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KlimaGlobal

Kann ein globales Plastikabkommen Vermüllung stoppen?

Stuart Braun
25. November 2024

In der letzten Verhandlungsrunde für ein weltweites Plastikabkommen geht es um die schnelle Eindämmung der zunehmenden Plastikverschmutzung. Doch Öl- und Gaskonzerne könnten eine Einigung vereiteln.

Plastikmüll im Citarum-Fluss. Menschen sammeln mit Booten Plastikmüll ein
Plastik bedroht Gesundheit und Klima: Plastikmüll im Citarum-Fluss (Indonesien) Bild: Timur Matahari/AFP/Getty Images

Nach zweijährigen Gesprächen bemühen sich die Länder um den Abschluss eines verbindlichen globalen Abkommens zur Begrenzung der Plastikflut. Vertreter aus rund 175 Ländern treffen sich diese Woche zur letzten Verhandlungsrunde in Busan (Südkorea) und versuchen die sehr großen Meinungsverschiedenheiten über den Umgang mit Plastikmüll zu überwinden.

Angesichts des Ausmaßes der Plastikkrise wäre ein Vertrag laut UN-Umweltprogram UNEP das bedeutendste multilaterale Umweltabkommen seit dem Pariser Klimaabkommen von 2015.

"Es ist eine Versicherungspolice für diese und zukünftige Generationen, damit sie mit Plastik leben können und nicht daran zugrunde gehen", sagte Inger Andersen, Leiterin des UN-Umweltprogramms, im Jahr 2022, als sich die Nationen erstmals darauf einigten, einen Vertrag zur Beendigung der Plastikverschmutzung zu schließen.

Im Jahr 2019 wurden weltweit rund 350 Millionen Tonnen Plastikmüll erzeugt. Nur neun Prozent davon wurden recycelt, der Rest wurde verbrannt, landete auf Mülldeponien oder in der Umwelt.

Einmal weggeworfen, können langlebige Kunststoffprodukte wie Einwegtrinkhalme hunderte von Jahren in der Umwelt verbleiben und Ökosysteme und die Nahrungskette kontaminieren. Da etwa 99 Prozent der Kunststoffe aus fossilen Brennstoffen gewonnen werden, verschärft die Kunststoffproduktion auch die Klimakrise.

Reduzierung der Plastikproduktion als zentrale Herausforderung

Umweltschützer fordern die Länder auf, die globale Plastikproduktion bis 2040 um 40 Prozent zu reduzieren – ein Vorschlag, den Ruanda und Peru während der letzten Gesprächsrunde im kanadischen Ottawa im April unterbreitet haben.

Dies könnte durch verschiedene Minderungsmaßnahmen über den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen geschehen. Dazu gehören die Reduzierung der Plastikproduktion, die Beseitigung giftiger und vermeidbarer Einwegplastikprodukte und die Neugestaltung von Verpackungen, um sie wiederverwendbarer, biologisch abbaubarer und vollständig recycelbar zu machen.

Multinationale Unternehmen, die Plastikverpackungen für ihre Produkte verwenden, werben für mehr Plastikrecycling als Lösung für die Krise, unter anderem durch effizienteres chemisches statt mechanisches Recycling.

Gruppen wie die Umweltorganisation Greenpeace fordern jedoch, dass sich das Abkommen auf eine rasche Verringerung der Kunststoffproduktion konzentrieren sollte.

Laut bisherigen Prognosen wird sich die Plastikproduktion bis 2050 voraussichtlich verdreifachen, unter anderem weil die Herstellung von neuem Kunststoff billiger ist als das Recycling - vor allem aber angesichts des Überangebots an Fracking-Gas in Ländern wie den USA.

Auch die fossile Industrie baut die Produktion von Neuplastik als ihren nächsten großen Wachstumsmarkt aus, um die durch die Energiewende verlorenen Umsätze zu ersetzen. Das Recycling kann mit der explosionsartigen Zunahme der Produktion nicht Schritt halten.

"Wir haben ein Überangebot und einen Überfluss an Kunststoffen", sagt Christina Dixon, Leiterin der Ozean-Kampagne bei der in New York ansässigen Environmental Investigation Agency (EIA), die sich für das Abkommen einsetzt.

 

Wird der Plastikvertrag reichen?

