre gesamte Asylprozedur in Europa durchlaufen hätten und aus irgendeinem Grund nicht abgeschoben werden könnten. Das seien nicht mehr als 20 im Jahr, schätzt Knaus, Leiter des Forschungsinstituts European Stability Initiative. Er warnt davor, von einem Plan zu sprechen und wirft der österreichischen Regierung vor, populistische Schlagworte in die Welt zu setzen, die am Ende niemandem nutzten.

Haben sie über Albanien gesprochen? Innenminister Horst Seehofer (li.) und Österreichs Regierungschef Sebastian Kurz Bild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler

"Ich halte es für politischen Unsinn, jetzt in der Balkanregion den Eindruck erwecken zu wollen, es seien Tausende abgelehnte Asylbewerber, die nach Albanien geschickt werden sollen. Das ist ein Desaster, das zu suggerieren. Das führt nur dazu, dass die Populisten im Wahlkampf das zum Hauptthema machen und am Ende nutzt es niemandem", so Knaus im DW-Interview.

Negative Auswirkungen befürchtet

Ardian Hackaj, Direktor des Forschungsinstituts für Kooperation und Entwicklung (CDI) in Tirana ist gegen die Einrichtung solcher Flüchtlingszentren in Albanien. Hackaj erinnert in einem Statement für DW-Albanisch, dass Albanien das einzige Land auf dem Balkan sei, das sich solidarisch mit den Partnerländern der EU und den USA gezeigt habe und ca. 3000 iranischen Oppositionellen Schutz geboten habe. „Der Aufbau weiterer Flüchtlingslager in Albanien würde das Land in eine schwierige Lage versetzen, die sehr schwer zu bewältigen sein wird", mahnt Hackaj.

Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete und Südosteuropa-Experte Josip Juratovic erteilt den Plänen eine Absage: "Das wird die SPD so nicht mittragen. Für uns müssen humanitäre Standards für Schutzsuchende gewahrt sein, und jeder weiß, dass in den meisten Ländern genau dies nicht der Fall ist", so Juratovic auf Anfrage der DW.

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