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Karneval trotz Corona: Der 11.11. wird gefeiert

10. November 2021

In Köln und Düsseldorf wollen am 11.11. Tausende den Karnevalsauftakt feiern. Zugang haben nur Geimpfte und Genesene. Wie kann das funktionieren?

Verkleidete Frauen in Köln vor dem Dom
So sieht der Karneval normalerweise in Köln aus. Feiern soll auch am 11.11. möglich seinBild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Karneval ist eigentlich unvorstellbar in diesen Tagen, an denen wir - und täglich grüßt das Murmeltier - gerade erleben, wie Deutschland mit Pauken und Trompeten in die vierte Corona-Welle rauscht. Die bedrohlichen Zahlen - so viele Neuinfektionen wie noch nie - scheinen eingefleischte Karnevalisten jedoch nicht von ihrem Treiben abzubringen.

Der Rest der Welt fragt sich fassungslos, ob diese Narren jetzt ihrem Namen alle Ehre machen - ist doch das Karnevalstreiben im November sowieso für viele Menschen ein Rätsel.

Was bedeutet der 11.11.?

Tatsächlich gehört dieser Novembertag zu einer alten Tradition - in Köln, Düsseldorf, auch in Mainz und in anderen sogenannten Hochburgen ist der Elfte im Elften ein magisches Datum. Dafür gibt es verschiedene Erklärungen: In der Numerologie steht die Zwillingszahl 11 für einen Neuanfang. Gleich doppelt kann das nur Gutes bedeuten.

Jeck - aber sicher: ein Foto aus der Kölner Altstadt vom Karneval 2020Bild: Frank Rumpenhorst/dpa/picture alliance

In der christlichen Mythologie war die Zahl 11 eher ein Zeichen für Sünde und Maßlosigkeit - immerhin befand sie sich außerhalb der Zehn Gebote. Die 11 symbolisierte nicht den Willen Gottes sondern den des Menschen. Sprich: Der Mensch konnte machen, was er wollte - er hatte "Narrenfreiheit". Als "Narrenzahl" bedeutet die 11 auch dies: Unter der Narrenkappe sind alle Menschen gleich.

Der Elfte im Elften wird auf verschiedene Weisen begangen: In Düsseldorf etwa wird der Schelm "Hoppeditz" zum Leben erweckt, in Köln stellt sich das neue Dreigestirn mit Prinz Karneval, Bauer und Jungfrau vor und in Mainz wird die traditionelle "Narrencharta" verlesen.

Diese Feste finden auf den großen Plätzen, meistens vor den Rathäusern der Städte, statt. Es wird mit lokalen Musikgruppen und jeder Menge Alkohol den ganzen Tag gefeiert. Auch die Kneipen machen mit, dort dauert so manche Party bis in die Morgenstunden.

Warum muss das jetzt sein?

So ein Bild wollen die Kölner Karnevalsfans in diesem Jahr nicht mehr sehenBild: Rolf Vennenbernd/picture alliance/dpa

Im vergangenen Jahr sind diese Feiern ausgefallen - der Karneval begann und blieb still und leise, die "Jecken" blieben zu Hause. In diesem Jahr aber soll wieder gefeiert und gesungen werden, die Menschen haben Sehnsucht danach, wollen wieder ein Stück Normalität nach eineinhalb Jahren Pandemie.

Auch die "Karnevalsindustrie" braucht die Feiern. Denn am Karneval hängt eine ganze Branche, die durch die Corona-Krise besonders zu leiden hat: die Unterhaltungsbranche. Vereine, Künstler, Agenturen, Veranstaltungstechniker, DJs, Brauereien, Kneipen, Hotels, Taxifahrer - sie alle teilen sich den großen Kuchen, der vom 11.11. bis Aschermittwoch allein in Köln bis zu 600 Millionen Euro generiert - so hat es die Unternehmensberatung Boston Consulting Group mit der Rheinischen Fachhochschule Köln 2018 errechnet.

Karneval nur mit 2G

Angesichts der bedrohlichen Zahlen haben jedoch schon in der vergangenen Woche einige Wirte beschlossen, ihre Lokale am 11.11. nicht zu öffnen. Andere wollen ihren Gästen trotzdem Karnevalspartys bieten und versprechen einen hohen Sicherheitsstandard.

Motivwagen: Der Karneval zeigt dem Coronavirus die "Lange Nase"Bild: Reuters/T. Schmuelgen

Die ursprünglich als ausreichend sicher geltende 3G-Regel war der Stadt Köln letztendlich zu riskant. Daher hat sie am vergangenen Montag bei der nordrhein-westfälischen Landesregierung bewirkt, dass in ganz Köln am Donnerstag die 2G-Regel herrscht. Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss zu Hause bleiben.

Wer soll das kontrollieren?

Die Stadt rechnet damit, dass sich trotz der 2G-Regel viele ungeimpfte Jecken in den Karneval stürzen wollen. Viele fragen sich, wie man die Einhaltung der Regel bei den zu erwartenden Menschenmassen gewährleisten will. Deswegen hagelt es ordentlich Kritik - hier twittert ein User kopfschüttelnd:

Um die Sicherheit auf den traditionellen Feiermeilen zu gewährleisten, werden dort schon seit einigen Tagen Absperrungen, Drängelgitter und Bauzäune errichtet, strenge Kontrollen mit viel Personal werden benötigt. Die Partymeile im Kölner Studentenviertel "Kwartier Latäng" sowie der große Platz am Heumarkt in der Kölner Altstadt werden quasi eingezäunt.

Für viele ist das nicht genug, am besten soll die ganze Stadt für zwei Wochen in Quarantäne:

Spektakel am Heumarkt mit Zugangsbeschränkung

Am Heumarkt in der Altstadt feiern sonst mehr als 15.000 Menschen dicht an dicht den Sessionsauftakt. Auf einer großen Bühne stehen die angesagten Karnevalsbands und spielen ihre neuesten Hits. Normalerweise wird dann das Kölner Dreigestirn mit Prinz, Bauer und Jungfrau vorgestellt. Doch diesmal müssen die Jecken ohne auskommen: Denn einen Tag vor dem 11.11. kam die Nachricht, dass Prinz Sven Oleff positiv auf Corona getestet wurde - obwohl er doppelt geimpft ist. Er zeigt zwar keine Symptome und Bauer und Jungfrau sind gesund, doch alle Auftritte des Dreigestirns in der Öffentlichkeit sind erst mal abgesagt. "Ich muss nicht betonen, wie traurig ich bin, nicht mit den kölschen Jecken in die Session starten zu können", erklärte der Prinz. Doch Sicherheit gehe vor. Nun wird nur die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker ein paar Worte an die Narren richten - und das Dreigestirn hofft, später in der Session ausgiebig mit den Kölner Jecken feiern zu können. 

Der Veranstalter des Spektakels am Heumarkt ist die Kölner Willi-Ostermann-Gesellschaft. Um das Risiko zu minimieren, war von vorneherein die 2G-Regel beschlossen worden, außerdem wird die Menschenmenge um rund ein Drittel reduziert. "Wir würden es niemals um jeden Preis machen", sagt der Präsident der Gesellschaft, Ralf Schlegelmilch. "Wir glauben, dass unser Konzept funktionieren wird."

Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist selbst eine "Jecke"Bild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat an alle Impfunwilligen noch einmal appelliert, sich impfen zu lassen - den Jecken in Köln gegenüber zeigt sie allerdings Verständnis: "Am Ende muss jeder und jede für sich selbst entscheiden, wie man den 11.11. begehen will", so Reker. Ironisch reagiert Twitter-User @Colonia51362810 auf diese Aussage: "Ich habe 'Verständnis' für die Bürgermeisterin. Sie ist in einer schwierigen Situation. Mit den Jecken möchte man sich in #Köln nicht anlegen. Da hört der Spaß auf."

Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online