Schwindet der westliche Einfluss auf Afrikas Demokratien?
19. Oktober 2025
Es war ein schwerer Schlag: Anfang 2025 kündigten die Vereinigten Staaten umfassende Hilfskürzungen an, die hauptsächlich afrikanische Länder betrafen. Die Sorge wuchs, dass das westliche Interesse und der Einfluss auf dem Kontinent nachlassen könnten. Denn damit drohte auch die Unterstützung zur Stärkung demokratischer Normen und Konventionen zu schwinden.
Ein großer Teil der finanziellen Unterstützung für Organisationen wie die Vereinten Nationen und die Afrikanische Union sowie Wahlbeobachtermissionen stammt aus westlichen Demokratien. Wenn diese ausbleibt oder weniger wird, wie werden Afrikas Demokratien - die ohnehin oft vor großen Herausforderungen stehen - damit umgehen?
Wird dem Westen zu viel Anerkennung zuteil?
Viele Beobachter sehen die anstehenden Wahlen in Tansania und Uganda mehr als reine Formalitäten denn als faire Wettbewerbe. In Tansania wurde die Oppositionspartei Chadema vom Wahlkampf ausgeschlossen, ihr Vorsitzender Tundu Lissu sitzt wegen Hochverrats in Haft, und pro-demokratische Aktivisten, die aus Kenia angereist waren, berichteten von Entführungen und Folter.
Ugandas Präsident Yoweri Museveni will seine vier Jahrzehnte währende Herrschaft verlängern, während prominente Oppositionsführer wie Kizza Besigye und Bobi Wine vor zunehmender Unterdrückung warnen.
"Im Kontext der Demokratisierung stellen wir in Ostafrika eine Unterdrückung der politischen Opposition und gezielte Angriffe auf Parteien und Führungspersönlichkeiten fest, die den Status quo infrage stellen wollen", erklärt Seema Shah, Leiterin der Demokratie-Bewertung bei International IDEA, einer in Schweden ansässigen Regierungsorganisation für Demokratie weltweit.
Auch in Kenia wurden in den letzten Jahren Jugendproteste massiv unterdrückt und es gab wiederholt Fälle von politisch motivierten Entführungen. Die Regierung von Präsident William Ruto steht wegen ihres harten Vorgehens in der Kritik.
"Es braucht viel Zeit, bis sich ein Rhythmus friedlicher Machtwechsel einstellt und die Menschen akzeptieren, dass Kritik, Debatten und Opposition natürlich und gesund sind. Wir müssen Wahlen und die Vorzüge der Macht genauer betrachten", sagt Shah der DW.
Trumps Wahlsieg stärkt Autokraten
Cassandra Dorasamy von Amnesty International Südafrika betont in diesem Zusammenhang die Rolle der jüngsten Entwicklungen in den USA. Die Rückkehr von US-Präsident Donald Trump ins Weiße Haus beeinflusse die Wahrnehmung demokratischer Systeme, schätzt sie: "Autoritäres Verhalten wurde durch Trumps Wahl bestärkt und beschleunigt", sagt sie der DW.
Trumps Vorgehen, Institutionen zu untergraben, die sich für Menschenrechte und demokratische Werte einsetzen, alarmiert Beobachter in den USA und international. Dazu gehören die faktische Abschaffung von USAID und die Kürzung von Mitteln für die Sender Voice of America und Radio Free Europe.
Dorasamy weist darauf hin, dass die Demokratie nicht nur in den USA, sondern auch in Europa bedroht sei: "Die erstarkenden Anti-Rechtsgebung-Bewegungen weltweit, von Europa bis Afrika, befeuern anti-migrantische und antidemokratische Narrative."
Dennoch zeigen Studien laut Shah, dass Demokratie weiterhin die beliebteste Regierungsform sei. "Aber die Bürger sind unzufrieden mit dem Funktionieren ihrer Demokratien", so Shah - insbesondere mit der Gewalt zu Wahlzeiten und der Unterdrückung der Opposition nach Wahlsiegen der machthabenden Parteien.
