Als "tatkräftiges, auf die Zukunft ausgerichtetes" Team hat Angela Merkel ihr Personaltableau für die neue Regierung vorgestellt. Eins ist sicher: Der Altersdurchschnitt der CDU-Minister sinkt.
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Die GroKo-Minister der CDU
01:59
In Deutschland bestimmt der Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin, mit wem er oder sie zusammen am Kabinettstisch sitzen möchte, wer also Minister oder Ministerin wird. Allerdings geschieht das in der Regel in Absprache mit den Vorsitzenden der mitregierenden Parteien. Da Angela Merkel nicht nur Kanzlerin, sondern auch Parteivorsitzende der Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU) ist, liegt das Personaltableau der CDU ganz in ihren Händen. Dieses Mal war mit besonderer Spannung erwartet worden, für wen sich Merkel entscheidet. Denn die Kanzlerin steht unter Druck.
Das schlechte Abschneiden der CDU bei der Bundestagswahl, die bislang gescheiterte Regierungsbildung, der Aufwind der Rechtspopulisten der "Alternative für Deutschland" (AfD) haben ungewohnt deutliche Kritik laut werden lassen. Außerdem ist ein Streit darüber entfacht, wie konservativ die CDU eigentlich sein will. Darüber hinaus wird - wie in anderen europäischen Ländern - auch in Deutschland diskutiert, welche Zukunft die Volksparteien der Konservativen (CDU) und der Sozialdemokraten (SPD) noch haben. Es gebe einen "Mangel an Ideen und frischem Personal", beschrieb zum Beispiel der Politikwissenschaftler Jens Hacke im Monatsmagazin "Cicero" die brenzlige Lage. Wie reagiert Merkel? Kann sie das Rumoren beruhigen? Verspricht Ihr neues Kabinett Aufwind oder geht es nur um ein "Weiter-So"? Am Sonntag nun hat Merkel ihr Personaltableau in Berlin erst den Parteigremien und dann der Presse vorgestellt.
Merkel-Kritiker wird eingebunden
Die überraschendste Personalie ist die von Jens Spahn. Der 37-Jährige gilt als Nachwuchstalent, der sich in den letzten Jahren geschickt zu einer Symbolfigur der etwas konservativeren CDU-Politiker positioniert hat. Er trat für eine harte Flüchtlingspolitik ein, forderte eine Leitkultur und das Verbot der Vollverschleierung. Spahn ist mit einem Mann, einem Yellow-Press-Journalisten in Berlin verheiratet - er hat also von der gesellschaftspolitischen Modernisierung der letzten Jahre profitieren können.
In der CDU gibt es noch weitaus strukturkonservativere Kreise, den "Konservativen Aufbruch" zum Beispiel. Doch ein solcher Vertreter aus der Partei sitzt nicht mit an Merkels Tisch.
Viele politische Beobachter waren davon ausgegangen, dass Merkel Spahn eher nicht an den Kabinettstisch holt. Denn Minister zu sein, gibt zusätzlichen Einfluss in der Partei. Er soll das Gesundheitsministerium führen. Andererseits kann Merkel Spahn nun in die Kabinettsdisziplin einbinden. Genau das deutete Merkel in der Pressekonferenz auch an: Spahn wisse, was es bedeute, in einem Kabinett zusammen zu arbeiten, so Merkel. Es müsse immer um die Sache gehen. Merkel versuchte zudem, Spahns Rebellen-Image einzufangen. Er sei nicht der einzige mit kritischen Anmerkungen und auch nicht der einzige, der über konservative Wurzeln spreche.
Kein Wechsel im Verteidigungsministerium
Die Koalitionsverhandlungen mit der SPD und den Christsozialen, der bayerischen Schwesterpartei der CDU, endeten mit dem Verlust des Innenministeriums und des Finanzministeriums für die CDU. Auch das war Teil der Kritik der letzten Tage. Dafür besetzt die CDU nun das Wirtschafts- und Energieministerium. Das soll von Peter Altmaier (59) geleitet werden, einem engen Vertrauten von Merkel, der als Kanzleramtsminister die Flüchtlingspolitik und später den Bundestagswahlkampf organisierte.
