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Kasparow gibt auf

Holger Hank11. März 2005

Der beste Schachspieler der Welt wirft die Figuren hin: Garri Kasparow beendet seine Karriere. Ein taktischer Zug gegen das Chaos der Schachwelt?

Denkt über seine Zukunft nach: Schachchampion KasparowBild: AP

Die Ankündigung des Großmeisters und Ex-Weltmeisters hatte sich in den letzten Monaten schon abgezeichnet. Immer frustrierter wirkte der Denksportler aus Baku. Zwar steht Kasparow seit 20 Jahren ungefährdet an der Spitze der Weltrangliste, aber seine Versuche, auf den offiziellen Schachthron zurückzukehren, sind zuletzt immer wieder gescheitert. Kasparow sieht sich als Opfer des Ränkelspiels eines korrupten Weltverbandes und eifersüchtiger Konkurrenten.

Mitschuldig

Kasparow am ZugBild: AP

Dass in der Schachwelt ein heilloses Durcheinander herrscht, ist unbestritten und ebenso unbestritten ist, dass der wohl beste Spieler aller Zeiten dazu nach Kräften beigetragen hat. Denn Kasparow hatte die von ihm beklagte Spaltung der Schachwelt selbst betrieben, indem er sich 1993 vom Weltverband FIDE trennte und eine eigene Weltmeisterschaft vermarktete. Diesen Titel Marke Eigenbau verlor er im Jahr 2000 an seinen Landsmann Wladimir Kramnik.

Doch für die Schachfans in aller Welt blieb Kasparow weiter der unbestrittene Champion. Und es spricht einiges dafür, dass Kasparow Karriere trotz seines Rücktritts vielleicht doch noch nicht vorbei ist. Denn mit seinem Schritt versucht Kasparow vor allem Druck auf den Weltverband FIDE und inbesondere dessen umstrittenen Chef Kirsan ljumschinow auszuüben. Der steht nicht nur der FIDE vor, sondern ist auch Präsident der russischen Provinz Kalmückien. Ein Amt, das es Iljumschinow offenbar erlaubt, immer wieder genug Geld abzuzweigen, um offizielle, aber sportlich eher zweitklassige Schachmeisterschaften zu finanzieren und damit seine Position im Weltschach zu sichern.

Rücktritt vom Rücktritt?

Kasparow, der als Schachspieler immer auf bedingungslose Offensive mit hohem Risiko gesetzt hat, dürfte darauf hoffen, dass sein Rücktritt jetzt die Schachszene gegen Iljumschinow aufstachelt. Ohne Kasparow fehlt dem Schachsport nämlich sein einziges populäres Zugpferd. Für den wenig telegenen Schachsport wird es ohne den charismatischen Kasparow noch schwerer werden, zahlungskräftige Sponsoren zu finden. Kasparows Marktwert ist hingegen durch den Rücktritt eher noch gestiegen.

Dies wird Kasparow auch auf einem anderen Spielfeld zu Gute kommen, für das sich der Ex-Champion in den letzten Jahren immer mehr interessiert: der russischen Politik. Kasparow ist erklärter Gegner des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin, den er in Interviews als "Diktator" bezeichnet. Durchaus möglich, dass der am Schachbrett stets etwas aufgekratzt wirkende Kasparow seine Popularität nutzt, um der liberalen Opposition bei den nächsten Duma-Wahlen auf die Sprünge zu helfen. Dass er dabei Präsident Putin gefährlich werden könnte, ist aber unwahrscheinlich. Auf politischem Parkett dürfte der Angriffsspieler Kasparow von Judoka Putin elegant ausgekontert werden.

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