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Kannengießer: "Deutsches Energie-Know-how ist in Afrika gefragt"

Antonio Cascais11. April 2013

Neu entdeckte Gasvorkommen und Interesse an erneuerbaren Energien: Afrika bietet deutschen Energie-Unternehmen große Investitionschancen, so Christoph Kannengießer vom Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft.

Christoph Kannengießer, Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft
Christoph Kannengießer Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen WirtschaftBild: Antonio Cascais

Deutsche Welle: Herr Kannengießer, in welchen Energie-Bereichen, glauben Sie, können deutsche Unternehmen in Afrika aktiv werden?

Christoph Kannengießer: Sowohl bei den konventionellen als auch bei den erneuerbaren Energien. Im konventionellen Bereich haben viele deutsche Unternehmen Stärken bei der Verarbeitung: im Bereich Öl und Gas, im Bereich der Fördertechnik, in nahezu allen Bereichen außerhalb der reinen Exploration von Energieträgern. Da sind große Akteure unterwegs im Kraftwerksbau, im Turbinenbau und all diesen Sektoren. Aber darüber hinaus sind ganz viele Unternehmen, auch mittelständische Unternehmen, Marktführer in vielen Bereichen der erneuerbaren Energien. Wir sind mit unserer Energiewende hier in Deutschland ein bisschen ein Modell für die ganze Welt geworden. Das färbt ab auf das technologische Know-how unserer Unternehmen. Und das ist es, was in Afrika gefragt wird. Auch hier gibt es sehr viele Aspekte und Felder der Kooperation.

Sie sagen: Afrika, das ist ein großer Kontinent. Gibt es dort regionale Schwerpunkte oder Länder, die ein besonderes Augenmerk seitens der deutschen Wirtschaft verdienen?

Das Thema Energie ist eines, das eigentlich den gesamten Kontinent betrifft. Es gibt in Afrika eine enorme Lücke, was die Stromversorgung der Bevölkerung angeht. Man schätzt, dass 500 bis 600 Millionen Afrikaner keinen verlässlichen geregelten Zugang zu Strom haben. Insofern ist es ein Thema, dass alle 54 Länder des Kontinents gleichermaßen betrifft. Aus der Perspektive der deutschen Unternehmen sind natürlich die größeren Märkte von besonderer Bedeutung: Südafrika, Nigeria, Angola und Kenia. Aber auch die Länder des Maghreb. Viele Unternehmen sind auch in kleineren Märkten erfolgreich, weil sie dort auch besonders gute und zuverlässige Kooperationspartner finden.

Auch in der afrikanischen Energie-Infrastruktur ist der Ausbaubedarf enormBild: www.BilderBox.com

Nun heißt es oft, dass Schwellenländer auf afrikanischen Märkten bereits sehr aktiv sind, wie beispielweise China oder Brasilien in Mosambik oder Angola. Haben deutsche oder europäische Unternehmen überhaupt noch eine Chance, groß in den Markt einzusteigen?

Selbstverständlich! Märkte sind ja auch dadurch gekennzeichnet, dass sie permanent in Bewegung sind. Der Bedarf auf dem afrikanischen Kontinent an Handel und Investitionen, an Dienstleistungen und Consulting ist so enorm groß, dass es über viele Jahrzehnte dort noch genug zu tun geben wird. Wir haben uns einmal die Prognose der Afrikanischen Union angeschaut, die beispielsweise eine Verfünffachung der Stromproduktionskapazitäten auf dem afrikanischen Kontinent bis 2040 vorhersagt. Wenn wir daran nur mit dem Anteil der deutschen Wirtschaft am allgemeinen Weltmarkt partizipieren, dann bedeutet das ein Potenzial von 80 Milliarden Euro Geschäft. Und das sollte möglich sein. Ich habe den Eindruck, dass die deutsche Industrie auf dem afrikanischen Kontinent einen sehr guten Ruf hat. Viele Afrikaner fordern uns geradezu auf, uns stärker auf diesen Märkten zu präsentieren und dort auch in Wettbewerb mit den Schwellenländern - mit Brasilien, China, der Türkei und anderen Ländern - zu treten. Und der Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft bemüht sich, seinen Teil dazu beizutragen, dass die deutschen Unternehmen diese Chancen erkennen und wahrnehmen.

Vor der Küste Mosambiks werden derzeit große Gasvorkommen erkundetBild: ENI East

Was sagen sie dazu, dass es immer noch politische Instabilitäten in diesen Ländern gibt, also oft die Sicherheit für Investoren fehlt? Ist die deutsche Wirtschaft darauf vorbereitet und hat sich diesbezüglich in den letzten Jahren etwas getan?
 

Zunächst einmal: Es hat sich in den letzten Jahren in vielen Ländern etwas getan in Hinblick auf die Stabilität der politischen Rahmenbedingungen, auf die Qualität der Gesetzgebungen und der Wirtschaftspolitiken. Aber auch bei so komplizierten Fragen wie Korruption ist vieles besser geworden. Der deutsche Mittelstand ist ja heute schon auf vielen komplizierten Märkten unterwegs: in Osteuropa, in Asien und anderswo. Und aus unserer Sicht ist Afrika bei näherer Betrachtung auch nicht komplizierter als bestimmte Teile Asiens oder Osteuropas oder auch Lateinamerikas. Insofern gilt es, dass immer mehr deutsche Unternehmen erkennen, dass auf dem afrikanischen Markt viel geht. Das sind keine einfachen Märkte, aber sie sind auch längst nicht so kompliziert, wie es gelegentlich den Eindruck macht.

Einer der Diskussionspunkte bei ihrem letzten deutsch-afrikanischen Energieforum in Hamburg war die Absicherung der Geschäfte. Worüber haben Sie da gesprochen?

Da geht es zum Beispiel um das außenwirtschaftliche Garantie-Instrumentarium Hermes-Bürgschaften, also um Investitionsgarantien der Bundesregierung. Hier ist der afrikanische Kontinent leider nicht so präsent und nicht so versorgt, wie wir uns das vorstellen. Wir sind der Auffassung, dass diese Förderinstrumentarien unter dem Gesichtpunkt der Risikoabsicherung in solchen Märkten, wie wir sie in Afrika vorfinden, überdacht werden müssen. Denn diese Rückendeckung und diese Risikoabsicherung ist ein wesentliches und wichtiges Thema gerade für mittelständische Unternehmen, die sich diesen Märkten zuwenden.

Chinesische Ingenieure sind schon lange in die afrikanische Ölförderung involviertBild: picture-alliance/Tong jiang

Christoph Kannengießer ist Hauptgeschäftsführer des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft. Der Verein veranstaltete im April 2013 in Hamburg das 7. Deutsch-Afrikanische Energieforum, bei dem sich Akteure aus Wirtschaft und Politik aus Afrika und Deutschland austauschten.

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