Das zweite große Ministerium für die CDU - das Verteidigungsministerium - bleibt in der Hand von Ursula von der Leyen (59). Obwohl sie zuletzt harsche Kritik einstecken musste, dass die Bundeswehr in Teilen nicht einsatzfähig sei. Es hatte Gerüchte gegeben, dass von der Leyen nach Brüssel wechselt. Nun bleibt sie vorerst in Berlin. Von der Leyen habe viele Reformen angestoßen, die noch nicht beendet seien, begründete Merkel ihre Wahl.
Die Nachwuchsriege
Als wertkonservativ und dennoch Merkel-nah gilt Julia Klöckner (45). Sie war schon einmal Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium. Nun übernimmt sie es.
Vom Staatsminister im Kanzleramt zum Kanzleramtsminister - eine Stufe rauf auf der Karriereleiter ging es auch für Helge Braun (45). Auch er gehört schon länger zu Merkels Machtzirkel.
Ein wirklich neuer Name ist der der neuen Bundesministerin für Bildung und Wissenschaft: Anja Karliczek. Die 46-Jährige Betriebswirtschaftlerin trat auf dem Gebiet ihres neuen Ressorts bislang kaum in Erscheinung. Im Bundestag ist sie seit 2013 und hat dort als Parlamentarische Geschäftsführerin in der Bundestagsfraktion der Partei gearbeitet.
Kein Minister aus dem Osten
Mindestens sozio-demografisch betrachtet geht von Merkels Liste ein Signal des Aufbruchs aus. Auf jeden Fall sind die CDU-Minister wesentlich jünger als zuletzt. Betrug das Durchschnittsalter im alten Kabinett zuletzt 63 Jahre, ist es jetzt auf 50 Jahre gefallen. Der Anteil an Frauen war sowieso schon hälftig hoch - nun überwiegen sie sogar.
Es fehlt allerdings ein Minister aus dem Osten Deutschlands. Zwar ist Merkel selbst in der ehemaligen DDR aufgewachsen. Aber sie gilt im Osten eher als eine Reizfigur, was auch mit der dort starken AfD mit Werten über 20 Prozent zu tun hat. Allerdings hatte sie sich schon vor der Flüchtlingskrise selten als Interessenvertreterin der Ostdeutschen profiliert. Im Vorfeld gab es Druck auch von Ost-Ministerpräsidenten, Merkel solle eine Stimme des Ostens an den Kabinettstisch holen. Dem ist sie nun nicht gefolgt. Sie begründete das in relativ scharfen Worten, dass sie bitte schön selbst als Ostdeutsche angesehen werden möchte. Ihr ostdeutscher Wahlkreis liege in einem Zentrum der Probleme. Sie möchte nicht aus dieser Heimat vertrieben werden.
Wie geht es weiter?
Sollte die CDU an diesem Montag auf dem Bundesparteitag dem Koalitionsvertrag zustimmen - womit gerechnet wird - und sollte das Ergebnis des SPD-Mitgliederentscheids am kommenden Sonntag positiv ausfallen, könnte das Kabinett im März seine Arbeit aufnehmen. Es sei ein "tatkräftiges und auf die Zukunft ausgerichtetes" Team, sagte Merkel.
Die offizielle Ernennung der Minister übernimmt dann, so will es das Grundgesetz, der Bundespräsident.
Das ist das neue Kabinett Merkel
Wer sitzt mit Angela Merkel am Kabinettstisch, wenn die GroKo startet? Auch die SPD hat entschieden, wer auf welchen Stuhl rückt - mit einigen Überraschungen. CDU und CSU hatten ihre Ressorts bereits vergeben.
