Kanzlerwahl: SPD-Abweichler wollen Merz nicht unterstützen
1. März 2025
In den Reihen der SPD gibt es derzeit mindestens acht Bundestagsabgeordnete, die den CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz nicht zum Bundeskanzler wählen wollen. Das ist das Ergebnis einer Abfrage unter allen 120 Mitgliedern der neuen SPD-Fraktion, wie die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) berichtet.
Demnach gibt es vier sozialdemokratische Abgeordnete, die grundsätzliche Bedenken gegen Merz haben. Vier weitere Fraktionsmitglieder würden laut FAS - Stand jetzt - ebenfalls nicht für Merz stimmen. Sie würden das demnach auch künftig nicht tun, wenn sich das zuletzt angespannte Verhältnis zu den konservativen Unionsparteien CDU und CSU nicht bessere.
Sebastian Roloff, einer der Abgeordneten, sagte dazu der Zeitung, er kenne noch weitere mögliche Abweichler: "Ich weiß von deutlich mehr als drei Händen voll - womit die Mehrheit ja schon wackeln würde -, die sich mit einer schwarz-roten Koalition sehr schwer tun." Er müsse Merz seine Stimme nicht geben, so Roloff weiter. "Ich bin nur meinem Gewissen verpflichtet."
Merz "sehr weit rechts"
Ähnlich äußerte sich die SPD-Parlamentarierin Annika Klose: "Wie soll ich meine Hand für Friedrich Merz heben? Die politischen Gräben sind sehr tief. Das ist nicht mehr die Merkel-CDU." Merz und CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann seien "sehr weit rechts, sehr konservativ, sehr neoliberal". Klose erwähnte in diesem Zusammenhang die gemeinsame Bundestagsabstimmung von CDU/CSU und AfD zur Migrationspolitik sowie die "Kleine Anfrage" der Union zu staatlich geförderten NGOs.
Der SPD-Abgeordnete Jan Dieren begründete seine Ablehnung mit mangelndem Vertrauen. "Wenn man mit denen einen Koalitionsvertrag aushandelt, wie viel ist der ein paar Wochen später noch wert?", fragte Dieren.
"Konstruktive" Sondierung
Merz gab sich hingegen optimistisch, mit der SPD eine tragfähige Regierung bilden zu können. Das Votum der Wähler lasse der Union nur eine Option, mit wem man in eine Regierung gehen könne, nämlich mit den Sozialdemokraten, sagte Merz bei einer Wahlkampfveranstaltung der CDU Hamburg. In dem norddeutschen Bundesland wird an diesem Sonntag (2. März) ein neues Landesparlament, die sogenannte Bürgerschaft gewählt.
Das erste Sondierungsgespräch zwischen Union und SPD am Freitag in Berlin habe in einer "ausgesprochen guten und konstruktiven Atmosphäre stattgefunden", berichtete der christdemokratische Kanzlerkandidat. Man habe vereinbart, die politischen Ränder wieder kleiner werden zu lassen - "sowohl links als auch rechts". Das desaströse Ergebnis der SPD (16,4 Prozent) bei der Bundestagswahl erfülle ihn "nicht mit Schadenfreude oder Häme". Eine starke sozialdemokratische Partei in Deutschland sei "ein Wert an sich", meinte Merz, dessen Union 28,5 Prozent erzielte.
Zuvor hatten die Generalsekretäre von SPD, CDU und CSU in einer gemeinsamen Erklärung nach den stundenlangen Beratungen ebenfalls betont, die Atmosphäre sei "offen und konstruktiv" gewesen. Details über die Inhalte wurden nicht bekannt, weil Stillschweigen vereinbart wurde. Die Sondierungsrunde will sich kommende Woche wieder treffen.
wa/haz (FAS, afp, dpa)