Demokratie beginnt an der Basis
Für den südafrikanischen Künstler und Aktivisten Lindelani Mnisi beginnt die Wiederbelebung des Glaubens an demokratische Ideale an der Basis: "Man muss die Zivilgesellschaft über ihre politischen Rechte und die Absichten der Parteien aufklären, damit sie informiert wählen", sagt er der DW. Dies sei entscheidend, um Politiker zur Rechenschaft zu ziehen.
Dorasamy fordert Mut angesichts der Herausforderungen für die Demokratie, insbesondere vor den anstehenden Wahlen in Tansania, der Elfenbeinküste, der Zentralafrikanischen Republik und Uganda.
"Unsere Zivilgesellschaft muss stark genug sein, um freie und faire Wahlen einzufordern - und um die Strukturen zu überdenken, mit denen Macht bei Wahlen kontrolliert wird, sei es durch die SADC oder die Afrikanische Union. Die Wahlbeobachtung sollte nicht nur von europäischen oder nördlichen Ländern kommen, sondern aus Afrika selbst," so Dorasamy.
Wandel beim Wahlverhalten
Das Wahlverhalten in afrikanischen Demokratien hat sich verändert, besonders in Südafrika, Namibia und Botswana, wo langjährige Regierungsparteien hohe Stimmverluste einstecken mussten.
Patricia Bekoe, Aktivistin für Umweltgerechtigkeit, bestätigte gegenüber der DW, dass sich die Prioritäten und das Wahlverhalten in Ghana geändert hätten.
"Früher bestimmten ethnische Zugehörigkeiten die Wahl. Kam ein Kandidat aus meiner Ethnie, habe ich für ihn gestimmt. Doch in den letzten acht Jahren wurden die Menschen in Ghana klüger: Wir schauten uns die Wirtschaft und die unerfüllten Versprechen der Regierung an und wählten dann stattdessen Veränderung."
Ghana gilt mit mehreren friedlichen Machtwechseln als stabile Demokratie in Westafrika. 2024 kehrte John Mahama ins Präsidentenamt zurück. Seine Partei National Democratic Congress und die New Patriotic Party dominieren seit 1992, als die Demokratie wieder eingeführt wurde.
Macht von innen heraus
"Natürlich ist es schlimm, dass so viel Hilfe gestrichen wurde, aber wir sollten auch sehen, welche Chancen und Möglichkeiten das für lokale Organisationen und Menschen öffnet", sagt Shah.
Auf die Frage, ob afrikanische Demokratien noch den Westen als Vorbild für demokratisches Handeln nehmen sollten, meint Cassandra Dorasamy: "Auf keinen Fall. Die Vorstellung, der Westen sei der Hüter der Demokratie, müssen wir hinterfragen. Wir müssen in unsere eigenen Gesellschaften, Strukturen und Bewegungen schauen."
Für Lindelani Mnisi ist die Antwort klar: "Das ist ein klares Nein. Unsere Welt unterscheidet sich stark vom Westen. Nicht so radikal, dass wir nichts lernen könnten, aber wir sollten von zu Hause aus starten."
Für Shah ist die selbstbestimmte Demokratie die stärkste Form. "Viele motivierte und engagierte Gruppen arbeiten bereits unter gefährlichen Bedingungen an Veränderungen", sagt sie der DW.
Mit Blick auf Ostafrika, wo pro-demokratische Stimmen zunehmend unter Druck geraten, betont Shah: "Es ist nicht so, als ob diese Energie nicht da wäre. Wenn Unterstützung aus der Region selbst kommt, umso besser, denn das schafft mehr Legitimität und erhöht die Chance auf eine nachhaltige Entwicklung."
Dianne Hawker in Südafrika trug mit Berichterstattung bei. Übersetzt aus dem Englischen von Silja Fröhlich.