Eine Reduktion der Plastikproduktion um 40 Prozent bis 2040 reiche nicht aus, meinen Experten - vor allem nicht, um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten.

Die Produktion von Plastik verschmutzt die Atmosphäre mit viel CO2. Um innerhalb der 1,5-Grad-Grenze zu bleiben, müsse laut Greenpeace die Plastikproduktion bis 2040 um 75 Prozent sinken.

In einem von der EIA in Auftrag gegebenen Bericht der Umweltwissenschaftler von Eunomia Research and Consulting heißt es, dass die Reduktion der Plastikproduktion um 40 Prozent bis 2040 nur dann zu einer deutlichen CO2-Reduzierung führen würde, wenn es zugleich mit einer Erhöhung der weltweiten Recyclingraten auf 63 Prozent verbunden wäre. Und zudem reiche all dies nicht aus, um das 1,5-Grad-Limit einzuhalten.

Der Bericht stellt auch fest, dass der Kunststoffsektor beispielsweise durch den Einsatz von erneuerbaren Energien dekarbonisiert werden müsste und die Produktion zugleich im Jahr 2025 ihren Höhepunkt erreichen müsse.

Doch während die endgültige Verhandlungsfrist näher rückt, sind sich die Länder immer noch uneins darüber, wie weit die Regeln gehen sollen.

Einige Länder haben Einwegplastikpodukte bereits verbotenBild: Imago

Ölförderländer sind gegen Beschränkungen der Kunststoffproduktion

Viele Länder, die über den Umfang und die Ambitionen des Plastikabkommens entscheiden werden, haben konkurrierende Interessen.

Unter der Führung von Ruanda und Norwegen haben sich mehr als 60 Länder einer "High Ambition Coalition" angeschlossen, die die gesamte Kunststoffproduktion bis 2040 beenden will.

Laut Christina Dixon von der EIA haben sich jedoch einige Länder während der vier Verhandlungsrunden als "sehr schwierig" erwiesen und "wollen überhaupt keine Einigung erzielen".

Erdölproduzierende Länder wie der Iran, Russland und Saudi-Arabien konzentrieren sich auf ein verstärktes Recycling, nicht auf Produktionskürzungen bei Kunststoffen. Sie wollen stattdessen einen zukünftigen Markt für fossile Brennstoffe erhalten.

Daniela Duran Gonzalez, eine leitende Juristin des in Washington DC ansässigen Center for International Environmental Law, sagte während der letzten Runde der Vertragsgespräche, dass es bei den Verhandlungen nicht um einen "Abfallvertrag", sondern um "die Zukunft der fossilen Brennstoffe" gehe.

Die USA, ein Kunststoff-, Öl- und Gasriese, änderten nach den letzten Vertragsverhandlungen ihren Kurs und unterstützen nun ein Ziel zur Plastikreduktion. Diese Haltung könnte sich mit der neuen Regierung von Donald Trump wieder ändern. Der designierte Präsident hat seit langem angekündigt, die Klimapolitik zurückzufahren und die Produktion fossiler Brennstoffe auszuweiten.

"Angesichts dessen, was unter der vorherigen Trump-Regierung passiert ist, halte ich es für ziemlich unwahrscheinlich, dass Trump den Vertrag ratifizieren wird", sagt Dixon.

Doch die Länder des Globalen Südens und die EU-Mitgliedstaaten halten den Traum vom Plastikabkommen am Leben.

Griffins Ochieng, Programmkoordinator des in Kenia ansässigen Zentrums für Umweltgerechtigkeit und Entwicklung, erklärte bei einem Briefing vor den abschließenden Vertragsverhandlungen, dass die afrikanischen Länder "ein Ende der Plastikverschmutzung über den gesamten Lebenszyklus" fordern.

Die Reduzierung der Plastikproduktion werde dabei von zentraler Bedeutung sein, ebenso wie die "Eliminierung" schädlicher Chemikalien, sagte er.

Obwohl es möglich ist, dass in Busan keine Einigung über einen Vertragstext erzielt wird, besteht Dixon darauf, dass die Verhandlungsführer das "große globale Verlangen auf einen verbindlichen Vertrag" widerspiegeln sollten.

Adaption aus dem Englischen: Gero Rueter

Redaktion Jennifer Collins

 

Stuart Braun Australischer DW-Journalist und Buchautor.
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