Kanzler Merz im Bundestag: Schweigen zu Trumps Rundumschlag
24. September 2025
Wenn im Bundestag über den Etat des Kanzleramtes gesprochen wird, ist es gute Sitte, dass es zur Generaldebatte kommt. So wie an diesem Mittwochmorgen. Es ist Haushaltswoche im Parlament, der Etat für 2026 steht zur Entscheidung an. Über die grundsätzliche Politik in Deutschland wird gesprochen, über die Stimmung im Land, über Sorgen und Ängste und Hoffnungen der Menschen. Und die Lage ist nicht gut, das ist in allen Reden im Bundestag zu spüren. Die Wirtschaft lahmt, die Infrastruktur bröckelt, etwa bei der Bahn, die Bürokratie lähmt. Und die Weltlage sorgt für große Unsicherheit.
Es ist erst ein paar Stunden her, dass US-Präsident Donald Trump vor der UN-Vollversammlung in New York verbal gegen die westlichen Demokratien ausgeteilt hat: Gegen ihre Migrationspolitik hat er gewettert, gegen internationale Abkommen und Institutionen. Und im Land selbst sehen zwei aktuelle Umfragen der Institute Forsa und Insa die in Teilen rechtsextreme "Alternative für Deutschland" (AfD) als momentan stärkste politische Kraft.
Merz schweigt zu den internationalen Brandherden
Auf Trump geht Merz in seiner Rede nicht namentlich ein. Überhaupt äußert er sich kaum zur Außenpolitik. Und das, obwohl er vor allem in den ersten Wochen seiner Kanzlerschaft fast nur auf den internationalen Bühnen zu finden war. Jetzt belässt er es bei einigen wenigen Sätzen: "Wir stehen als Land in einer der herausforderndsten Phasen unserer neuen Geschichte. Eine Welt ohne Regeln schadet auch unserer Wirtschaft. Und somit auch unsere Fähigkeit, all die Aufgaben zu finanzieren, die wir finanzieren wollen."
Kein Wort dazu, dass immer mehr Länder einen palästinensischen Staat anerkennen, Deutschland aber diesen Schritt nicht geht. Kein Wort zur Ukraine, die sich immer stärkeren Angriffen Russland gegenübersieht. Und kein Wort zu den Bedrohungen der Infrastruktur an europäischen Flughäfen durch Drohnen in den letzten Tagen, bei denen viele Beobachter Russland als Urheber sehen.
Grüne: Trump stellt alle Ordnungen in Frage
Wenn Merz zu den Ereignissen der letzten Tage schon nichts sagt, dann tut es die Fraktionschefin der oppositionellen Grünen, Britta Haßelmann. Sie bemängelt, dass Merz in Berlin geblieben und nicht zur UN nach New York gereist sei, um gegen die Rede Trumps Stellung zu beziehen: "Die internationale Staatengemeinschaft durfte sich gestern eine Stunde lang von Donald Trump beschimpfen lassen. Eine Absage an internationale Organisationen. Eine Absage an internationale Abkommen. Die Leugnung des Klimawandels. Der Multilateralismus, die Verantwortung für den globalen Süden. Alles in Frage gestellt."
Merz kontert Klöckner: "Ich halte das aus"
Hitzig geht es zu im Parlament, so hitzig, dass sich Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) während der Rede von Bundeskanzler Merz einschaltet. Sie ruft ins Plenum: "Es ist genug reingerufen worden. Ich finde, dass der Respekt es gebietet, dem Redner zuzuhören." Aber Merz kontert mit einer überraschenden Antwort: "Ich bedanke mich sehr. Aber offen gestanden. Ich halte das aus."
Und dann wird der Kanzler kämpferisch: Merz spricht über die harten Sozialreformen, die im Land anstehen, über die Wirtschaft, die kaum noch wächst. Zuletzt habe er sich mit Unternehmen und Betriebsräten, mit Vertretern des Handwerks getroffen: "Sie alle sind tief besorgt um die Zukunftsaussichten ihrer Unternehmen. Und sie sind tief besorgt um die Arbeitsplätze." Die Vorgängerregierung aus SPD, Grünen und FDP habe die Menschen vor allem beim Klimaschutz überfordert. Erregt zeigt Merz mit dem Finger auf die Fraktion der Grünen und sagt: "Ein Klimaschutz, der die industrielle Basis unseres Landes gefährdet oder gar zerstört, ein Klimaschutz, der den Wohlstand unseres Landes aufs Spiel setzt, der findet keine Akzeptanz in der Bevölkerung."
AfD macht dem Kanzler erneut ein Angebot
Tatsächlich ist der Klimaschutz zu einem Reizthema geworden in Deutschland. Wie die Migration, die die Rechts-Populisten von der AFD rundheraus ablehnen. Ihr Fraktionschef Tino Chrupalla findet auch beim Thema Haushalt den Weg zur Absage an jede Form der Zuwanderung. An Merz gewandt sagt er: "Gerade beim Thema Migration scheuen Sie den Konflikt mit allen anderen Fraktionen hier im Bundestag. Und das verursacht einen Verlust nach dem nächsten. Denn die Kosten für die Migration sind in erster Linie Kosten für den Sozialstaat."
Und die Ko-Vorsitzende Alice Weidel zeichnete dann das Bild eines Landes am Abgrund, einem Land von Insolvenzen und Abwanderungen: "Verzweifelte Familien, gescheiterte Lebensträume. Häuser, die nicht mehr abbezahlt werden können." Aber gleichzeitig machten sowohl Weidel als auch Chrupalla Merz das Angebot, mit der AfD zusammen zu arbeiten, auch im Bundestag, wo Merz eine solche Kooperation ablehnt.
Unzufriedenheit mit der Regierung wächst
Der Kanzler will sich, das ist offensichtlich, zurzeit eher um die Innenpolitik kümmern. Auch wenn er wieder betonte, Außen- und Innenpolitik seien immer weniger voneinander zu trennen. Für seine Rede zu den anstehenden Reformen der Sozialsysteme, vor allem beim Bürgergeld und den Renten, hatte er ganz bewusst auf eine Reise nach New York verzichtet. Sicher auch deshalb, weil alle Umfragen eine große Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Politik der neuen Regierung vor allem in Inland zeigen.