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Politik

Katars OPEC-Abschied: ein vielschichtiges Signal

3. Dezember 2018

Katar verlässt die OPEC. Den Ausschlag dafür mögen wirtschaftliche Motive gegeben haben. Doch in der außenpolitischen Situation des Emirats birgt die Entscheidung eine besondere Brisanz.

Erdölraffinerie in Katar
Bild: picture-alliance/J. Effner

Nach 57 Jahren ist Schluss. Katar werde aus der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) aussteigen, verkündete am Montagmorgen der katarische Energieminister Saad al-Kaabi. Das Land habe der OPEC seinen Entschluss mitgeteilt, der Ausstieg werde zum Januar kommenden Jahres gültig. Damit endet Katars Mitgliedschaft, das 1961, ein Jahr nach der Gründung der Organisation, dessen Mitglied wurde.

Katar sei ein sehr kleines Mitgliedsland der OPEC, begründete al-Kaabi den Schritt. "Anstrengungen und Ressourcen in eine Organisation zu stecken, in der wir wenig zu sagen haben, funktioniert für uns nicht", so der Minister. "Es ist darum besser, wenn wir uns auf unser großes Wachstumskapital konzentrieren." Gemeint ist damit der Gasmarkt. 

Der Rückzug aus der OPEC spiegele den Wunsch Qatars, sich auf die Steigerung der Gasproduktion zu konzentrieren, zitierte das Unternehmen Katar Petroleum den Energieminister weiter. Al-Kaabi zufolge will Katar die Gasförderung bis spätestens zum Jahr 2024 von jährlich 77 Millionen Tonnen auf 110 Millionen Tonnen erhöhen. Das Gas stammt vom South-Pars-Feld vor der Küste des Emirats, dem größten Gasfeld der Welt. Katar, der größte Flüssiggasproduzent der Welt, beutet das Feld gemeinsam mit Iran aus. Bereits jetzt stammen ungefähr 30 Prozent des auf dem Weltmarkt vorhandenen Flüssiggases aus Katar.

Zukunftsmarkt Erdgas

Die Konzentration auf diesen Markt dürfte die größte Rolle bei der Entscheidung gespielt haben, vermutet Thomas Richter, Experte für die arabischen Golfstaaten beim Hamburger Think-Tank GIGA. "Katar ist ja jetzt schon der größte Produzent von Flüssiggas weltweit. Da liegt es nahe, in diese Richtung weiter zu investieren", so Richter im Gespräch mit der DW.

Katars Zukunftsmarkt: die Erdgasförderung und FlüssiggasBild: picture-alliance/Construction Photography/T. Motion

Dazu passt, dass Katar im Vergleich zu anderen OPEC-Staaten - etwa Saudi-Arabien - vergleichsweise geringe Mengen Erdöl produziert. Zuletzt waren es rund 600.000 Barrel pro Tag. Saudi-Arabien fördert elf Millionen.

"Angesichts dieser Situation ist das ein fast natürlicher Prozess", sagt Richter. "Die Erdölproduktion ist für Katar nicht mehr so wichtig. Zudem hat sich der Gasmarkt im vergangenen Jahr vom Ölmarkt in Teilen abgekoppelt. Auch darum hat Katar an der Politik der OPEC nur noch geringes Interesse."

Der politische Hintergrund

Wirtschaftliche Motive mögen bei der Entscheidung die wesentliche Rolle gespielt haben. Doch der Entschluss zum Ausstieg fiel auch vor dem Hintergrund der verschlechterten Beziehungen Katars zu einigen seiner Nachbarn, insbesondere zu Saudi-Arabien.

Im Juni 2017 hatte das saudische Königreich zusammen mit Bahrain, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Ägypten einen Wirtschaftsboykott gegen Katar verhängt. Die Regierung in Riad warf der in Doha vor, allzu enge Beziehungen zum saudischen Erzrivalen Iran zu pflegen. Auch pflege Katar eine zu große Nähe zu den Muslimbrüdern. Saudi-Arabien rückt diese in die Nähe terroristischer Organisationen. Zudem solle Katar seinen international höchst erfolgreichen Nachrichtensender Al-Jazeera schließen. Dessen politische Ausrichtung missfällt dem Königshaus al-Saud. Diese wie auch die anderen Forderungen aus Riad lehnte Doha stets ab.

Dass der Ausstieg aus der OPEC zumindest in Teilen auch eine Reaktion auf den Boykott ist, deutete Energieminister al-Kaabi bereits vergangenes Jahr in einem Interview an, das Al-Jazeera just heute noch einmal auf seiner Webseite veröffentlichte. Darin konnte sich al-Kaabi eine spitze Bemerkung in Richtung der von Riad geführten Boykotteure nicht verkneifen. "Ich möchte den vier Ländern für ihre Blockade danken, denn sie hat Katar, seine Bürger und deren Geschäfte stärker gemacht. Wir werden aus dieser Affäre gestärkt hervorgehen", so al-Kaabi. 

Ironisches "Dankeschön" an Nachbarstaaten: der katarische Energieminister Saad al-Kaabi Bild: Getty Images/AFP/A. Levasseur

An einem vertrauensvollen Verhältnis zu den vier Staaten habe man "über Jahre" gearbeitet. "Jetzt ist es über Nacht zerbrochen", sagt al-Kaabi in dem Interview. Das aber könne Katar nichts anhaben: "Diese Länder können uns nicht an internationalen Geschäften hindern. Sie können kleinere Dinge tun, aber ich denke, langfristig werden sie ihnen selbst mehr schaden als uns."

Signal Richtung USA?

So dürfte die Politik bei der jüngsten Entscheidung zwar eine Rolle gespielt haben, vermutet Thomas Richter. Grundsätzlich ändern werde sich die politische Konstellation in der Golfregion allerdings nicht. Zwar pflege Katar jetzt schon gute Beziehungen zum Iran, wie sie sich etwa in der gemeinsamen Bewirtschaftung des Gasfelds dokumentierten. Auch habe das Land gute Beziehungen zur Türkei, die nicht erst seit dem Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul in einem schwierigen Verhältnis zu Saudi-Arabien stehe. "Aber ich würde das nicht als eine Allianz dieser drei Länder bezeichnen - das wäre zu viel." Der Ausgang dieser Annäherung sei völlig offen. Auch, weil sich Katar ein allzu enges politisches Verhältnis zu Iran nicht leisten könne, ohne das gute Verhältnis zu den USA aufs Spiel zu setzen.

Genau in diese Richtung, so Richter, könnte auch der Austritt aus der OPEC gedeutet werden: "Trump hat die OPEC in den vergangenen Wochen für ihre Preispolitik wiederholt kritisiert. Er will, dass die Ölpreise sinken, damit die Benzinpreise in den USA sich nicht weiter erhöhen." Vielleicht sei dies nun als Signal an die USA zu verstehen, dass Katar die bisherige Preisstrategie nicht mehr mitmache. Schon jetzt ist Katar ein enger Verbündeter der USA. Durch die jüngste Entscheidung könnte dieses Verhältnis noch enger werden. Und das wiederum dürfte man in Riad mit einiger Sorge beobachten.

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Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika