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Politik

ZAR: "Kein religiöser Konflikt"

14. September 2017

Die Gewaltspirale in der Zentralafrikanischen Republik dreht sich immer weiter. Der Erzbischof von Bangui, Kardinal Dieudonne Nzapalainga, kritisiert im DW-Interview die Gleichgültigkeit der internationalen Gemeinschaft.

Dieudonné Nzapalainga
Bild: DW/C. Strack

Die katholische Kirche in der Zentralafrikanischen Republik hat mehr internationales Engagement zur Lösung des andauernden Konflikts in dem Land gefordert. Zugleich wies der Erzbischof von Bangui, Kardinal Dieudonne Nzapalainga, die Ansicht zurück, der Konflikt sei in muslimisch-christlichen Auseinandersetzungen begründet. „Glaube und Religion werden zu politischen Zwecken missbraucht und manipuliert", sagte der 50-Jährige. Nzapalainga äußerte sich am Dienstag am Rande des Weltfriedenstreffens der Religionen in Münster, das die katholische Gemeinschaft Sant'Egidio organisiert hatte.

DW: Eminenz, in den vergangenen Tagen ist der gewaltsame Konflikt in der Zentralafrikanischen Republik erneut eskaliert. Was macht die katholische Kirche gegen die Gewalt?

Kardinal Dieudonne Nzapalainga: Die Kirche ist an der Seite all jener, die von dieser Gewalt betroffen sind. Sie tröstet sie, sie hilft ihnen, unterstützt sie wie eine Mutter. Und sie prangert diese Straftaten, diese Gewalt prophetisch im Namen der Opfer an. Wir fordern alle Beteiligten auf, die Waffen niederzulegen und zum Dialog zurückzukehren. Wie Sie wissen, hat die Kirche keine Waffen. Ihre Waffe ist das Wort. Sie richtet sich also an den Geist und die Herzen und versucht so, die Menschen zu überzeugen.

Auf dem Höhepunkt der Krise sprachen viele von einem Konflikt zwischen Muslimen und Christen. Wie steht es jetzt um die muslimisch-christlichen Beziehungen?

Ich habe immer gesagt: Dies ist kein Religionskonflikt zwischen Muslimen und Christen. Es ist ein militärisch-politischer Konflikt. Wir sehen auf der einen Seite die Menschen, die mit Waffen daherkommen, und auf der anderen Seite die Politiker, die Erklärungen zu diesem Konflikt abgeben. Dabei werden Glaube und Religion zu politischen Zwecken missbraucht und manipuliert. Wir wollen, dass alle Seiten die Kriegstreiber auffordern, ihre Waffen niederzulegen, in den Dialog einzutreten und Frieden im Land zu schaffen. Ich habe selbst den Imam, der bedroht wurde, bei mir willkommen geheißen und ihm Schutz geboten. Wäre es ein Glaubenskrieg gewesen, wäre das ja gar nicht akzeptiert worden. Im Rahmen dieses Konflikts gibt es Christen, die von Imamen geschützt werden, und Muslime, die von Priestern geschützt werden. Das ist unsere Weise, deutlich zu machen, dass es kein Religionskrieg ist.

Die Afrikanische Union hat eine Roadmap vorgelegt, um einen Ausweg aus der Krise in der Zentralafrikanischen Republik zu erreichen. Was erwarten Sie? Was ist nötig, um ein Ende der Krise zu erreichen?

Um ein Ende der Krise zu erreichen, müssen all jene, die unter Waffen sind, diese niederlegen und akzeptieren, dass sie sich an einen Tisch setzen und miteinander sprechen. Das ist auch das, worum sich die Gemeinschaft Sant‘Egidio in Rom bei ihrer Vermittlungsarbeit bemüht hat. Diese Roadmap macht es erforderlich, dass alle das Kriegsbeil begraben. Das Schwierige ist, dass die Menschen jetzt nicht wissen, was sie tun sollen. Sie haben die ganze Zeit mit Waffen gelebt und wissen nicht, wie es weitergeht. Deswegen müssen wir nach Alternativen suchen, damit die Menschen nicht verzweifeln, sondern wissen, wohin sie gehen können.

Amnesty International fordert ein robustes Mandat für MINUSCA, die UN-Blauhelmtruppe in Ihrem Land. Was ist Ihrer Meinung nach erforderlich, um das Land zu sichern und die Menschen zu schützen?

Wir fordern, dass diejenigen, die zu uns kommen, um Frieden zu schaffen, diese ihre Aufgabe auch erfüllen. Die Bevölkerung hat kein Verständnis, wenn jene Blauhelme, die Waffen tragen und auf ihren Fahrzeugen sitzen, gerade einmal 500 Meter weit entfernt sind, während Rebellen in die Häuser der Zivilbevölkerung eindringen. Jeder muss seine Verantwortung wahrnehmen, um die leidende Bevölkerung zu schützen.

Was erwarten Sie von der internationalen Gemeinschaft und vor allem von Deutschland, um die Krise im CAR zu lösen?

Die internationale Gemeinschaft darf nicht gleichgültig bleiben gegenüber dem, was in der Zentralafrikanischen Republik passiert. Wir leben in Zeiten der Globalisierung, Was bei uns passiert, das betrifft auch die Menschen hier oben, im Norden. Deutschland kann seinen Beitrag leisten in militärischer Hinsicht, bei Sicherheitsfragen und in politischer Hinsicht.

Kardinal Dieudonne Nzapalainga ist seit 2012 Erzbischof von Bangui, der Diözese der Hauptstadt der zentralafrikanischen Republik. Der 50-Jährige ist seit seiner Ernennung im vergangenen Jahr der jüngste Kardinal in der katholischen Kirche.

Das Interview führte Christoph Strack