Mehr als 300 Tonnen süßes Wurfmaterial kommt bei den Karnevalsumzügen zum Einsatz. Besucher achten meist mehr auf "Kamelle und Strüssje" als auf die Motive der Wagen. Trotzdem gibt es politische Botschaften.
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Karneval 2018: Was sind die Themen im Kölner Rosenmontagszug?
Die Mottowagen bei den deutschen Karnevalsumzügen sollen provozieren. Die Politik liefert genug Stoff für Spott und Lustiges. Auch 2018 trifft im Kölner Zug wieder Lokales auf Weltpolitik.
Politische Themen sind Dauerbrenner auf den Karnevalsumzügen. Manches ist allerdings lokalpolitisch verschlüsselt und nur für Insider der kölschen Politik zu verstehen. Hier geht es um die "Schäl Sick", die verschmähte rechte Rheinseite, die gern eigenständiger werden möchte. Am Freitag (26.1.2018) sind die ersten Entwürfe für die neuen Motive für den Kölner Rosenmontagszug vorgestellt worden.
Sie sind quasi die Führungsriege der Oberkarnevalisten: Das Kölner Dreigestirn der Session 2018 "Jungfrau" Emma (li), "Prinz" Michael II. (Mitte) und "Bauer" Christoph (re). Ihre "Hofburg" im Kölner Hotel Pullman haben sie zum Sessionsauftakt am 3.1.2018 bezogen. Dort residieren sie ganz feudal bis zum Aschermittwoch. Bis dahin sind sie im Dauereinsatz auf den Karnevalssitzungen der Region.
Bild: picture-alliance/dpa/H. Galuschka
Hauptsache bunt und aufgebrezelt
Der "Dom zu Kölle" ist überall präsent in Köln, sogar als Kostüm, Mottowagen und karnevalistische Dekorationen - ein echter Klassiker. Das haben die Kölner den Düsseldorfer Karnevalisten voraus, die zumindest kein zentrales Motiv dieser Sorte haben.
Bild: picture-alliance/dpa/O. Berg
"Mer losse d'r Dom en Kölle..."
Am Dom treffen jedes Jahr Hunderttausende von Karnevals-Touristen auf alt-eingessene Kölner "Jecken". Bis zu einer Million Zuschauer säumen die Straßenränder. Eingefleischte Karnevalisten treten in Deutschland gern in Rudeln auf, die sich gemeinsam als Gruppe verkleiden - wie hier als Zwergentruppe.
Bild: picture-alliance/dpa/R.Vennenbernd
Alaaf versus Helau
Wer einmal erleben will, wie schnell die Humorgrenzen feierwütiger Karnevalisten erreicht sind, der sollte einmal laut "Helau" inmitten von Kölner Karnevalisten rufen. Das ist in der Domstadt nicht erlaubt: Hier ruft man "Alaaf" - und nichts anderes. Nur in Düsseldorf und Umgebung ist die Variante "Helau" gebräuchlich. Da gehen die Kulturgrenzen quer durchs Rheinland.
Bild: picture-alliance/CITYPRESS 24
Brexit weiterhin ein Thema
Eines der politischen Themen, die immer noch aktuell sind, ist der Brexit der Briten. Noch ist nicht klar, wie der EU-Austritt überhaupt funktionieren soll. 2018 wandeln die Mottowagen in den deutschen Karnevals-Hochburgen Köln, Düsseldorf und und Mainz ihre Bildmotive nur ab. Dieser Wagen hier fuhr schon 2017 im Düsseldorfer Rosenmontags-Zug mit.
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Schon Geschichte: Schulz als Wahlkämpfer
Wie schnell politische Akteure Geschichte schreiben, zeigt der Kölner Mottowagen zu SPD-Chef Schulz. Seine Rolle als kraftstrotzender Wahlherausforderer von Kanzlerin Angela Merkel gehört bereits in den Kostümfundus der Karnevalisten. Inzwischen tritt Martin Schulz mit Schlips und Anzug als Verhandlungsführer der Sozialdemokraten auf und redet "auf Augenhöhe" mit der CDU-Chefin.
