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Politik

Friedlich und demokratisch gegen Madrid

28. Oktober 2017

Katalonien hat keine autonome Regierung mehr - die Region wird nun von Madrid aus gelenkt. Der geschasste Regionalpräsident rief zum friedlichen Widerstand gegen Spaniens Zwangsmaßnahmen auf.

Spanien Katalonien Rede Carles Puigdemont
Bild: picture-alliance/AP Photo/Presidency Press Service

Der von der spanischen Zentralregierung abgesetzte katalanische Regierungschef Carles Puigdemont hat die Fortsetzung der Unabhängigkeitsbestrebungen verkündet. In einer TV-Rede rief Puigdemont (Artikelbild) in Barcelona die Bürger der Region zum friedlichen und demokratischen Widerstand gegen die von Madrid beschlossenen Zwangsmaßnahmen und zur "Gründung eines freien Landes" auf. "Unser Wille ist es, weiter zu arbeiten, auch in Kenntnis der aktuellen Schwierigkeiten", so Puigdemont weiter. Was genau er sich unter einem demokratischen Widerstand vorstellte, blieb unklar. In den spanischen Medien wurde die Rede so interpretiert, dass er der Amtsenthebung nicht Folge leisten wolle. Es war das erste Mal seit seiner Absetzung in Folge der katalanischen Unabhängigkeitserklärung am Freitag, dass sich der Politiker äußerte.

Rajoys Frau fürs Grobe: Soraya Sáenz de Santamaria soll die Verantwortung für die Amtsgeschäfte in Katalonien tragenBild: Reuters/S. Vera

Zuvor hatte der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy mit der offiziellen Veröffentlichung im Amtsblatt Puigdemont und die übrigen Mitglieder der nach Unabhängigkeit strebenden Regierung in Barcelona für abgesetzt erklärt. Am Morgen übernahm Rajoy die Amtsgeschäfte in Katalonien. Nach Informationen der Zeitung "El Pais" hat Rajoy seine Stellvertreterin Soraya Sáenz de Santamaria mit der Übernahme der Verantwortung für die täglichen Amtsgeschäfte betraut. Sie hat offiziell den Posten des abgesetzten katalanischen Vizes Oriol Junqueras übernommen. Insgesamt mussten 150 Mitarbeiter der Regierung gehen.

Ferrán Lopez neuer Polizeichef

Kurz nach der Absetzung der beiden Chefs der katalanischen Polizeieinheit Mossos hat die Zentralregierung in Madrid einen ranghohen Polizeikommissar mit deren Führung beauftragt. Zum Nachfolger von Polizeichef Josep Lluís Trapero wurde Ferrán Lopez ernannt, wie das Innenministerium mitteilte. Er war bisher in der Hierarchie der Regionalpolizei die Nummer zwei und mit der Leitung der territorialen Koordinierung beauftragt. Trapero wird die Unterstützung eines Aufstandes vorgeworfen, dafür drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Er ist nun einer der mächtigsten Männer in Katalonien: der neue Polizeichef Ferrán LopezBild: Getty Images/AFP/L. Gene

Die Stelle des Direktors der Mossos d'Esquadra, die zuvor Pere Soler innehatte, soll nach Angaben der Zeitung "La Vanguardia" vakant bleiben. Die Mossos d'Esquadra ist die Polizei von Katalonien. Auch wenn die Wurzeln der "Mossos", wie sie umgangssprachlich genannt werden, bis ins frühe 18. Jahrhundert zurückreichen, wurde die Einheit in ihrer heutigen Form erst im Jahr 1983 gegründet. Sie besteht aus knapp 17.000 Beamten. Diese sind die einzigen Polizisten, die in der "Comunidad Autónoma", der Autonomen Gemeinschaft, in normalen Zeiten auf Patrouille gehen. In Spanien haben sonst nur das Baskenland und Navarra eigene Polizeieinheiten.

Katalanische Polizei ruft Beamte zu Neutralität auf 

Die Polizei Kataloniens rief ihre Beamten auf, sich im Unabhängigkeitsstreit mit Spanien neutral zu verhalten. "Es ist unsere Verantwortung, die Sicherheit aller zu gewährleisten", hieß in einem internen Vermerk der Polizeiführung, den die Nachrichtenagentur Reuters einsehen konnte. 

Ist der revolutionäre Jubel schon verpufft? Straßenszene auf der Flaniermeile Las Ramblas in Barcelona Bild: Reuters/J. Medina

Die spanische Regierung hatte auch Neuwahlen in Katalonien angesetzt, sie sollen am 21. Dezember stattfinden. In der digitalen Form des Amtsblattes wurden erste Details veröffentlicht. Demnach haben die Parteien für den Wahlkampf 15 Tage Zeit, er beginnt damit am 5. Dezember. 

Relative Ruhe in Barcelona

In Kataloniens Hauptstadt blieb die Lage bislang ruhig. Angesichts der emotional angespannten Lage gibt es Unsicherheit darüber, wie sich die in Anhänger und Gegner der Unabhängigkeit gespaltene Regionalpolizei verhalten würde, falls sie den abgesetzten Puigdemont und seine Regierung aus den Regierungsgebäuden vertreiben müsste. Die größte Separatisten-Gruppe in Katalonien (ANC) hatte die Mitarbeiter der Verwaltung in der Region aufgerufen, Anordnungen aus Madrid nicht zu befolgen. Die Bediensteten sollten mit "friedlichem Widerstand" reagieren. Die Gewerkschaft CSC hat für Montag zu einem Streik aufgerufen, der bis zum 9. November dauern soll. Die Regionalregierung hatte daraufhin erklärt, sie werde einen Notdienst aufrecht erhalten.

Mit Verve - und lauter Stimme - für die Einheit Spaniens: Demonstration in der Hauptstadt Madrid Bild: Reuters/S. Vera

Tausende demonstrieren in Madrid für die Einheit Spaniens

Mehrere Tausend Menschen demonstrierten unterdessen in Madrid friedlich für die Einheit Spaniens. In die Fahnen Spaniens gehüllt oder fahnenschwenkend riefen sie "Es lebe Spanien" aber auch "Es lebe Katalonien". Die Kundgebung fand auf der zentralen Plaza Colón statt. Viele hatten erst am Morgen im Radio von der spontan angesetzten Kundgebung gehört. Die Demonstranten ließen auch Ministerpräsident Rajoy hochleben, für den abgesetzten katalanischen Regierungschef gab es dagegen Buhrufe, wenn er in Reden erwähnt wurde. Die Menge skandierte sogar "Puigdemont - Verräter!". Zum Ende der Demonstration tanzten die Menschen auf den Straßen.

sti/jj (dpa, afp, rtr)

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