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Bald viel im Flieger: Heiko Maas
Das ist ein Aufstieg: Heiko Maas (51, SPD) wechselt vom Justiz- ins Außenministerium. Als Justizminister löste Maas mit einem Gesetz gegen Hass im Netz Debatten aus, stieß auf viel Widerspruch. Im Außenamt könnte er an Popularität gewinnen - vielleicht soll der Saarländer ja als nächster Kanzlerkandidat der SPD aufgebaut werden?
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Der Neue mit dem Auftrag schwarze Null
Olaf Scholz (59, SPD) ließ sich als Kandidat für das Finanzministerium nicht lange bitten, sich zum Credo seines Vorgängers Wolfgang Schäuble (CDU) zu bekennen. Auch der bisherige Erste Bürgermeister Hamburgs will die schwarze Null sichern und keine neuen Schulden machen. Das steht im Koalitionsvertrag, gefällt aber nicht allen in der SPD. Scholz wird auch Vizekanzler.
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Arbeit für Hubertus Heil
Der frühere SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, 45, wird neuer Minister für Arbeit und Soziales. Der Niedersachse bekommt damit ein Riesenministerium. Das BMAS, so die offizielle Abkürzung, hat ein Haushaltsvolumen von deutlich über hundert Milliarden Euro und ist damit mit Abstand das Bundesministerium mit den höchsten Ausgaben.
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Jung und aus dem Osten
Auch ohne Seilschaften in der Bundestagsfraktion kann man sich also hocharbeiten: Franziska Giffey (39, SPD), bislang Bürgermeisterin im Berliner Bezirk Neukölln, wird Familienministerin. Giffey gilt als Verfechterin von Recht und Ordnung. Damit hat sie sich im als "Problembezirk" bezeichneten Neukölln einen Namen gemacht. Sie gilt als konservativ.
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Frau Schulze von der SPD
Ministererfahrung hat sie bereits, allerdings auf Landesebene. In Nordrhein-Westfalen (NRW) führte Svenja Schulze (49, SPD) bis 2017 das Forschungsministerium. Seit dem Ausscheiden ihrer Partei aus der Landesregierung ist sie Generalsekretärin in NRW. Sie folgt nun der scheidenden Umweltministerin Barbara Hendricks nach.
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"Universalwaffe" der SPD ins Justizressort
Katarina Barley (49, SPD), ist amtierende Familienministerin und soll in Zukunft für Justiz verantwortlich sein. Sie übernimmt das Ressort von ihrem Parteifreund Heiko Maas, der Außenminister werden soll. Zuletzt hatte sich Barley vor allem für eine Stärkung von Frauenrechten eingesetzt. Sie fordert: "Wir brauchen den Gender-Blick in allen Ministerien."
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Merkels Mann für alle Fälle
Auf Peter Altmaier (59, CDU) als Kanzeramtsminister konnte und hat sich seine Chefin stets verlassen, auch in der umstrittenen Flüchtlingspolitik. Jetzt soll er das Ministerium für Wirtschaft und Energie übernehmen. Nach dem Verlust des Finanzministeriums an die SPD gilt es als besonders wichtiges Ressort für den starken Wirtschaftsflügel in der CDU.
Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka
Ganz nah bei der Kanzlerin
Auch Helge Braun (45, CDU) ist ein Mann, dem Angela Merkel vertraut, heißt es in Berlin. Bisher war er Staatsminister bei der Bundeskanzlerin. Jetzt soll er Peter Altmaier als Kanzleramtschef folgen. Der gelernte Notfallmediziner soll dafür sorgen, dass der Betrieb rund um Merkel reibungslos läuft.
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Bundeswehr weiter die Richtung weisen
Ursula von der Leyen (59, CDU) stand zuletzt bei der Frage der Ausrüstung und Einsatzbereitschaft der Truppe gehörig unter Druck. Von der Leyen, die bereits als Familienministerin mit Merkel regierte, wird auch als nächste NATO-Generalsekretärin gehandelt. Doch in Brüssel steht der Amtswechsel erst in zwei Jahren an. Mindestens bis dahin soll sie Verteidigungsministerin bleiben.
Bild: picture-alliance/AP Images/J. Macdougall
Senkt den Altersschnitt, kennt ihr Ressort
Julia Klöckner (45, CDU) kommt aus Rheinland-Pfalz im deutschen Südwesten, einem Bundesland mit viel Landwirtschaft und Weinbau. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende ist schon lange in Berlin präsent und mit der Kanzlerin vertraut. In der nächsten Regierung soll sie das Landwirtschaftsministerium leiten, hier war sie schon einmal zwei Jahre lang als parlamentarische Staatssekretärin tätig.
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Jung, kritisch, ehrgeizig
Jens Spahn (37, CDU) soll nun Gesundheitsminister werden. Er kommt aus dem starken Landesverband Nordrhein-Westfalen und gilt als Merkel-Kritiker, der in ausländischen Medien schon als ihr möglicher Nachfolger gehandelt wurde.
Bild: picture alliance/dpa/M. Kappeler
Das Kaninchen aus dem Zylinder
Mit Anja Karliczek (46, CDU) hat Merkel eine Chefin für das Bildungsministerium benannt, die wohl die wenigsten auf dem Schirm hatten. Die Diplom-Kauffrau hat im September zum zweiten Mal in Folge das Direktmandat im Wahlkreis Steinfurt III (NRW) geholt und ist seit Januar 2017 Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Bild: imago/M. Popow
Die Frau für Kultur und Medien
Um Kultur kümmert sich in der deutschen Regierung traditionell kein eigenes Ministerium, sondern eine Kulturstaatsministerin im Kanzleramt. Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien ist Monika Grütters (56, CDU) und sie soll es auch bleiben. Union und SPD wollen Kultur in ganz Deutschland fördern. Grütters sieht Kultur als "Brückenbauerin in einer vielfältigen Gesellschaft".
Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka
Neue Heimat für den CSU-Chef
Horst Seehofer (68, CSU), seit 2008 bayerischer Ministerpräsident, soll neuer Innenminister werden. Der hartnäckigste Verfechter der Obergrenze in der Flüchtlingsdebatte soll mehr Verantwortung bekommen als sein Vorgänger Thomas de Maizière: Seehofer hat sich für sein Ministerium auch die Themen Heimat und Bau gesichert.
Bild: picture alliance/dpa/M. Balk
Rückkehr ins Verkehrsministerium
Andreas Scheuer (43, CSU) war als Generalsekretär ganz seiner Partei verpflichtet. Doch er hat auch schon Erfahrungen in der Bundespolitik aufzuweisen. Bis 2013 war er parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Jetzt soll er selbst das Verkehrsministerium übernehmen, zu dem auch das Ressort Digitales gehört.
Bild: picture-alliance/ZUMA Wire/S. Babbar
Gerd Müller bleibt
Kein Minister außer dem Außenminister ist wohl weltweit so sehr auf Achse wie der Entwicklungsminister. Gerd Müller (62, CSU), der bisherige Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, wie es offiziell heißt, soll auch weiter die verschiedenen Kultur- und Klimazonen der Erde bereisen. Fluchtursachen durch Entwicklung bekämpfen, das bleibt eine seiner großen Aufgaben.
Bild: picture alliance/dpa/H. Hans
Soll dirigieren: Merkel IV
Mehr als fünf Monate musste Angela Merkel (63, CDU) warten - jetzt ist so gut wie sicher, dass sie zum vierten Mal Chefin eines Bundeskabinetts wird. Läuft alles nach Plan, dann dürfte sie am 14. März zum vierten Mal als Bundeskanzlerin vereidigt werden.