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Politik

Katar: "Die Stimmung ist sehr gelassen"

Friedel Taube
8. Juni 2017

Seit Montag ist Katar von seinen Nachbarländern abgeschnitten. Wie wirkt sich das auf den Alltag der Menschen im Emirat aus? Die DW hat bei der Deutschen Kathrin Lemke nachgefragt, die in Doha lebt.

Katar nach dem Boykott
Bild: picture-alliance/AP Photo/Doha News

Deutsche Welle: Wie haben die Menschen die Isolation Katars aufgenommen?

Kathrin Lemke: Ich würde nicht von einer kompletten Isolation sprechen. Als wir am Montag die Nachricht bekommen haben, dass die Nachbarstaaten die diplomatischen Beziehungen komplett abgebrochen haben, kam tatsächlich etwas Unruhe auf. Am Nachmittag gingen viele Leute in den Supermarkt, weil sie die Befürchtung hatten, die Versorgung könnte unterbrochen werden. Sie haben vor allem Fleisch und Milchprodukte gekauft, weil diese Waren aus Saudi-Arabien importiert werden.

Ich muss allerdings sagen, dass sich die Situation wieder sehr entspannt hat, es gibt keine Versorgungsknappheit, die Regale in allen Supermärkten sind gefüllt und es ist eigentlich alles "business as usual".

Wie haben Sie die Szenen in den Supermärkten erlebt?

Da ich keine Angst um die Versorgungslage hatte, bin ich selbst nicht einkaufen gegangen. Ich bin nur kurz an dem Supermarkt neben unserem Büro vorbeigegangen. Es war gut gefüllt, aber es war nicht chaotisch oder hektisch.

Woher kommt Ihre optimistische Haltung?

Das ist vor allem das Wissen, dass solche Spannungen in der Region nicht ungewöhnlich sind. Vor zwei Jahren gab es schon mal eine ähnliche Situation, wo auch Botschafter der entsprechenden Länder abgezogen wurden. Die Situation hat sich aber nach ein paar Monaten wieder entspannt. Nichtsdestotrotz ist es im Moment eine andere Qualität der Spannung. Aber wir sind zuversichtlich, dass bald eine diplomatische Lösung gefunden wird.

Wie hat das Ihren Alltag durcheinandergewirbelt?

Meinen persönlichen Alltag in dem Sinne, dass wir als Außenhandelskammer die deutsche Wirtschaft vor Ort vertreten. Wir hatten natürlich viele Anfragen von unseren Mitgliedsunternehmen, die betroffen sind, weil sie viele Waren von und nach Katar vertreiben und nicht klar war, wie sich die Einschränkungen bemerkbar machen werden. Das ist momentan auch das größte Problem.

Der Flughafen von Doha ist die Lebensader des Landes. Wie wirkt sich das Überflugverbot über Länder wie Saudi-Arabien, Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate aus?

Flüge nach Europa oder in die USA operieren im Normalbetrieb. Es kann zu Wartezeiten kommen oder Flugverschiebungen. Weil über den iranischen Luftraum ausgewichen werden muss, kommt es zu längeren Flugzeiten. Alles in allem ist es aber sehr geregelt.

Gibt es in der Bevölkerung Wut? Und wenn ja: Gegen wen richtet sich die?

Nein, die allgemeine Stimmung ist sehr gelassen. Es wird über die Situation diskutiert und es werden auch Überlegungen angestellt, wie sie sich entwickeln könnte. Aber es gibt keine Wut, keinen Ärger. Wer länger hier ist, ist es auch nicht anders gewohnt.

Wie ist die Stimmung bei den Expats? "Gehen" oder "bleiben"?

Momentan gibt es noch überhaupt keinen Grund, darüber nachzudenken, das Land zu verlassen. Ich kenne niemanden, der sich aufgrund der momentanen Situation dazu entschlossen hat, Katar zu verlassen. Die Situation ist ja auch sehr dynamisch, wir kriegen jeden Tag neue Informationen. Die deutsche Expat-Community ist relativ klein. Die ist sehr verbunden, man tauscht sich aus. Die Stimmung ist abwartend gespannt, aber nicht unsicher.

Katar hat ja ambitionierte Pläne für die kommenden Jahre. Haben Sie mit Bekannten seit Montag beispielsweise über die WM 2022 gesprochen?

Die WM ist eigentlich immer ein Thema, weil sie treibender Faktor der Wirtschaft ist. Es wird viel investiert. Rund um die WM gibt es immer wieder Negativpresse, jetzt auch wieder. Aber es besteht hier nach wie vor kein Zweifel daran, dass die WM stattfinden kann.

Kathrin Lemke ist Repräsentantin der Deutschen Außenhandelskammern in Doha, der Hauptstadt Katars. Sie arbeitet seit 2016 in dem Emirat. Dort vertritt sie die deutsche Wirtschaft. Seit sieben Jahren lebt sie in der Region. 

Das Gespräch führte Friedel Taube.

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