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Gesellschaft

Kardinal Pell darf in Berufung gehen

13. November 2019

Er war die Nummer Drei in der Hierarche des Vatikans und sein Absturz war atemberaubend: Kardinal Pell sitzt wegen Kindesmissbrauchs im Gefängnis. Doch das Urteil darf nun vor dem Obersten Gericht angefochten werden.

Inhaftierter Kardinal geht gegen Missbrauchsurteil in Berufung
Bild: picture-alliance/dpa/D. Crosling

Das oberste australische Gericht, der High Court in der Hauptstadt Canberra, wird sich mit dem Einspruch des ehemaligen Finanzchefs des Vatikans zu befassen. Das allerdings frühestens nach der Sommerpause des Gerichts im Februar. Der australische Kardinal George Pell hofft darauf, dass seine Verurteilung dann aufgehoben wird.

Wegen des Missbrauchs von zwei Chorknaben soll der heute 78-Jährige insgesamt sechs Jahre in Haft verbringen. Pell ist der ranghöchste Geistliche in der Geschichte der katholischen Kirche, der wegen Kindesmissbrauchs verurteilt wurde. Der Kardinal sitzt seit März in einem Melbourner Gefängnis und nahm nicht an der Anhörung teil. Der erste Versuch, das Urteil von einem Berufungsgericht aufheben zu lassen, scheiterte im August. Demnach hätte Pell frühestens im Oktober 2022 vorzeitig freigelassen werden können.

Karriere zu Ende - so oder so

Mit der Zulassung der Berufung erhält der gesundheitlich angeschlagene Geistliche eine letzte juristische Chance, gegen seine Verurteilung wegen Kindesmissbrauchs vorzugehen. Falls er am High Court of Australia einen Freispruch erreichen sollte, wäre er wieder ein freier Mann, allerdings dürfte Pells kirchliche Karriere beendet sein. Der Vatikan hatte ihm untersagt, sein Priesteramt öffentlich auszuüben und Kontakt mit Minderjährigen zu haben. Und er gehört nicht mehr zum Beratungsgremium des Papstes - sein Mandat als Finanzchef lief automatisch aus.

Nach dem Urteil des Geschworenengerichts im März hatte der Vatikan angekündigt, abwarten zu wollen, bevor er über weitere Konsequenzen entscheidet. Pell selbst weist seit jeher alle Vorwürfe zurück. Die Anwälte des australischen Geistlichen hatten argumentiert, dass zwei von drei Richtern am Berufungsgericht, die das Urteil im August bestätigten, Fehler gemacht hätten. Aufgrund von Aussagen einiger Zeugen hatten sie zudem angezweifelt, ob Pell überhaupt die Gelegenheit dazu gehabt habe, die Jungen zu missbrauchen. Die Anwälte plädierten daher für einen Freispruch.

Als sie endlich berichten durften, war der Andrang der Medien großBild: Getty Images/S. Barbour

Der Fall reicht in die Jahre 1996/97 zurück, als Pell gerade Erzbischof von Australiens zweitgrößter Stadt Melbourne geworden war. Nach einem Gottesdienst soll er sich an den zwei Chorknaben vergangen haben, die damals 13 Jahre alt waren.

Nach dem Prozess hatten sich sich 23 Medienvertreter in Australien für ihre Berichterstattung im Fall Pell verantworten müssen. Der Vorwurf des Gerichts lautete "Skandalisierung" trotz einer landesweiten extremen Nachrichtensperre. Denn während des gesamten Verfahrens durfte nichts über den Prozess nach außen dringen. Selbst ausländische Medien waren von der sogenannten "Suppression Order" betroffen, wenn sie in Australien empfangen werden konnten. Man durfte nicht einmal berichten, dass es verboten war, zu berichten. Das Gericht begründete das damit, dass Geschworene in einem anderen Verfahren gegen Pell von den Medien beeinflusst werden könnten.

rb/hk (ap, dpa, kna, rtr)