Bild: Getty Images/L. Schulze
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Viele Themen für die diesjährigen Karnevalswagen bergen wenig Überraschendes: Die GroKo, also die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD, US-Präsident Trump und der türkische Staatspräsident Erdogan. Dabei wollten die Kölner Karnevalisten beim Rosenmontagszug 2018 eigentlich politischere Themen aufs Korn nehmen.
"In den vergangenen Monaten ist einfach so viel passiert, so dass wir gar nicht daran vorbeikommen, es zu karikieren", sagte Zugleiter Alex Dieper am Freitag (26.01.2018) bei der Vorstellung der Entwürfe für die Persiflagewagen. Jeder Wagen orientiere sich an dem diesjährigen Sessionsmotto "Mer Kölsche danze us der Reih" ("Wir Kölner tanzen aus der Reihe"), das sich inhaltlich durch alle Motive des diesjährigen Kölner Karnevals zieht.
Ein Motiv zeigt zum Beispiel den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un beim "Dirty Dancing" mit einer Atomrakete. Eine Bildgestaltung, die sich eher am Rande der Geschmacklosigkeit bewegt. Die Motive sollen offenbar auch bei höherem Alkoholpegel verstanden werden. Ein anderer Wagen mit dem Titel "Schweinepolka" thematisiert die #MeToo-Kampagne und wirkt dabei selber sexistisch. Seit Bekanntwerden des Weinstein-Skandals 2017 macht der Hashtag nachhaltig im Netz auf sexuelle Belästigungen und sexuelle Gewalt gegen Frauen aufmerksam.
Eine Million Zuschauer jedes Jahr
Auch die deutsche Bundesregierung bekommt traditionell ihr Fett weg: Auf einem Wagen zur eventuell nochmal neu zustande kommenden Großen Koalition sitzen die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)und SPD-Chef Martin Schulz auf zwei Schaukeln, die in einer "Großen Kollision" gegeneinander zu prallen drohen.
Thematisiert werden u.a. auch der weltweite Klimawandel, der umstrittene Video-Schiedsrichter in der Fußball-Bundesliga und die Inhaftierung von Reisenden in der Türkei. Manches gehört bei den aktuellen politischen Bezügen der Kölner Motivwagen eher in die Kategorie "grenzwertiger Humor".
In Düsseldorf wird 2018 der erste jüdische Motto-Wagen zu Ehren des deutschen Dichters Heinrich Heine im traditionellen Rosenmontagszug mitfahren.
Karnevalzüge sind ein Wirtschaftsfaktor
Insgesamt werden beim diesjährigen Kölner Rosenmontagszug am 12. Februar 26 Motivwagen und 44 reich dekorierte Festwagen mitfahren, 70 Trecker sind dafür im Einsatz. Das verwendete Material für den Bau der Motto-Wagen ist beeindruckend hoch: 4.000 Meter Dachlatten, 15.000 Meter Bindedraht, 2.000 Quadratmeter Maschendraht, 320 Quadratmeter Hartfaser-/Span- und Tischlerplatten werden jedes Jahr verbraucht. 1.800 Kilogramm Nägel, Schrauben und sonstige Kleinteile sind nötig, sowie 1.000 Kilogramm Farbe sowie reichlich Kleber, Kleister, Schaumstoff und Styropor, bis die großen Figurenwagen fertig gebaut sind.
Als fertiggebaute Wagen werden die Motive am 6. Februar 2018 der Öffentlichkeit präsentiert – wieder pünktlich um 11.11 Uhr in Köln.
Elf Fakten zur fünften Jahreszeit
Am 11.11. um 11 Uhr 11 stürmten bunt verkleidete Menschen die Rathäuser. Sie übernehmen damit für die nächsten Wochen symbolisch die Macht. Der Karneval in Deutschland beginnt!
Bild: dapd
Die närrische Zahl Elf
Die Elf steht seit dem Mittelalter für Maßlosigkeit und Sünde: Heute ist sie auch als Schnapszahl bekannt. Wie in den Jahren vor Corona darf nun wieder unbeschwert getrunken und gefeiert werden.
Bild: picture-alliance/dpa/F. von Erichsen
Der Hoppeditz erwacht
Diese Narrenfigur ist typisch für Düsseldorf: Pünktlich um 11 Uhr 11 klettert der Hoppeditz aus einem Senftöpfchen vor dem Rathaus und läutet mit seiner Rede die fünfte Jahreszeit ein.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Gambarini
Das Kölner Dreigestirn
In den meisten Karnevalshochburgen übernimmt ein Prinzenpaar die Regentschaft, in Köln ist es ein Dreigestirn, bestehend aus Jungfrau, Prinz und Bauer. Im Gegensatz zum Vorjahr wurden fast alle coronabedingten Einschränkungen gelockert, somit sollte dem Spaß nichts im Wege stehen.
Bild: picture-alliance/dpa/O. Berg
Mainzer Schwellköpp
"Helau" - so schallt es ab dem 11.11. wieder durch Mainz. An diesem Tag wird traditionell das närrische Grundgesetz verkündet. Darin heißt es: "Gelobt sei jeder Narr, der auch im nüchternen Zustand närrisch ist."
Bild: Reuters/R. Orlowski
Karneval in Cottbus
Es ist ein Gerücht, dass Karneval nur in Westdeutschland gefeiert wird. Die ostdeutsche Stadt Cottbus stellt es jedes Jahr wieder unter Beweis. Auch hier übernehmen Narren das Rathaus.
Bild: dapd
Sitzungskarneval
Nachdem es in der Adventszeit ruhiger wird, drehen die Narren im neuen Jahr traditionell wieder auf. Sofern die Infektionslage weiterhin stabil bleibt, werden die Karnevalsvereine 2023 wieder zu ihren traditionellen Sitzungen und Bällen einladen.
Bild: picture alliance
Weiberfastnacht
An Weiberfastnacht geht der Karneval - normalerweise - in seine heiße Phase: Am Donnerstag vor Rosenmontag, natürlich um 11 Uhr 11, stürmen die Frauen die Rathäuser.
Bild: picture-alliance/dpa/H. Galuschka
Bützen
Männer dürfen an Weiberfastnacht natürlich mitfeiern, sollten sich aber in Acht nehmen: traditionell wird ihnen die Krawatte abgeschnitten. Und es werden Bützchen verteilt, also Küsschen, als Zeichen der Freude und des Frohsinns.
Bild: Reuters/T. Schmuelgen
Rosenmontag
Die Rosenmontagszüge, vor allem in den Rheinmetropolen, bilden den traditionellen Höhepunkt der fünften Jahreszeit. In Vor-Corona-Zeiten versammelten sich stets Tausende Schaulustige, um einen Blick auf die Motivwagen zu erhaschen, von denen aus Blumen und Süßigkeiten in die Menge geworfen werden.
Bild: Reuters/R. Orlowski
Schwäbisch-alemanische Fasnet
Schon an den handgeschnitzten Masken sieht man, dass der Karneval im Südwesten Deutschlands anders ist als am Rhein. Die großen Straßenumzüge am Faschingsmontag und -dienstag heißen "Narrensprünge". Die Teilnehmer bewegen sich hüpfend und springend in ihren historischen Kostümen durch die Straßen. Berühmt ist zum Beispiel der Narrensprung von Rottweil.
Bild: picture alliance/dpa
Aschermittwoch
Der Hoppeditz eröffnet die Karnevalssaison in Düsseldorf, er beendet sie auch. Traditionell wird die Narrenfigur (in Köln etwa wird sie Nubbel genannt) am Aschermittwoch jammernd und unter Tränen verbrannt oder in einem Sarg beerdigt. Verbunden mit der Hoffnung, dass dieser Sündenbock am nächsten 11.11. wieder aufersteht und die fünfte Jahreszeit aufs Neue einleitet.