Karneval in Rio beginnt mit Eklat
25. Februar 2017Nach monatelangen Vorbereitungen war es am Freitagabend endlich so weit: Der Karnevalskönig "Rei Momo" sollte in Rio de Janeiro die traditionelle Schlüsselübergabe mit dem Bürgermeister zelebrieren, mit der die Narren symbolisch die Herrschaft in der Millionenstadt übernehmen. Zehntausende Tänzerinnen und Tänzer fieberten schon ausgelassen dem großen Moment entgegen - doch der kam nicht.
Grund dafür war ein in Rio noch nie dagewesener Vorgang: Bürgermeister Marcelo Crivella schwänzte die offizielle Eröffnungsfeier und ließ die Karnevalisten mehr als zweieinhalb Stunden warten. "Wo ist Crivella?" riefen einige von ihnen - doch ohne Erfolg.
Am Ende erlöste die Kulturbeauftragte der Stadt, Nicemar Nogueir, die Karnevalisten und übergab den symbolischen Schlüssel an König Momo. Das Fernbleiben ihres Dienstherren entschuldigte sie damit, dass Crivella sich um seine kranke Frau kümmern müsse.
Doch diese Erklärung wird von vielen Cariocas - so nennen sich die Bewohner Rios - nicht wirklich geglaubt. Denn schon in den Tagen zuvor war spekuliert worrden, ob der ultrakonservative Crivella der Veranstaltung fernbleiben würde. Neben seinem Job als Bürgermeister ist er Bischof der "Universellen Kirche des Königreichs Gottes", einer evangelikalen Mega-Kirche. Mehrfach schon hatte er betont, dass er dem Karneval nichts abgewinnen könne. Seine Kirche betrachtet die Feiern als Sünde.
Bevölkerung enttäuscht…
Unter den feiernden und tanzenden Karneval-Fans machte sich Unverständnis breit. "Er ist unser Bürgermeister und er sollte unsere Freude am Karneval teilen und hier mit uns feiern", sagte eine Tänzerin der Nachrichtenagentur AFP.
Die Familie, die in diesem Jahr den Karnevalskönig stellt, zeigte sich während des langen Wartens zunehmend enttäuscht. " Wenn er Karneval nicht mag, ist das seine Sache. Er soll doch einfach nur herkommen, den Schlüssel an König Momo übergeben und wieder gehen", sagte Mauricio George de Jesus.
… aber nicht lange
Doch nach dem offiziellen Startschuss war die Enttäuschung schnell vergessen. Überall in den Straßen Rios tanzten und feierten die Cariocas zu Samba-Rhythmen. Den Höhepunkt erreichen die Feierlichkeiten am Sonntag und Montag, wenn vor mehr als 70.000 Zuschauern im Sambodrom die Sieger im diesjährigen Wettbewerb der Samba-Schulen ermittelt werden. Insgesamt werden mehr als eine Million Touristen bis zum Ende des seit mehr als zwei Wochen laufenden Karnevals am 28. Februar erwartet.
Kaum etwas erinnert in dieser Zeit an den brasilianischen Krisen-Mix aus hoher Kriminalitätsrate, desaströsem Haushaltsdefizit und wirtschaftlicher Rezession mit Rekordarbeitslosigkeit. "Der Karneval ist eine große Party", sagt Schriftsteller Gregorio Duvivier und ergänzt: "Er lässt uns unsere Probleme wenigstens für ein paar Tage vergessen."
mak/AR (afp, ape)