Kann ein schwacher US-Dollar das US-Handelsdefizit senken?
6. April 2025
US-Präsident Donald Trump scheint davon überzeugt zu sein, dass die starke US-Währung die amerikanische Wirtschaft bremst. Seiner Meinung nach benötigen die Vereinigten Staaten einen schwachen US-Dollar, um ihre Exporte anzukurbeln, Arbeitsplätze ins Land zurückzubringen und ihr massives Handelsdefizit zu reduzieren. Handelsdefizit heißt: Die USA importieren deutlich mehr, als sie exportieren. Wirtschaftsexperten bewerten die Argumentation Trumps skeptisch.
Wie David Lubin erläutert, lassen sich mit einem starken Dollar recht günstig andere Währungen kaufen, während ein schwächerer Dollar den Erwerb von Devisen verteuert. Alles drehe sich um die Wechselkurse, sagt der leitende Forschungsbeauftragte am Londoner Thinktank Chatham House zur DW. "Wenn der Dollar stark ist, importieren die USA mehr, weil ausländische Waren im Vergleich mit im Inland produzierten Waren billiger werden", erklärt er und fügt hinzu: "Gleichzeitig sinken die US-Exporte, denn sie werden teurer."
Wie viel Einfluss hat der US-Präsident?
Doch den Wechselkurs des Dollars unter Kontrolle zu bringen ist extrem kompliziert und entzieht sich größtenteils dem Einfluss des Präsidenten, egal, wer gerade an der Macht ist. Der Wert des Dollars werde von den Devisenmärkten bestimmt, nicht vom Präsidenten oder der Regierung der Vereinigten Staaten, betont Lubin.
Anthony Abrahamian ist Anlagestratege bei der Privatinvestitionsbank Rothschild & Co Wealth Management. Er stellt klar, dass die Stärke des US-Dollars in den vergangenen zehn Jahren dem stärkeren Wirtschaftswachstum in den USA im Vergleich mit anderen Industrienationen zu verdanken gewesen sei.
Das US-Handelsdefizit scheine hauptsächlich von der "relativen Nachfrage" abhängig zu sein, so Abrahamian zur DW. "Der US-amerikanische Verbraucher ist der weltbeste Kunde. Er gibt mehr aus als die Verbraucher anderswo. Daher neigen die USA dazu, mehr zu importieren als zu exportieren", unterstreicht er.
Wie viel Einfluss hat die US-Regierung?
Nichtsdestotrotz stehen der US-Regierung verschiedene Hebel zur Verfügung, um den US-Dollar im Speziellen und die US-Wirtschaft im Allgemeinen zu lenken. So kann die US-Notenbank, die Federal Reserve, zum Beispiel einfach die Zinsen senken. Offiziell hat der Präsident hier wenig zu sagen, aber in der Vergangenheit schreckte Trump nicht davor zurück, den Präsidenten der Federal Reserve einzuschüchtern.
Das Finanzministerium wiederum könnte versuchen, über seinen Fonds zur Börsenstabilisierung, dem Exchange Stabilization Fund, Fremdwährungen zu kaufen. "Angesichts der Größe heutiger Devisenmärkte, deren tägliche Umsätze weltweit Berichten zufolge mehrere Billionen Dollar betragen" müssten die USA jedoch riesige Mengen an Fremdwährungen erwerben, so Abrahamian. Sind dann mehr US-Dollar auf dem Markt, sollte die Währung im Wert sinken.
Trump könne den Dollar auch schwächen, indem er das Land "unattraktiver für Investitionen" mache, erläutert Lubin. Doch auch wenn das in den vergangenen Wochen vermutlich bereits geschehen sei, handle es sich dabei um ein "gefährliches, zwei-schneidiges Schwert, das ausgesprochen unberechenbar" sei.
"Trumps häufige Kehrtwenden in Bezug auf Zölle zum Beispiel erwecken den Eindruck, dass das politische Umfeld in den USA instabiler geworden ist. Das macht das Land weniger attraktiv als Ziel für Investitionen", legt er dar. Würde sich die Konjunktur in den USA verlangsamen, könnte auch das den Wert des US-Dollars drücken.
Verschiedene Finanzinstrumente
Eine weitere Möglichkeit für die Vereinigten Staaten wäre es, andere Länder davon zu überzeugen oder sie gar zu zwingen, ihre Dollarvorräte zu verkaufen und in andere Währungen umzutauschen.
Eine solche Entwertung scheint unmöglich, doch es gibt einen Präzedenzfall: Das sogenannte Plaza-Abkommen, benannt nach dem Hotel in New York City, in dem es 1985 unterzeichnet wurde.
Die fünf größten Volkswirtschaften der Welt waren damals die USA, das Vereinigte Königreich, Japan, die Bundesrepublik Deutschland und Frankreich, wobei Deutschland und Japan für ihre Verteidigung von den USA abhängig waren. In dem einmaligen Abkommen einigten sie sich auf Drängen der USA darauf, durch bewusste und koordinierte Interventionen US-Dollar zu kaufen und so den Dollar im Verhältnis zu anderen wichtigen Währungen zu schwächen.
Unter dem Namen "Mar-a-Lago" ist nun ein ähnlicher Plan zur Schwächung des US-Dollars im Gespräch. Die Idee kam im vergangenen November auf und wird von Stephen Miran, dem Vorsitzenden des Wirtschaftsrats von Trump, propagiert. Der Tonfall dieser Neu-Auflage des Plaza-Abkommens ist aggressiv. Wer nicht kooperiert, dem wird mit Abgaben und Zöllen oder dem Entzug der US-Verteidigungsgarantien gedroht.
Für Abrahamian sind das Abkommen von 1985 und die Situation heute kaum zu vergleichen. Zum einen war die Teilnahme am Plaza-Abkommen freiwillig. Heute jedoch würde ein solches Abkommen aller Wahrscheinlichkeit nach "Widerstand bei Entscheidungsträgern und Finanzministern hervorrufen".
Lubin fügt hinzu, eine Art Mar-a-Lago-Abkommen sei "höchst unwahrscheinlich", denn auf der anderen Seite des Verhandlungstisches säße heute China. "Ich glaube nicht, dass China daran interessiert ist, seine Währung deutlich zu stärken", merkt er an.
Was würde ein schwächerer Dollar für die USA bedeuten?
Angesichts dieser ganzen Ungewissheit in Bezug auf den Dollar bleiben wichtige Fragen offen; jeder Versuch einer Manipulation könnte unerwünschte Konsequenzen haben. Ein schwächerer Dollar könnte etwa zu höheren Rohstoffpreisen führen, denn diese werden auf den internationalen Märkten überwiegend in US-Dollar gehandelt. Die größten Risiken für Haushalte in den USA wären Inflation, steigende Preise und steigende Arbeitslosigkeit, ist Lubin überzeugt.
Und Abrahamian fügt hinzu, dass selbst wenn es Trump gelänge, den Dollar zu entwerten, dies die USA nicht notwendigerweise wettbewerbsfähiger mache. Denn Preise würden "nicht allein durch Wechselkurse bestimmt, sondern durch Dinge wie Produktionskosten, Produktivität und Qualität".
Ob Präsident Trump versuchen wird, den US-Dollar zu entwerten, ist noch nicht klar. "Wir sollten nicht alles von Trump für bare Münze nehmen", meint Abrahamian.
Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.